Freyung. Kaum eine Lebens- und Ernährungseinstellung ist so auf dem Vormarsch wie der Veganismus, also die Vermeidung von Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs bzw. der Nutzung von Tieren und tierischen Produkten insgesamt. Jene „Hardcore-Form“ des Vegetarismus wurde laut Nationaler Verzehrsstudie II im Jahre 2008 von 0,1Prozent der Bevölkerung – also ca. 80.000 Menschen – praktiziert. Der Vegetarierbund Deutschlands (VEBU) schätzte im Januar 2015 die Zahl der in Deutschland lebenden Veganer auf etwa 900.000, was einer Verelffachung binnen sieben Jahren entspricht.
In folgender, völlig fiktiver und frei erfundener Restaurant-Situation haben wir einen Veganer und einen Fleischliebhaber über ihre jeweiligen Ernährungsphilosophien diskutieren bzw. streiten lassen. Der Veganger bestellt sich ein Tofu-Gericht, sein Gegenüber, der „Fleischfresser“, das ihm allzeit geliebte Steak, in das er gerade genüsslich hineinbeißt. Wir hören mal rein, was die beiden zu sagen haben.
„Geht Dir das nicht an die Substanz, wenn Du sowas mitkriegst?“
Veganer: Ja hör mal! Interessiert Dich das Leid der armen Tiere denn überhaupt nicht? Weißt Du denn nicht, was Du da den armen Viechern antust? Fleischessen ist Mord! Mehr kann ich zu Deinem verantwortungslosen Verhalten nicht sagen!
Fleischfresser: Ist das Dein Ernst? Der Mensch isst doch seit jeher alle möglichen Tiere. Kann doch nicht sein, dass da jetzt eine Handvoll Öko-Futzis, wie Du einer bist, daherkommt und auf einen Schlag die komplette Nahrungskette auf den Kopf stellen will. Dass alle Menschen vegan leben ist ein Ding der Unmöglichkeit, das ist sicher. So viel Tofu und Soja kann man ja in hundert Jahren nicht produzieren, dass am Ende alle satt werden.
Veganer: Die Umstellung wäre logischerweise ein längerer Prozess. So was geht natürlich nicht in ein paar Wochen. Aber es muss endlich ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Tiere genauso Gefühle haben wie Menschen – und ihr Leben nicht weniger wert ist. Und außerdem, kriegst Du das ja auch nicht mit, wie Tiere in Schlachtbetrieben unter miserablen Bedingungen ihr Leben lassen, teilweise sogar gefoltert und misshandelt werden. Geht Dir das nicht an die Substanz, wenn Du sowas mitkriegst?
Fleischfresser: Im Großen und Ganzen kann man da nur von Einzelfällen sprechen – das ist sicherlich kein Normalzustand. Bei all den Regulierungen und Standards, die wir mittlerweile haben. Du kannst mir glauben, dass ich Tiere wirklich gern hab – und ihnen nix Schlechtes wünsche. Aber dass ihr Leben nicht weniger wert sei wie das eines Menschen, kann ich persönlich nur als Schwachsinn abstempeln. Überleg doch mal: Hast Du noch nie eine Fliege erschlagen? Oder eine Mücke? Vermutlich ja… Was mich zudem schon lange interessiert: Musst Du eigentlich irgendwelche Nahrungsergänzungsmittel schlucken, weil das Soja-Futter nicht annähernd alle wichtigen Nährstoffe enthält?
Veganer: Natürlich hab ich schon mal eine Fliege erschlagen – aber das ist doch ganz was Anderes. Oder isst Du Fliegen zu Mittag? Zu Deiner Frage: Ich nehm zusätzlich nur Vitamin B12 zu mir – ansonsten kann man sich meiner Meinung nach ausreichend mit allen nötigen Nährstoffen versorgen, sofern man denn über das entsprechende Ernährungswissen verfügt. Die nicht-vegane Ernährung bringt viele negative Folgen für die Umwelt mit sich – und benötigt definitiv mehr Ressourcen als die vegane: Wasser, Land, Luft, Energie und Naturflächen.
„Ihr militanten Missionare bringt doch nur Quatsch unters Volk!“
Fleischfresser: Aha, da ziehst Du also die Grenze, sehr interessant. Denkst Du, die ganzen pubertierenden Mädels, die jeden neusten Schrei mitmachen, verfügen nur annähernd über ‚entsprechendes Ernährungswissen“? Ihr militanten Missionare für vegane Ernährung bringt doch nur Quatsch unters Volk! Niemals würd ich mir das Recht herausnehmen, jemanden verbal oder anderweitig anzugreifen, nur weil er nicht das macht, was ich für richtig halte. Jeder Veganer kann seiner veganen Neigung nachgehen, wie und wann und wo er will. Mich stört das nicht. Aber zwanghaft zu versuchen, in Kreuzritter-Manier die ganze Welt zu bekehren, das geht eindeutig zu weit.
Veganer: Wer Veganer werden will, sollte sich davor eben ein wenig informieren – das sollte doch nicht zu viel verlangt sein. Bei einer solchen Recherche würde man dann auch auf andere Fakten stoßen, wie zum Beispiel, dass Tierhaltung für 18 Prozent der von menschen verursachten Treibhausgasproduktion verantwortlich ist. Oder dass extensive Tierhaltung an etwa zwölf Prozent der weltweiten Entwaldung Schuld trägt. Wenn jetzt jemand kommt und dagegen ankämpft, kann man das demjenigen doch dann nicht vorwerfen, meinst Du nicht?
