Freyung/Grafenau. „2016 wird das Jahr werden, in dem wir über die Haushaltkonsolidierung sprechen müssen“, machte Freyung-Grafenaus Landrat Sebastian Gruber bereits im Hog’n-Jahresabschluss-Interview deutlich. Und in der Tat. Schließung, Reduzierung, Konsolidierung – mit diesen eher unschönen Angelegenheiten muss sich die regionale Politik in diesem Jahr beschäftigen. Zu welch emotionalen Reaktionen dies führen kann, wurde zuletzt im Rahmen der Krankenhaus-Diskussion deutlich. Am Montag hat sich nun der Finanz- und Haushaltsausschuss getroffen, um die Vorschläge des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbandes (BKPV) zu diskutieren und Arbeitsauftrage an die Verwaltung zu erteilen. Später soll dann der Kreistag entscheiden, welche Einrichtungen im Landkreis Freyung-Grafenau geschlossen bzw. an welchen Stellen gespart werden soll.
Hallenbäder Freyung und Grafenau
BKPV: Vorteilsausgleich an die laufende Kostenentwicklung anpassen; Erhöhung Benutzungsgebühren; Einsatz von Kassen- und Wertmarkenautomaten;
Sachverhalt: In Freyung müssen für das Hallenbad jährlich 202.200 Euro an Personalkosten und 170.000 Euro Energiekosten aufgewendet werden – dem gegenüber stehen 3.103 verkaufte Eintrittskarten (Einzeleintritte Erwachsene). Im Grafenauer Hallenbad kostet das Personal 211.400 Euro, für die Energie müssen 159.000 Euro bezahlt werden – das Ergebnis waren 3.124 Eintrittskarten im vergangenen Jahr. Die beiden Städte Grafenau (25.000 Euro) und Freyung (54.000 Euro) beteiligen sich an den laufenden Kosten. Die Verwaltung schlägt einen Investitionsstopp für Maßnahmen vor, die nicht dem Schulbetrieb dienen. Außerdem soll es eine deutliche Reduzierung der Betriebskosten durch z.B. längere Schließungszeiten oder höhere Nutzungsgebühren geben.
Diskussion: Angesichts der sehr hohen Mitarbeiterkosten im Vergleich zu den verkauften Eintrittskarten, sprach Kreisrat Max König (SPD) von „Erbsenzählerei“. Anna-Maria Ederer (CSU) machte deutlich, dass die Ausgaben für den Schulbereich fix seien, weshalb eine eigene Kalkulation für den Freizeitbereich erstellt werden müsse. Etwas überfordert zeigte sich Martin Behringer (FW/GL), der sich ebenfalls eine detailliertere Darstellung der Kosten wünschte.
Beschluss: Kostenbeteiligung der Städte muss jährlich geprüft und fortgeschrieben werden; es wird ein Konzept erarbeitet, das zu einer Reduzierung der detaillierten Betriebskosten und der Personalkosten führt;
Zweckverband Erholung und Sport
BKPV: Senkung der Umlagebelastung anstreben; Prüfen, ob der Zweckverband tatsächlich überörtliche Kreisaufgaben erfüllt, die einen Umlageanteil von 34 Prozent rechtfertigt;
Sachverhalt: Der im Jahr 1973 gegründete Zweckverband hat die Aufgabe, ein Sport- und Erholungszentrum in Grafenau zu errichten – unter anderem sind der Kurpark, ein Schwimmbad sowie ein Loipennetz entstanden. Der Umlageanteilt des Landkreises beträgt 284.000 Euro (2014), zudem hat sich ein Schuldenberg in Höhe von 5,3 Millionen Euro angehäuft. Laut Verwaltung soll deshalb geprüft werden, welche Aufgaben der Zweckverband genau übernimmt und ob die Beteiligung des Landkreises reduziert werden kann.
Diskussion: Max Ertl (CSU) wollte wissen, ob ein Ausstieg aus dem Zweckverband möglich sei, was Landratsamts-Mitarbeiterin Judith Wunder verneinte. Bereits mehrfach sei das geprüft worden, die Hürden wären zu hoch. Der ehemalige Landrat Alexander Muthmann (CWG/FW) bestätigte das, bat aber um eine genaue Überprüfung, wo genau der Kreis innerhalb des Zweckverbandes seine Aufgaben hat.
