Jandelsbrunn. Gut zwei Jahre führt er nun als technischer Geschäftsführer das Ruder bei Knaus Tabbert. Doch Werner Vaterls Liaison mit dem Traditions-Unternehmen aus dem Bayerischen Wald hat eine bei weitem längere Geschichte: Fast 25 Jahre gehört er dem Betrieb mittlerweile an, hat alle Höhen und Tiefen des Jandelsbrunner Wohnwagen- und Reisemobilherstellers mitgemacht und erlebt. Der 51-jährige Hinterschmidinger ist somit „Knausianer“ durch und durch, kennt die Firma wie seine Westentasche.
Im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n verrät der diplomierte Betriebswirtschaftler, weshalb Knaus Tabbert in der Vergangenheit mit auswärtigen Geschäftsführern nur wenig Glück hatte, warum das Unternehmen nach der überstandenen Insolvenz heute besser denn je dasteht – und was sich der Camper von heute von seinem Urlaub im Reisemobil erwartet.
Externe Geschäftsführer sehen Firma oft als Karriere-Sprungbrett
Herr Vaterl: Wie sind Sie zu Knaus Tabbert gekommen? Wie lange sind Sie mittlerweile im Betrieb?
Ich bin im Oktober 1992 als Assistent der Vertriebsgeschäftsführung ins Unternehmen gekommen, das damals noch ‚Knaus‘ hieß. Nach meinem Betriebswirtschaftsstudium in Passau wollte ich unbedingt in der Region bleiben.
Ich habe seit dieser Zeit den Betrieb gründlich kennengelernt und bin durch viele Abteilungen gegangen. Heute bin ich sehr froh darüber, alles von der ersten Schraube an gesehen beziehungsweise kennengelernt zu haben.
Ist es bei Knaus Tabbert üblich, dass der Geschäftsführer aus den eigenen Reihen kommt?
Nein, ist es nicht. Zuvor sind über all die Jahre hinweg Knaus-Tabbert-Geschäftsführer tätig gewesen, die nicht aus der Region stammen – und mehr oder weniger erfolgreich waren. Häufig ist das Problem bei externen Geschäftsführern, dass diese ganz andere, nicht gerade langfristige Ziele verfolgen – und eine Firma wie Knaus Tabbert schlichtweg nur als weiteres Karriere-Sprungbrett betrachten. Nach dem Motto: ‚Ich bin sowieso nur eine befristete Zeit im Unternehmen, also maximiere ich kurzfristig den Gewinn, das macht sich sicher gut in meinem Lebenslauf.‘ Ein Geschäftsführer, der aus den eigenen Reihen stammt und darüber hinaus mit der Region verbunden ist, verfolgt andere, auf das Wohl des Unternehmens und der Belegschaft ausgerichtete Ziele.
Es gab also eher schlechte Erfahrungen in der Vergangenheit mit externen Chefs?
Es ist nicht prinzipiell schlecht, wenn externe Geschäftsführer die Firma leiten. Es ist jedoch suboptimal, wenn sie dies immer nur über kurze Phasen hinweg tun. Einer der ersten Geschäftsführer, Alois Nusser, war viele Jahre im Betrieb und sehr erfolgreich. Geändert hat sich rückblickend leider vieles, vor allem als Knaus Tabbert 2008 zur AG mit entsprechendem Vorstand umgewandelt wurde. Ab diesem Zeitpunkt herrschte sehr viel Unruhe im Unternehmen, aufgrund der fehlenden Konstanz.
„Zu viel Geld ist für nichts und wieder nichts vergeudet worden“
Die Insolvenz von Knaus Tabbert liegt ja nun schon wieder einige Jahre zurück. Der Betrieb steht nun besser da denn je, ist gesundet. Woran liegt’s? Was ist seitdem passiert?
Was das Unternehmen all die Jahre über immer hatte, war eine hervorragende Substanz in der Belegschaft. Menschen, die sich für die Firma aufgerieben und alles gegeben haben. Trotz mehrerer Krisen gab es keine Kündigungswellen – im Gegenteil: Jeder hat über Monate, wenn nicht sogar Jahre, hinweg auf gewisse Zahlungen verzichtet. Der Knaus-Tabbert-Mitarbeiter musste vieles schlucken, ist dem Betrieb aber stets treu geblieben.
Hinzu kommt: In der Vergangenheit wurde sehr viel Geld für Projekte ausgegeben, die nur wenig bis gar kein Geld in die Kassen spülten. Es handelte sich hierbei vor allem um Prestige-Objekte: zum Beispiel spezielle Fahrzeug-Entwicklungen, wie etwa Reisemobile mit 22-Zoll-Rädern, die vielleicht als einmaliger Hingucker auf einer Messe dienen, aber überhaupt nicht für die Serienproduktion geeignet sind. Es wurde auch in Mitarbeiter-Motivationstrainings durch externe Firmen investiert, die mehrere hunderttausend Euro gekostet haben – und letztlich ihre Wirkung bei den Mitarbeitern aus unterschiedlichen Gründen komplett verfehlt haben. Da ist einfach viel zu viel Geld für nichts und wieder nichts vergeudet worden.
