Kreuzberg/Freyung. Unser Kommentar „Machbarkeitsstudie für Dorfladen Kreuzberg – braucht’s denn des?“ hat seine Wirkung nicht verfehlt. Die Rückmeldung von Unternehmensberater Wolfgang Gröll, den die Stadt Freyung mit der Durchführung der Studie beauftragt hatte, ließ nicht lange auf sich warten. Es gelte einiges klarzustellen, macht der Starnberger gegenüber dem Onlinemagazin „da Hog’n“ bei seinem Besuch in der Redaktion deutlich. Gleichzeitig gesteht der 50-Jährige jedoch ein, dass es viele „schwarze Schafe“ in seiner Branche gebe, die in erster Linie daran interessiert sind, ein „dickes Honorar“ zu kassieren – und den Erfolg des Projekts nur als zweitrangig erachten.
Er gehöre nicht zu dieser Gattung, betont Wolfgang Gröll im Hog’n-Gespräch mehrmals. 150 erfolgreich durchgeführte Dorfladen-Projekte – der Großteil davon in Bayern – sind seiner Meinung nach ein guter Beleg dafür. Auch die Zusammenarbeit mit zahlreichen öffentlichen Einrichtungen, darunter die Erstellung des Leitfadens „Der Dorfladen in Bayern“ in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Wirtschaftsministerium, sind Gröll zufolge Beweis genug, dass bei „newWay – Dynamik und Nahversorgungskonzepte“ seriös gearbeitet werde. „Wir beschäftigen uns seit Mitte der 90er mit Lösungen im Bereich der Lebensmittelversorgung im ländlichen Raum“, fügt er hinzu.
Wegen Förderungen: Komplett-Betreuung als „Studie“ deklariert
Einer der gewichtigsten Kritikpunkte im Hog’n-Kommentar betrifft die Kosten für die Machbarkeitsstudie zum Kreuzeberger Dorfladen. Die dafür eingeplanten 10.000 Euro wären besser aufgehoben, wenn man sie für einen Praxis-Testlauf des Dorfladens, also für die Probe aufs Exempel, verwenden würde, so die Meinung von Hog’n-Redakteur Helmut Weigerstorfer. Dies versucht Gröll mit einer detaillierten Erklärung seines Aufgabenbereichs zu entkräften. Denn dazu zähle nicht nur die Studie an sich, sprich: die Beantwortung der Frage „Kann man mit einem Dorfladen in Kreuzberg die Nahversorgung des täglichen Bedarfs abdecken und ist das Projekt überhaupt umsetzbar?“, sondern auch die Betreuung des Projekts während der ersten Monate nach der Eöffnung des Ladens. Zudem handele es sich bei den Kosten für die Machbarkeitsstudie um eine Pauschale – Fahrtkosten und Arbeitsstunden seien demnach im Preis mitinbegriffen. Um an die angestrebte Zwei-Drittel-Förderung durch den Staat zu gelangen, sei die „Komplett-Betreuung“ unter dem Namen „Studie“ deklariert.
Ein Dorfladen-Projekt im Bayerischen Wald, das Wolfgang Gröll zuletzt begleitet hatte, ist im Grenzort Bayerisch Eisenstein umgesetzt worden. Dessen ehemaliger Bürgermeister Thomas Müller erinnert sich auf Hog’n-Nachfrage, dass der Unternehmensberater aus Starnberg zwar „nur eine Art Eröffnungsveranstaltung“ zur Erklärung der Dorfladen-Idee durchgeführt habe, ohne ihn das ganze Vorhaben aber wohl nicht so erfolgreich hätte durchgeführt werden können. „Er konnte viele Bürger überzeugen“, resümiert Müller heute. Das kleine Lebensmittelgeschäft im deutsch-tschechischen Grenzort befindet sich seit seiner Gründung vor „fünf oder sechs Jahren“ in einem „stetigen Auf und Ab“. Ohne Touristen würde man defizitär wirtschaften, wie Müller, selbst Vorstandsvorsitzender der über 100 Mitglieder zählenden Träger-Genossenschaft des Dorfladens, erklärt. Er selbst habe das Objekt, in dem sich die Verkaufsflächen befinden, gekauft und an die Initiative zum Selbstkostenpreis vermietet, um das Projekt voranzubringen.
Ehemaliges Gasthaus Stockinger Standort des Dorfladens?
Der Standort – eine zentrale Frage, die auch in Kreuzberg noch genau erörtert werden muss. Neben dem von Konversionsmanager Raimund Pauli ins Spiel gebrachtem „Benefizium“, das sich im Besitz der Stadt Freyung befindet, ist auch das frühere Gasthaus Stockinger Hog’n-Informationen zufolge im Gespräch. „Egal, für welchen Standort man sich entscheidet: Es müssen größere Baumaßnahmen vorgenommen werden“, teilt Unternehmensberater Gröll mit. Auch um unnötige (Bau-)Kosten zu vermeiden, soll anhand der Machbarkeitsstudie die Sinnhaftigkeit eines Lebensmittel-Geschäftes geprüft werden. „Ansonsten sind schnell 50.000 bis 150.000 Euro umsonst investiert“, rechnet Gröll vor. Das wäre kein guter Start für die bevorzugte Geschäftsform einer Bürgergemeinschaft (UG & Still).
Helmut Weigerstorfer