Beschluss: Die Landkreis-Verwaltung prüft den Aufgabenkatalog und verhandelt mit der Stadt Grafenau über eine Reduzierung der Umlagebelastung;
Zweckverband Wintersport
BKPV: Die Übernahme des Umlageanteils durch den Landkreis ist unzulässig; Der Anteil steht im vollen Umfang zur Konsolidierung der Landkreisfinanzen zur Verfügung;
Sachverhalt: Landkreis und Gemeinde Philippsreut haben sich 1988 zum Zweckverband Wintersportzentrum Mitterfirmiansreut-Philippsreut zusammengeschlossen. Der Wintersportbetrieb und der saisonbezogene Tourismus sollen so in der Grenzgemeinde gefördert werden – d.h. die erforderlichen Anlagen müssen erstellt, unterhalten und betrieben werden. Hierfür kommt der Landkreis zu drei Viertel auf (200.000 Euro), den Rest übernimmt die Gemeinde Philippsreut, die ihren Teil mit der Überschreibung gemeindeeigener Grundstücke erbracht hat. Der Schuldenstand betrug im Jahr 2014 rund 2,9 Millionen Euro. Die Verwaltung unterstreicht die Bedeutung des Wintersportzentrums für den Tourismus und den Leistungssport in der Region und stellt die Frage in den Raum, ob die Gemeinde Philippsreut überhaupt in der Lage sei, den derzeitigen Umlageanteil auch tragen zu können.
Diskussion: Auf Anfrage von Hans Kapfer (BP) erklärte Judith Wunder, dass das Grundstücks-Polster der Gemeinde Philippsreut mittlerweile aufgebraucht sei und deshalb – wie auch Kreisrat Heinrich Lenz (CSU) betonte – die Umlageanteile 2020 neu berechnet werden. Stellv. Landrätin Helga Weinberger (CSU) und Alexander Muthmann (CWG/FW) machten deutlich, dass das Skizentrum über Jahre hinaus ein wichtiger Bestandteil des Landkreises sein wird. Max Gibis (CSU) bat um eine Überprüfung, ob eine Eigenwirtschaftlichkeit des Zweckverbandes möglich sei. Hans Madl-Deinhart (Grüne) betonte, dass hinsichtlich des Klimawandels auch ein verstärkter Fokus auf den Sommertourismus gelegt werden muss.
Beschluss: Das Verhältnis zwischen Landkreis und Gemeinde soll dem Umfang der tatsächlichen finanziellen Belastung der Kreisbehörde angepasst werden; Dem Kreisgremium wird die Finanzplanung 2015-2018 aufgezeigt; Eine Eigenwirtschaftlichkeit soll überprüft werden; Aufgrund des Klimawandels soll das Angebot geprüft werden;
ÖPNV
BKPV: Auffällige Abweichung vom Landesdurchschnitt;
Sachverhalt: Eins vorweg: Eine Verringerung des Ausgaben führt nicht zwangsläufig zu niedrigeren ÖPNV-Zuweisungen. Der Aufwand des Landkreises für die Stadtbuslinien Freyung, Grafenau und Waldkirchen beträgt 176.00 Euro, ein Drittel davon werden durch die Städte erstattet. Deshalb soll mit Freyung, Grafenau und Waldkirchen über eine möglichst weitgehende Reduzierung der Beteiligung des Landkreises verhandelt werden.
Hinsichtlich der Ilztalbahn soll der grenzüberschreitende Busverkehr von Waldkirchen, über Haidmühle ins tschechische Nachbarland überdacht werden. 2014 wurden an 53 Fahrtagen mit jeweils 22 Fahrten insgesamt 2.772 Fahrgäste befördert (Durchschnitt: 2,38 Fahrgäste pro Fahrt). Das Defizit betrug im angesprochenen Jahr rund 68.000 Euro. Gespart werden könnte durch eine Anpassung der Fahrzeiten sowie eine Reduzierung der Fahrten.
663.000 Euro Gesamtkosten weißen die Igelbusse auf, 135.000 Euro davon übernimmt der Nationalpark. Die Einnahmen belaufen sich auf zirka 190.000 Euro, wobei der Rachelbus die stärkste Route ist. Weil der aktuelle Vertrag nur noch bis 31. Oktober 2017 läuft, könnte man hier schnell handeln und gegebenenfalls die Route des Lusen-Busses sowie die Finsterau-Route anpassen. Das soll durch intensive Fahrgastzählungen überprüft werden.
Diskussion: Renate Ruhland (ödp) wollte wissen, ob der Nationalpark für die Igelbusse etwa nicht mehr Zuschuss aufbringen könnte. Sachgebietsleiter Michael Atzinger erklärte, dass die Gelder vom Umweltministerium kommen. Eine Erhöhung des Zuschusses sei wohl nicht möglich, dennoch könne man es noch einmal probieren. Heinrich Lenz (CSU) zeigte sich erstaunt ob der durchschnittlich 2,38 Fahrgäste der Ilztalbahnbusse, sein Kollege Max Ertl fragte deshalb an, ob dann nicht kleinere Busse eingesetzt werden könnten. Michael Atzinger erklärte dazu, dass meistens Gruppen unterwegs seien und deshalb ein flexibleres System nicht möglich sei. Max König (SPD) konterte, dass sich dann die Gruppen anmelden sollen und das Dauersystem eingedampft werden kann.