Man hat aber aus der Vergangenheit gelernt – und agiert heute nach dem Motto: ‚Schuster bleib bei deinen Leisten. Mach das, was du am besten kannst – und mach es mit Hirn und Verstand.‘ Wir haben uns zurückbesonnen auf unsere Stärken, also Produkte, bei denen die Nachfrage hoch ist – und mit denen wir Geld verdienen können. Es gibt keine Spinnereien und keine exklusiven Sachen mehr. Unsere neuen Produktentwicklungen treffen vielmehr den Zeitgeist, sind in Qualität und Design gängig und im Preis erschwinglich.
Ein weiterer Punkt, warum es heute gut läuft: In der Vergangenheit war ein Unternehmen wie Knaus Tabbert immer sehr personenbezogen. Heute haben wir die Situation, dass die Führungsriege und die Belegschaft als Team agieren – nicht nur am Standort in Jandelsbrunn, sondern gesamtbetrieblich gesehen, über alle drei Standorte hinweg und mit allen Lieferanten und Händlern gemeinsam. Gerade Letztere stehen mehr denn je zu den vier Konzernmarken Knaus, Tabbert, Weinsberg und T@B. Sie schätzen den vernünftigen und fairen Umgang miteinander. Früher hat man eher das Signal ausgesandt: ‚Wir brauchen den Handel nicht, wir machen eigene Verkaufsniederlassungen.‘ Heute ist es genau andersherum: Wir wollen gemeinsam mit dem Handel unsere Kunden bedienen. Das ist jetzt eine ganz andere partnerschaftliche Zusammenarbeit als in der Vergangenheit. Das gleiche gilt für unser Verhältnis mit den zahlreichen Lieferanten.
„Wenn’s der Firma gut geht, soll die Belegschaft profitieren“
Die Mitarbeiter werden jetzt wieder nach Tarif bezahlt. Wie ist es dazu gekommen?
In der Krise 2002 mussten die Mitarbeiter bereits auf Geld verzichten. Damals gab es einen Vertrag mit Betriebsrat und den Gewerkschaften, der besagte: Wenn es der Firma wieder besser geht, gibt es das Geld zurück. Diese Situation ist jedoch nie eingetreten. 2008, während der Insolvenzzeit, gab es ohnehin kein Geld. Nach der Übernahme durch den neuen Investor musste sich die Belegschaft ebenfalls an der Gesundung des Betriebs beteiligen – und erneut auf gewisse Zahlungen verzichten. Auch hier hieß es wieder: Wenn es der Firma wieder besser geht, haben wir einen Plan, der die Mitarbeiter wieder auf Tarif bringen soll. Diesen Plan hatten wir 2013/14 dann endlich erfüllt – und sind heute wieder vollflächig auf Tarif.
Dies ist die einzige vernünftige Basis, damit man unseren Leitspruch ‚Die Mitarbeiter sind unser wichtigstes Gut‘ glaubhaft vermitteln und umsetzen kann. Es funktioniert nur in einem partnerschaftlichen Umgang miteinander. Um diesen weiter zu forcieren, haben wir im Monat April 2016 nochmals eine gesonderte Prämie an die Mitarbeiter ausgezahlt, da das Geschäftsjahr 2015 hervorragend gelaufen ist. Wir sind der Meinung, wenn es der Firma gut geht, soll die Belegschaft auch davon profitieren.
Das Reisemobil-Geschäft ist ein sehr hart umkämpfter Markt. Wie kann man sich dabei langfristig durchsetzen? Wie will sich Knaus Tabbert zukünftig aufstellen?
Der Wohnwagenmarkt hatte sich die letzten Jahre äußerst rückläufig entwickelt. 2013/14 endete dieser Abwärtstrend. Und letztes Jahr gab es dann erstmals wieder einen allgemeinen Anstieg um zirka zehn Prozent im Wohnwagenbereich. Knaus Tabbert konnte 2015 sogar um 16 Prozent zulegen – und positionierte sich somit weit über dem durchschnittlichen Marktwachstum. Dafür verantwortlich zeichnen meiner Meinung nach ansprechend designte sowie bezahlbare Produkte auf qualitativ hohem Niveau. Diese Kombination war und ist ausschlaggebend für unser starkes Wachstum.
Im Reisemobil-Segment ist 2012 erstmals eine höhere Stückzahl verkauft worden als bei den Wohnwagen. Damals waren es jährlich etwa 140.000 Fahrzeuge. Der Reisemobilmarkt wächst mittlerweile etwas stärker als die Wohnwagen. Wir arbeiten derzeit massiv daran, unseren Mitbewerbern bei den Reisemobilen Marktanteile abzunehmen. Seit 2012 sind wir deutschlandweit die unangefochtene Nummer eins bei den Reisemobil-Neuzulassungen.
