Waldkirchen. „Doch respektieren und tolerieren wir unsere Mitmenschen nicht, so wird es im Gegenzug auch keinen Respekt von ihnen geben. Ausgrenzung und Hass sollte man also keine Chance geben“, ist Monsignore Alfred Ebner, ehemaliger Stadtpfarrer von Waldkirchen, überzeugt. Im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n spricht der 74-jährige Geistliche über die Themen Glaube, Flüchtlinge und eine funktionierende Gemeinschaft.
Herr Ebner: Sie sind in Ihrem Glauben sehr gefestigt – wie stehen Sie da zu anderen Religionen?
„… und unter Gott sind alle Menschen gleich“
(schmunzelt…) Zweifel hat doch jeder mal. Aber meiner Ansicht nach wächst man im Glauben. Das trifft besser zu, als der Ausdruck ‚gefestigt‘ zu sein. Die persönliche Beziehung zu Gott und Jesus ist für mich Erfüllung, man wird im Glauben vollkommen akzeptiert. Egal wie man ist. Deshalb sollte man auch daran arbeiten, alle seine Mitmenschen schätzen zu lernen.
Also nicht nur Christen sondern auch beispielsweise Muslime?
Natürlich. Als Christ gilt das Prinzip der Nächstenliebe – und unter Gott sind alle Menschen gleich. Er ist sehr vielfältig und offenbart sich also in vielen Religionen – am deutlichsten aber in Jesus Christus, seinem Sohn. Deshalb bin ich auch überzeugter Christ.
Das kann man sich aus meiner Sicht am besten so vorstellen: Die Weltreligionen sind ein großer Baum. Sein Wipfel stellt für mich das Christentum dar, alle Abzweigungen sind andere Religionen. Trotzdem sind sie Teil des gleichen Baumes – und somit sollte man sie alle respektieren.
„Schwächen, Fehler sollte man zuerst bei sich selbst suchen“
Die religiöse Einstellung verschiedener Bevölkerungsgruppen ist meistens eine Grundlage für ihre Kultur. Viele Deutsche befürchten, die Lebensweise der Asylsuchenden lässt sich nicht mit der hiesigen kombinieren. Viele haben Angst davor. Was meinen Sie: Wie könnte man diese Differenzen überbrücken?
Die Menschen suchen nach Unterschieden und meiden die Begegnung. Dabei gibt es sicher viele Gemeinsamkeiten zu entdecken, auf denen man ein Miteinander aufbauen könnte. Den anderen immer als den Bösen darzustellen und ihm Hilfe zu verweigern, ist sicher kein Akt der Nächstenliebe. Deshalb entsteht keine resptektvolle Beziehung, denn dazu müsste man sich auf einer Augenhöhe begegnen. Somit werden Flüchtlinge auch weiterhin vielerorts als unwillkommen angesehen. Man sollte aufeinander zugehen, miteinander reden, sich gegenseitig helfen und tolerant sein. Nur dann kann man miteinander auskommen. Doch Toleranz ist das, was häufig fehlt.
Wie sollte man denn nun Ihrer Meinung nach auf die derzeitige Flüchtlingsproblematik in Deutschland reagieren?
Schwächen und Fehler sollte man zuerst bei sich selbst suchen. Die Flüchtlinge sind nicht anders als wir – auch wenn das viele aufgrund der Hautfarbe behaupten. Fehler hat jeder. Beispielsweise war es ein sehr großer Fehler, Behinderte auszugrenzen und sogar zu töten, wie damals im Zweiten Weltkrieg. Heute sind körperlich oder geistig benachteiligte Personen bereits viel besser in der Bevölkerung integriert: Sie können etwa in Werkstätten der Caritas arbeiten – und Gebäude und Gehwege werden möglichst behindertengerecht gestaltet. Man hat das Selbstbewusstsein dieser Minderheit gefördert, Partnerschaften gebildet und sich engagiert. Genau das sollte auch jetzt passieren. Die Asylsuchenden sind in Deutschland eine Minderheit – und jeder kann etwas tun, um sie zu einem Teil des ‚großen Ganzen‘ zu machen. Wir haben eine Verantwortung für die Schwächeren.
„… verlieren wir auch ein großes Maß an Menschlichkeit“
Mittlerweile kommt es jedoch häufig zu regelrechtem Fremdenhass…
Oft liegt es daran, dass man sich durch andere Kulturen provoziert fühlt: ihre unterschiedlichen Glaubensgrundsätze und den Glauben, den sie teils viel mehr praktizieren, als es heute Christen tun. Da sollte man sich fragen, welche Werte unser Glaube eigentlich hat – und wie man ihn, also auch das was unsere Kultur ausmacht, nach außen tragen kann. Nächstenliebe zu üben und Fremden Obdach zu geben, ist ein wesentlicher Bestandteil – verlieren wir diese Werte, verlieren wir auch ein großes Maß an Menschlichkeit. Sogar wenn man nicht an Gott glaubt, muss man doch zugeben, dass Neid, Bereitschaft zur Abschottung und Hass sehr negative Eigenschaften sind, die niemand an seinen Mitmenschen oder an sich selbst sehen möchte.
Wie lautet also ihr Fazit?
Toleranz, leben und glauben lassen, gegenseitiger Respekt – das ist alles, was es für eine gute Beziehung braucht. Doch respektieren und tolerieren wir unsere Mitmenschen nicht, so wird es im Gegenzug auch keinen Respekt von ihnen geben. Ausgrenzung und Hass sollte man also keine Chance geben. Da reicht oftmals schon ein nettes ‚Grüß Gott‘ auf der Straße, um einen ersten Schritt in die richtige Richtung zu machen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ebner.
Michele Bauer
Ein hervorragendes Interview.
Wir alle sollten uns die Worte von Monsignore Ebner zu Herzen nehmen, es wuerde viele Probleme loesen – geistig, politisch und sozial.
Respekt.