Beschluss: Durch eine höhere Beteiligung der Gemeinden sollen die Kosten für den Winterigelbus reduziert werden; Der Fahrplan des Ilztalbahn-Busses soll ausgedünnt werden; Beim Sommerigelbus wird eine Fahrgastzählung durchgeführt; Der Skibus nach Mitterdorf wird nicht mehr aufgenommen; Die Ergebnisse der Prüfung der Linien 6119 (Röhrnbach-Freyung) und 6123 (Grafenau-Waldhäuser) werden ausgewertet;
Personalstand
BKPV: Abweichung vom Landesdurchschnitt;
Sachverhalt: Der BKPV konnte die Abweichung nicht darstellen. Zum einen gibt es verschiedene Förderungen, zum anderen ist im Landkreis FRG die Wirtschaftsförderung, der Tourismus oder die Regionalentwicklung wie vielerorts nicht in GmbHs ausgelagert. Zudem konnte der Aufwand durch Verlagerungen seit dem Prüfungszeitraum um 63.000 Euro reduziert werden. Deshalb wird es nach Rücksprache mit der Verwaltung hier keine Veränderungen geben.
VHS
BKPV: Es handelt sich vorrangig um eine Aufgabe der Gemeinden;
Sachverhalt: Die jährlichen Personalkosten betragen knapp 200.000 Euro, hinzu kommen Mietkosten von zirka 57.400 Euro. Eine Umlage auf die Gemeinden soll vermieden werden.
Beschluss: Eine Kooperation zwischen VHS und KEB soll geprüft werden; Einsparpotenziale sollen ermittelt werden; Durch das Angebot von Kursen für Asylbewerber soll die Einnahmesituation verbessert werden;
Kreisbibliothek
BKPV: Deutliche Reduzierung der Öffnungszeiten und des Medienbestandes;
Sachverhalt: Die Personalkosten betragen jährlich 185.000 Euro, für 13.700 Euro werden neue Medien angeschafft. Die überregionale Bedeutung soll unter Berücksichtigung des Onlinebereiches evaluiert werden, zudem soll u.a. geprüft werden, ob eine Kooperation mit der Freyunger Stadtbücherei möglich sei.
Diskussion: Als „nicht verkehrt“ bezeichnete Max König (SPD) die Kreisbibliothek, „dennoch hört es sich angesichts der Personalkosten mit der Freundschaft auf“. Renate Ruhland (ödp) begrüßte es, Einsparungen vorzunehmen, wehrte sich aber gegen eine Schließung der Kreisbibliothek. Martin Behringer (FW/GL) regte an, dass auch die Raumkosten berücksichtigt werden sollen und man in der „neuen Internet-Zeit“ vieles überdenken müsse.
Beschluss: Die Kreisbibliothek steht zur Disposition; Die Verwaltung soll Einsparungspotenziale aufzeigen;
Zulassungsstelle Grafenau
BKPV: Schließung
Sachverhalt: Sowohl in Freyung (Zulassungsvorgänge: 17.745; Kosten: 458.000 Euro) als auch in Grafenau (10.805; 302.000 Euro) werden alle Zulassungsvorgänge behandelt. Vor dem Hintergrund der anstehenden Entwicklung (i-Kfz) steht der Bereich der Zulassung vor einer gravierenden Änderung. Deshalb können Kosten verschiedener Art (u.a. Personal, EDV) eingespart werden.
Diskussion: Max Ertl (CSU) stellte fest, dass sich durch i-Kfz sowieso vieles erledigen werde.
Beschluss: Die Zulassungsstelle steht zur Disposition; Einsparpotenziale durch i-Kfz sollen aufgezeigt werden;
Darüber hinaus haben die Landratsamts-Mitarbeiter erarbeitet, wie in den einzelnen Abteilungen gespart werden kann – u.a. durch Reduzierung von Fachliteratur und verstärkte Nutzung von EDV. Außerdem wird die Verwaltung beauftragt, die bestehende Schulstruktur aufzubereiten.
Helmut Weigerstorfer
Es wurden in der Sitzung keine Beschlüsse gefasst, sondern lediglich Arbeitsaufträge an die Verwaltung erteilt, da den Mitgliedern zu fast allen Punkten genaue Details fehlten um einen Beschluss zustimmen zu können. Die Beschlussvorschläge sind daher nicht wirksam bzw. wurden nicht abgestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Max Ertl
Kreisrat