„Stärke von Knaus Tabbert: Wir sind auf allen Gebieten vertreten“
Knaus Tabbert ist darüber hinaus der einzige Hersteller, der alle drei Fahrzeug-Segmente bedient, sprich: Wir produzieren Wohnwagen, Reisemobile und Kastenwagen. Letztere sind ähnlich einem VW-Bus mit Toilette, Bett und Küche ausgerüstet, jedoch insgesamt etwas größer. Auf dem Kastenwagenmarkt, der sehr stark wächst, sind wir derzeit die Nummer zwei – in Deutschland und Europa. Vor allem junge Leute interessieren sich zunehmend für dieses flexible Alltags- und Urlaubsfahrzeug. Mit dem Kastenwagen kann ich sowohl zur Arbeit fahren, als auch am Wochenende zum Festival oder zum Bergwandern.
Insofern ist es eine Stärke von Knaus Tabbert, dass wir auf allen Gebieten vertreten sind – und das in der Regel auf dem ersten bzw. zweiten Platz innerhalb des jeweiligen Marktsegments.
Wie wichtig ist das Knaus-Tabbert-Werk in Ungarn für das Gesamtunternehmen?
Dabei müssen wir einen Blick auf unser Produktportfolio werfen, das vom Einsteiger- bis zum High-End-Modell reicht. Unserer Einsteiger-Baureihe gehört etwa der Weinsberg-Wohnwagen an – ein Fahrzeug, das mit 12.000 bis 14.000 Euro Verkaufspreis sehr preissensibel ist. Wir müssen bei jedem Produkt dieser Baureihe darauf achten, möglichst kostengünstig zu produzieren, nachdem wir beim Material ja keine Abstriche machen können. Kunden sind zu recht sehr anspruchsvoll, auch im Einsteiger-Segment. Deshalb nutzen wir bei diesen Fahrzeugen den Lohnkosten-Vorteil unseres Werks in Ungarn – wie es im Übrigen auch die großen und renommierten deutschen PKW-Hersteller machen.
Knaus Tabbert kann das gesamte Sortiment an Wohnwagen und Reisemobilen anbieten. Einer jungen Familie, die anfangs nicht so viel Geld ausgeben möchte, können wir einen Weinsberg-Wohnwagen mit einem top Preis-Leistungsverhältnis zur Verfügung stellen. Wenn sie sich später weiterentwickeln möchte, weil die Kinder bereits außer Haus sind, folgt zum Beispiel ein Knaus- oder Tabbert-Wohnwagen. Was ich sagen möchte: Innerhalb des Hauses Knaus Tabbert haben unsere Kunden die Möglichkeit, in punkto Ausstattung und Komfort nach oben hin zu wachsen.
„Caravaning-Urlaub: Lebensphilosophie für Naturverbundene“
Ist der Camping-Urlaub preislich gesehen immer noch der „Urlaub für jedermann“?
Camping ist definitiv keine billige Urlaubsform mehr. Um einen Wohnwagen zu ziehen, benötigt man ein entsprechendes Zugfahrzeug mit starker Motorisierung und entsprechendem Spritverbrauch. Ein VW Polo scheidet hier also schon einmal aus. Dann muss man natürlich in einen Wohnwagen investieren. Hinzu kommen die Stellplatzgebühren in Höhe von 30 bis 60 Euro pro Tag sowie die komplette Selbstversorgung mit Essen und Trinken. Später kommt das Vorzelt dazu, die Gartengarnitur etc. Es ist definitiv eine andere Art von Urlaub, die man preislich nicht mit einem All-inclusive-Aufenthalt auf Mallorca vergleichen kann. Caravaning-Urlaub ist eine Art Lebensphilosophie für naturverbundene, mobile und freiheitsliebende Menschen, die die Welt in ihren eigenen vier Wänden erkunden und trotzdem auf keinen Komfort verzichten wollen.
Sind Sie auch Camper?
Natürlich bin ich jobbedingt regelmäßig mit einem Wohnwagen, Kastenwagen oder Reisemobil unterwegs. Gecampt habe ich viel mit meiner Familie, als die Kinder noch klein waren. Denn es gibt keinen erholsameren Urlaub, vor allem mit kleinen Kindern. Nach dem Frühstück sind sie meistens schon auf dem Campingplatz unterwegs, spielen mit den anderen – da bleibt dann auch genügend Zeit für die Eltern übrig. Zuletzt waren meine Frau und ich auf Sylt und in Zell am See mit dem Sun-i-Modell von Knaus, unserem neuen Reisemobil-Flaggschiff. Das ist Entspannung pur – nicht nur der Aufenthalt, sondern auch die Hin- und Rückfahrt.
Flugreisen sind viel starrer, viel organisierter, einfach stressiger – mit einem Reisemobil bin ich ungezwungener und flexibler in der Wahl meiner Reise und meines Zielorts. Und der Abenteuerfaktor kommt dabei auch nicht zu kurz. Eine Urlaubsform ohne Zeitdruck, ohne Stress – deshalb denke ich, dass diese Art von Urlaub auch immer besser bei den Leuten ankommt, deren Alltag ohnehin sehr von Zeitdruck und Stress geprägt ist.
Vielen Dank für das angenehmen Gespräch – und weiterhin alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer und Helmut Weigerstorfer