Arnbruck. „Wer als Jugendlicher in meiner Nachbarschaft wie Walter Strohmeier jun. einen Hotelier geprügelt und mit Springerstiefeln getreten, einen alten Rentner grundlos fast zu Tode geprügelt und in meinem Elternhaus mit seinen Freunden versucht hat, mich zu verprügeln und die Haustür einzuschlagen, weil ich als Juso an Anti-Nazi-Demos teilgenommen habe, der sollte hier sehr vorsichtig sein, wenn er eine härtere Gangart des Staates gegenüber ausländischen Straftätern fordert. Gäbe es diese nämlich, hätte er nach seinem Gefängnisaufenthalt nach einschlägigen Straftaten die Anstalt nicht bereits verlassen, sondern säße dort bis zum Ende seines Lebens“, kommentiert Michael Adam nach der Anti-Nazi-Demo am vergangenen Wochenende in Arnbruck (Landreis Regen).
Der Regener Landrat mischte sich als Privatmann – wie viele weitere lokale Politiker – unter die rund 500 Menschen, die am Samstag gegen etwa 40 Anhänger der neonazistischen Kleinpartei „Der Dritte Weg“ demonstrierten. Anlass für den Aufmarsch der Neo-Nazis unter der Führung von Walter Strohmeier („Asylflut stoppen – auch im Zellertal“) war die erst kürzlich zuvor stattgefundene Unterbringung von rund 30 Asylbewerbern in einer Unterkunft in der Arnbrucker Ortsmitte.
40 Demonstrationsteilnehmer versus 500 Gegendemonstranten
Dass die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Regen rechten Gruppierungen keine Plattform bieten wollen, wurde dabei mehr als deutlich. Rund 500 Gegendemonstranten, darunter auch zahlreiche Auswärtige sowie Vertreter der regionalen Politikerriege, waren laut Angaben der Polizei gekommen, um den Asyl-Kritikern und Mitgliedern der rechten Szene unter dem Motto „Unsere Heimat ist bunt und nicht braun“ Parolie zu bieten. Dabei war nicht zu übersehen, dass sich die rechte Szene mit etwa 40 Teilnehmern klar in der Minderheit befand. Mit Transparenten wie „Dem Miteinander eine Chance geben“ oder „Nazis verpisst euch – keiner vermisst euch“ zeigten die Teilnehmer den Rechtsradikalen die rote Karte.
Sie alle waren dem Aufruf von Rita Röhrl, Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Regen, Bezirksrätin und Bürgermeisterin von Teisnach, gefolgt, die kurz nach Bekanntwerden des geplanten Nazi-Aufmarsches alles Notwendige für eine Gegendemonstration in die Wege geleitet hatte. „Wenn mir jemand sagt, die Asylbewerber würden unsere Kultur verändern, dann frage ich mich, auf welcher absurden Basis wir hier diskutieren“, hatte sich Röhrl noch Anfang Februar dieses Jahres im Gespräch gegenüber dem Hog’n geäußert. Dass diese Aussage bereits wenige Wochen später konkrete Taten erfordern würde, hätte sich die langjährige SPD-Politikerin zu diesem Zeitpunkt wohl nicht gedacht. Umso erstaunter zeigte sie sich nach der Anti-Nazi-Demo darüber, wie reibungslos alles verlaufen sei.
Rita Röhrl: „Wir dürfen hier nicht schweigend zuschauen“
Interessant dabei, so Röhrl, sei die Tatsache, dass viele Leute an der Gegendemonstration teilgenommen hätten, die aus Orten kommen, in denen sich bereits seit längerer Zeit Asylunterkünfte befinden. Zudem hätte sie nie mit solch einer überragenden Zahl an Teilnehmern gerechnet. Dass das zunehmende Engagement gegen Rechts infolge der AfD-Siege in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt stärker geworden ist, hält die Unterbezirksvorsitzende für möglich. Ebenso sei aber auch eine seitdem stärkere Offensive von rechter Seite darauf zurückzuführen.