Fleischfresser: Ich bin überzeugt, dass ein großer Teil an Veganern es eben nicht schafft, sich mit allen Nährstoffen zu versorgen. Außerdem kann jeder mit irgendwelchen Zahlen um sich werfen, damit kannst Du mich sicher nicht beeindrucken bzw. umstimmen. Dafür, dass ich nicht versuche, die Fleischeslust in Euch Veganern zu wecken, erwarte ich mir im Gegenzug, mit meiner Ernähnungsweise ebenso in Ruhe gelassen zu werden. Genau das gleiche machen viele Veganer leider auch mit ihren Kindern – teilweise sogar noch Kleinkindern – und ich hoffe, wir müssen nicht auch noch darüber streiten, ob es für unsere Kleinen schädlich ist, denn das sollte wohl hinreichend geklärt sein.
„Das hat alles keinen Sinn mehr, ich seh’s schon“
Veganer: Du bist das beste Beispiel für einen sturen, alteingesessenen Carnivoristen ausm Woid. Das hat alles keinen Sinn mehr, ich seh’s schon. Aber so kann ich das nicht stehen lassen. Selbst wenn ich meine Kinder nicht vergan erziehen würde, ist dies, soweit ich weiß, bereits möglich. Lass es Dir einfach nochmal durch den Kopf bzw. durch den Magen gehen.
Fleischfresser: Dass das alles keinen Sinn hat, ist des erste Sinnvolle, das ich heute von Dir gehört hab. Ich wünsche Dir trotzdem noch viel Erfolg und Gesundheit für dein weiteres Leben. Ach ja: Und guten Hunger natürlich!
Das Zwiegespräch führte: Alexander Wölfl
Wie ist Eure Meinung zum Thema? Können Veganer und Fleischliebhaber tatsächlich nicht miteinander? Gelten die Grenzen des jeweiligen Geschmacks als unüberwindbar? Ist nur das eine „richtig“, wenn das andere völlig „falsch“ ist? Wir sind gespannt und freuen uns auf Eure Meinungen in unserer Kommentarleiste.
Eine Freundin von mir ernährt sich auch vegan und hat noch nie versucht, mir ihre Ernährungsweise „schmackhaft“ zu machen. Es gibt in der Hinsicht gar keinen Unterschied zwischen uns. Auf beiden Seiten wird die Ernährungsweise so hingenommen, wie wenn es nie anders gewesen wäre. Die Fleischesser sollen die vegane Ernährung akzeptieren und umgekehrt. Wenn man selbst davon überzeugt ist, ist es doch gut und andere müssen es selbst entscheiden – ohne Einfluss.
Das ist aber ein sehr fiktives Gespräch. In der Realität wird der Fleischesser das Gespräch anfangen und die Ernährungsweise des Veganers Kritisieren. Meiner Erfahrung nach hofft man als Veganer beim Essen immer, dass die Fleischesser nicht bewusst wahrnehmen das man vegan lebt und einem in Ruhe lassen.
Angesichts der Tatsache, dass die Nutztiere nicht immer artgerecht gehalten werden und die Tiere teilweise leiden müssen ziehe ich es in Betracht mich in Zukunft vegetarisch zu ernähren. Einige meiner Freunde machen dies bereits seit einiger Zeit. Allerding hat bisher noch keiner versucht mich davon zu überzeugen dasselbe zu machen. Ein Freund von mir ist Veganer aber der lebt nach dem Motto: leben und leben lassen. Also keinerlei Versuche mich zum Veganer zu machen :-) Allerdings kann ich mir vorstellen, dass unter Männern die Toleranz gegenüber Veganern oder Vegetariern nicht so hoch ist…. Gilt doch eher als „unmännlich“ kein Fleisch zu essen…
:D Könnte so im Wirtshaus stattgefunden haben.
So wie sich Antialkoholiker viel zu oft dafür rechtfertigen müssen, nichts zu trinken, ist auch das Thema Veganismus heikel. Hierbei kommt es mir aber schon so vor, als hätten Veganer bessere Argumente (als gegen Bier) und legen diese auch gerne mal aufn Tisch. Freundeskreis und Verwandschaft zeigen: Ist der männliche Part Veganer, dauert es mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit maximal n Jahr, bis die Partnerin nachzieht!
Angesichts der Tatsache, dass die Nutztiere nicht immer artgerecht gehalten werden und die Tiere teilweise leiden müssen ziehe ich es in Betracht mich in Zukunft vegetarisch zu ernähren. Einige meiner Freunde machen dies bereits seit einiger Zeit. Allerding hat bisher noch keiner versucht mich davon zu überzeugen dasselbe zu machen. Ein Freund von mir ist Veganer aber der lebt nach dem Motto: leben und leben lassen. Also keinerlei Versuche mich zum Veganer zu machen :-) Allerdings kann ich mir vorstellen, dass unter Männern die Toleranz gegenüber Veganern oder Vegetariern nicht so hoch ist…. Gilt doch eher als „unmännlich“ kein Fleisch zu essen…
Ich persönlich glaube nicht, dass Veganer gesünder leben! Meiner Ansicht nach hat die Evolution den Menschen auch nicht für eine vegane Lebensweise konstruiert.
Nichtsdestotrotz sollten sich alle „Nicht-Veganer“ beim Verzehr und/oder dem sonstigen Gebrauch tierischer Produkte endlich wieder der Tatsache bewusst werden, dass aufgrund ihres Konsumverhaltens ein Lebewesen sterben musste.
Mit etwas mehr Nachhaltigkeit im Konsumverhalten könnten nahezu alle Missstände in der Massentierhaltung in absehbarer Zeit werden.