Osterhofen. Nein – er selbst hat bis jetzt noch keine „Schicksalshoibe“ getrunken. Seine Biererlebnisse beschränken sich weitestgehend auf seine Jugendzeit, wie Autor und Journalist Martin Maier verrät. Eine Zeit, in der der Osterhofener – wie viele seiner Altersgenossen – ab und zu mal einen über den Durst gekippt hat. Und dennoch hat der Stoff, den ein Großteil der bayerischen Bevölkerung süffisanterweise zu den Grundnahrungsmitteln zählt, schon jetzt sein Schicksal beeinflusst. Denn der 28-Jährige veröffentlichte nun sein schriftstellerisches Erstlingswerk, das davon erzählt, wie Bier das Leben von Menschen sowohl negativ als auch positiv verändert hat. „Schicksalshoibe“ – hochprozentiger Lesestoff made in Niederbayern.
„Jeder kennt jemanden – in seiner Familie oder seinem Bekanntenkreis -, dessen Schicksal etwas mit Bier zu tun hat“, ist Martin Maier überzeugt. Leute etwa, denen nach übermäßigem Alkoholgenuss der Führerschein entzogen worden ist. Oder die im Bier-Rausch irgendetwas angestellt haben. Oder sich kennen- und lieben gelernt haben und bis heute ein Paar sind. „Bier schreibt bemerkenswerte Geschichten. Bier ist etwas Allgegenwärtiges, etwas Alltägliches. Deshalb hat mich das Thema auch so gereizt.“ Die Idee zum Buch hatte eigentlich ein Kollege. „Als er sie aussprach, hätte ich ihn am liebsten umarmt“, erinnert sich Maier. „Mir schwebte schon länger vor, als Lokalreporter, der immer wieder mal über Aldersbach berichtet, ein Buch zu schreiben, das zur dortigen Bier-Landesausstellung passt – und das, genau wie das Großereignis, einzigartig ist.“
„Ich bin oft ohne Erfolg wieder heimgefahren“
Dabei herausgekommen ist eine kleine Sammlung bestehnd aus fünfzehn feinsinnigen Portraits sowie fünf nicht weniger tiefgehenden Interviews. Die Recherche nach schicksalträchtigen Personen gestaltete sich dabei anfangs alles andere als einfach, wie Maier eingesteht.
„Ich bin zu Treffen von Alkohol-Selbsthilfegruppen gegangen, habe mich und mein Projekt vorgestellt und gehofft, jemanden zu finden, der mir seine Geschichte erzählt“, erinnert er sich. Doch die Resonanz war nicht gerade hoch. Die Skepsis auf Seiten der Alkoholiker dafür umso höher. „Ich bin oft ohne Erfolg wieder heimgefahren, was teils sehr frustrierend war.“ Wie der gelernte Journalist weiß, bedarf es sehr viel Geduld und Zeit, um eine Verbindung, ein Vertrauensverhältnis zu seinem Gegenüber, aufzubauen. Gerade, wenn es um sensible Themen wie Alkoholmissbrauch geht.
„Die Herausforderung war groß. Ich musste versuchen, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Die Kernfrage für mich als Reporter lautete dabei stets: Wie geht man mit ihnen überhaupt um?“ Etwa dann, wenn man einem Menschen gegenübertritt, von dem man wisse, dass er im Rausch jemanden umgebracht hat. Für Maier das definitiv schwierigste Kapitel in seinem Buch. „Das Zusammentreffen mit diesem Mann hat sehr viel Überwindungskraft erfordert“, schildert der Autor die Situation im Rückblick. Doch am Ende nahm er die Hürde – und schrieb auch jene schicksalshafte Geschichte nieder. „Eine intensive und einmalige Erfahrung.“
„Dass Bier unser Leben stark beeinflusst, ist nichts Fernes“
Besonders spannend an der Recherchearbeit empfand Martin Maier das Gegensätzliche an den Charakteren, auf die er traf. „Vormittags besuchst Du eine hochrangige Persönlichkeit aus der Bier-Branche – nachmittags eine gescheiterte Existenz.“ Und gerade bei diesem Beispiel ist ihm trotz aller Unterschiedlichkeit aufgefallen: „Die beiden sind sich ähnlicher, als man glaubt. Das Schicksal des Gescheiterten wäre vermeidbar gewesen, hätte es nicht sozusagen das Bier gesteuert.“ Maier ist deshalb überzeugt: „Der Einfluss des Bieres auf unser Leben ist gewaltig“ – sowohl im negativen als auch im positiven Sinn. Bier hat seiner Meinung nach immer zwei Seiten, betont der 28-Jährige, der mit seinem Buch nicht als der große „Biermahner“ wahrgenommen werden, sondern trotz aller Bier-und-Feier-Laune auch zum Nachdenken anregen möchte.
„Greif nur hinein ins volle Menschenleben – Ein jeder lebt’s, nicht vielen ist’s bekannt, und wo Ihr’s packt, da ist’s interessant.“ (Goethe)
Nach sehr vielen Besuchen in Wirtshäusern, von Volksfesten, Treffen von (Ex-)Alkoholabhängigen, nach Zeitungs- und Internetaufrufen, Gesprächen mit Kollegen, Freunden und Bekannten sowie einer ordentlichen Portion Glück hatte Martin Maier nach einem halben Jahr intensiver Arbeit seine 20 Schicksals-Porträts schließlich beisammen. „Zuletzt sind die Leute sogar schon auf mich direkt zugekommen – jeder wollte ein Kapitel in meinem Buch“, zeigt sich Maier begeistert.
Erschienen ist die „Schicksalshoibe“ beim Deggendorfer Ebner-Verlag. Als Verlagsleiter Heinz Ebner die ersten Geschichten las, sei ihm sogleich klar gewesen, das Vorhaben des Osterhofeners unterstützen zu wollen. Gemeinsam möchten sie nun den Markt der Bier-Bücher aufmischen: „Viele Bier-Bücher lesen sich wie Werbebroschüren von Brauereien“, urteilt Maier. Dies werde dem Thema seiner Meinung nach jedoch nicht gerecht. In seinem Buch kommen ausschließlich Menschen vor mit Bezug zu den Landkreisen Passau, Deggendorf oder Dingolfing-Landau. Der Grund: „Nur so wird klar: Dass Bier unser Leben stark beeinflusst, ist nichts Fernes. Sondern etwas Nahes und Allgegenwärtiges.“
Stephan Hörhammer
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„Schicksalshoibe – Wie Bier Leben veränderte“ ist in vielen Buchhandlungen in Niederbayern (z.B. in den Pustet-Buchhandlungen in Passau und Deggendorf) erhältlich. Das Buch kann außerdem beim Autor selbst unter 0171/7103210 oder im Online-Shop des Ebner-Verlags unter www.verlag-ebner.de bestellt werden. Es kostet 8,90 Euro. ISBN-Nummer: 978-3-934726-75-8.