„Wir dürfen hier nicht schweigend so lange zuschauen, bis eine Unterkunft brennt, sondern müssen den Anfängen wehren“, hatte sie im Vorfeld der Samstagsdemo gesagt. Da das Interesse an der Gegendemonstration sehr hoch war, entschied man sich kurzerhand, Busse einzusetzen, die aus verschiedensten Richtungen die Zellertal-Gemeinde ansteuerten.
Walter Strohmeier: Verbale Seitenhiebe auf die Gegendemonstranten
Während der Kundgebung der Rechten, die sich mit Rednerpult und Schildern in der Ortsmitte positioniert hatten, wurde unmittelbar gegenüber die Mahnwache der bunten Protestler abgehalten. Auf die vier Redebeiträge des Dritten Wegs antwortete die Menschenmenge mit lautem Pfeifen, Buh-Rufen und dem Anstimmen der deutschen Nationhymne „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Letzteres, um zu zeigen, dass es die Bürger im Landkreis Regen sind, die für diese Werte stehen – nicht die Neonazis. Auch das Mitbringen von Fähnchen wurde den Gegendemonstranten im Vorfeld genehmigt. Fahnen, die verdeutlichen sollten, dass weder die deutsche noch die bayerische Fahne Eigentum rechter Gruppen ist.
Besonders zahlreiche Buh-Rufe erntete Walter Strohmeier, sogenannter Stützpunktleiter des „Dritten Wegs“ für den Raum Ostbayern, für seine Rede, in der er unter anderem die Gegendemonstranten als „volksfeindliche Elemente“ bezeichnete – und es sich auch nicht nehmen ließ, in dessen Beisein gegen Landrat Michael Adam und seine „Sex-Affäre“ vor rund zweieinhalb Jahren verbal auszuteilen. Erst nach etwa eineinhalb Stunden, als sich etwa 90 Anhänger des „Dritten Wegs“ abschließend auf einen Rundmarsch durch Arnbruck machten, leerte sich der Dorfplatz langsam (zur Erklärung: bei der Kundgebung selbst waren es an die 40 Personen, beim anschließenden Umzug waren es rund 90).
Polizei: „Weitgehend friedlicher Verlauf der beiden Veranstaltungen“
Die Polizei, die den ganzen Nachmittag über dafür sorgte, dass die Teilnehmer der beiden Kundgebungen voneinander getrennt blieben, zeigte sich weitgehend zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung. Zu Ausschreitungen kam es währenddessen nicht. Im Nachhinein wurde von drei Personen ein Deutschlandfähnchen angezündet – gegen sie werde nun ermittelt. Bei der anschließenden Aufnahme der Personalien sind laut Polizeibericht Beamte von den „Anzündern“ beleidigt worden.
Gegen einen weiteren Versammlungsteilnehmer wird zudem wegen des Verdachts der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidrigen Organisationen ermittelt. Weiterhin hätten Personen „aus dem linksextremen Spektrum“ versucht, den Umzug des „Dritten Wegs“ zu stören, was durch die Polizei verhindert wurde. Eingesetzt waren neben Beamten der Polizeiinspektion Viechtach weitere Kräfte aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Niederbayern und Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei.
David Salimi
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Mich hat bei dieser Demo erschüttert, wie viele Menschen aus der Gegend sich zu den Nazis dazugestellt haben. Sind bei dem Rundmarsch wirklich 90 Sympathisanten mitgelaufen? Dann frage ich mich, was haben Menschen im Hirn, die, bloss weil sie keine Asylbewerber im Dorf haben wollen, hinter solch kriminellen Hohlköpfen herlaufen.
[…] zumindest erinnert sich Landrat Michael Adam im Interview mit dem “Hogn” an den Drachselsrieder, der bereits in jungen Jahren kurzen Prozess mit schwachen Gliedern […]