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Bei den Abrissarbeiten am Eisstadion-Nebengebäude, in dem die Technik für die Eishalle untergebracht war, kam jüngst der Brief der tschechoslowakischen Bauarbeiter wieder ans Tageslicht. Fotos: sumava.eu

Vimperk/Winterberg. Bei den Abrissarbeiten des ehemaligen Technikraums neben dem Winterberger Eisstadion wurde jüngst ein „Vermächtnis für unsere zukünftigen Generationen“ entdeckt. Ein Vermächtnis in Briefform, das diejenigen Leute, die den Erweiterungsbau am 28. November 1975 errichtet hatten, in einer Flasche Rum der Nachwelt hinterließen. Im Folgenden gibt es den Inhalt des Briefs aus kommunistischer Ost-Vergangenheit zu lesen, den die Kollegen unseres tschechischen Partnerblogs sumava.eu entziffern konnten.

Vermächtnis für unsere zukünftigen Generationen:

„Wir haben für Sie unter enormem Krafteinsatz im Rahmen der „Aktion Z(= freiwillige Arbeit – Anm. d. Red.) die Erweiterung der Sportarena durchgeführt. Dieses Stadion soll als fünftes seiner Art im Raum Südböhmen unserem Körper und Geist nach einem stressigen Arbeitstag Erholung bieten. Diese Halle soll der sportbegeisterten Gesellschaft Genuss und Entspannung bereiten und dem harten und unnachgiebigem Kampf unseres Eishockey-Teams „TJ Böhmerwald Winterberg“ („TJ Šumavan Vimperk“ – Anm. d. Red.), Mitglied der zweithöchsten tschechoslowakischen Eishockey-Liga, in dieser Saison zum Erfolg verhelfen.

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Eine Abfotografie des Original-Briefs, den der Bautrupp im Jahr 1975 hinterlassen hatte.

Mit dem Erweiterungsbau der Arena, in dem die Technik untergebracht ist, wurde Mitte des Monats November 1975 begonnen – die Außentemperaturen waren sehr niedrig, Kälte und Frost allgegenwärtig. Polier Genosse Rudolph Kraml lamentierte über die eiskalte Mörtelmischung und Geselle Vaclav Kumbery erhitzte im Feuer die für den Bau notwendigen Werkzeuge.

Der Frost erreichte derart große Ausmaße, dass das Bier in den Flaschen gefror – und diese zu Bruch gingen. Als „Erfrischung“ holte Genosse Mörtelmischer Kumbery „Grog“ aus dem benachbarten Gasthaus „Hamajda“, mit dem sich die gesamte Mannschaft erwärmen sollte.

Doch dem war nicht so, denn: Es war so unglaublich kalt, dass der heiße Wasseranteil im Grog schnell verdampfte – und am Ende nur noch der Rum übrigblieb.

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Das Winterberger Eisstadion in den 70ern (links) und heute.

Die äußeren Umstände waren grausam und nahezu unerbittlich – das Leben nicht einfach, wie Genosse Kumbera mehrmals beklagte. Bedingungen, wie sie nur echte „Šumaváci“ (Waidler – Anm. d. Red.) ertragen können.

Gezeichnet:

Bauleiter: Vlček Václav

Polier: Kraml Rudolf

Mörtelmischer: Kumbera Václav

Verputzer: Kalous Václav, Talián Vlasta, Vaňek Stanislav

Vimperk, 28. November 1975


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