München/Finsterau/Grainet. Das Arbeiten mit Holz ist ihm praktisch in die Wiege gelegt worden. Da sein Vater ein gelernter Schreiner ist, ist er mit diesem Handwerk aufgewachsen. „Ich war als Kind oft mit ihm in der Werkstatt und habe ein bisschen geholfen“, erinnert sich Tobias Ludwig. Die Faszination für den Rohstoff Holz hat ihn seitdem nicht mehr losgelassen. Deshalb entschloss er sich auch, nach dem Abitur kein Studium zu beginnen, sondern eine Ausbildung zum Schreiner zu machen. Diese hat er (mit Lehrzeitverkürzung) nach zweieinhalb Jahren abgeschlossen. Und weil sich Tobias Ludwig in seinem Segment weiterbilden wollte, bewarb er sich am Kerschensteiner Schulzentrum für die Meisterschule, die er inzwischen erfolgreich beendet hat.
Der 23-Jährige ist begeistert von den Möglichkeiten, die ihm „sein“ Handwerk bietet. Die Stabilität des Rohstoffs Holz, verbunden mit dessen Formbarkeit, haben es dem Graineter angetan. Während andere es mit Pinsel und Farbe machen, kann Tobias Ludwig seiner künstlerischen Ader in der Werkstatt nachgehen – mit Kreissäge, Hobel und Leim. Freilich gibt es auch „Pflichtaufgaben“ als Schreiner, wie zum Beispiel den Fenster- oder Treppenbau. Der Schreinerberuf lässt ihm aber auch viel Freiraum für persönliche Vorstellungen und Ideen, die er etwa jüngst in seiner Meisterarbeit verwirklicht hat.
„Möchte den Schülern zeigen, was mit dem Material möglich ist“
Der Hobbymusiker hat einen scheinbar schwebenden Schrank namens „guitar-style“ zur Aufbewahrung kleiner Musikutensilien geplant und gebaut. Vom 1. März bis 20. April war er insgesamt 224,5 Arbeitsstunden mit der Umsetzung des Projekts beschäftigt, wobei insbesondere die Formverleimungen nicht ganz ohne waren. „Mir war’s sehr wichtig, auf die Details im Design zu achten“, begründet Tobias Ludwig die weiteren mehr als einhundert Planungsstunden, die sein Werk „verschlungen“ hat. Mit Hilfe seines Münchener Gestaltungslehrers hat er aus einer einfachen Skizze nach und nach eine ausführliche Werkszeichnung ausgearbeitet – und diese später in seiner Heimat, in der Schreinerei von Thomas Binder in Freyung, in die Praxis umgesetzt.
Obwohl Tobias Ludwig froh darüber ist, dieses Projekt abgeschlossen zu haben, hat er seine Leidenschaft für den Rohstoff Holz noch lange nicht verloren. Im Gegenteil: Nach bestandener Gesellenprüfung und abgeschlossener Meisterprüfung geht es für den 23-Jährigen nun als Student des Studiengangs „Bautechnik-Lehramt für Berufliche Schulen“ in München weiter. „Ich möchte den Schülern zeigen, was mit diesem Material alles möglich ist. Diese Begeisterung und dieses Wissen möchte ich weitergeben“, erklärt er seinen Schritt in die Zukunft. „Gleichzeitig möchte ich aber weiter kreativ mit Holz sein.“ Heißt: Neben dem Studium und auch später als Lehrer wird er seinen Vorstellungen nach immer wieder eigene Projekte realisieren, die er auf seiner Facebook-Seite „Tobi – woid made holzdesign“ präsentiert.
„Ich habe Erfahrungen gesammelt, die sehr wichtig waren“
Dass Tobi, im Gegensatz zu vieler seiner Alterskollegen, nach dem Abitur zuerst eine Ausbildung in Angriff genommen hat, sieht der Graineter als bedeutenden Schritt in seinem Leben. „Ich habe Erfahrungen gesammelt, die sehr wichtig waren. Ich habe gelernt, genau und sorgfältig, gewissenhaft und zuverlässig zu arbeiten, was, egal in welchem Beruf man später tätig ist, vorausgesetzt wird.“ Da die Zahl der Auszubildenden auch im Schreinerhandwerk sinkt, will sich Tobias Ludwig zusammen mit der Berufsschule Waldkirchen dafür einsetzen, die Perspektiven und Chancen des Schreinerhandwerks aufzuzeigen. In diesem Sinne führt er seine Werke im Rahmen der Gesellenstückausstellung am 9. Juli bei Wimmer Wohnkollektion vor – und beantwortet dabei Fragen rund ums Schreiner-Handwerk. „Ich möchte Werbung für meinen tollen Beruf machen.“
Helmut Weigerstorfer