Kreuzberg. An sich ist es ja eine gute Sache, dass man sich seitens der Freyunger Stadtverwaltung und der Bürgerschaft bemüht, im Ortsteil Kreuzberg – nach Jahren der Abstinenz – wieder einen Dorfladen einzurichten. Gerade die älteren Bewohner, die weniger mobil sind, dürften diesen Schritt genauso begrüßen wie diejenigen, die schnell mal kleinere Besorgungen machen möchten – ohne dafür extra nach Freyung fahren zu wollen. Etwas stutzig macht einem in diesem Zusammenhang jedoch, dass im Vorfeld des möglichen Dorfladens, dessen genauer Standort noch nicht feststeht, eigens eine Machbarkeitsstudie durchgeführt werden muss, die rund 10.000 Euro kosten wird.
Förderungen, Langzeitanalysen, Studien – sie werden immer häufiger durchgeführt und gehören fast schon zum guten Ton, wie es scheint. Auch in Freyung und Umgebung. Erst kürzlich blickte die hiesige Tageszeitung im Freyunger Lokalteil darauf, wie sich das Bild der Kreisstadt aufgrund der vielen Förderungen – sicherlich verbunden mit einigen Studien – in den vergangenen Jahren entwickelt hat. „Super, super, alles super“, lautete der Tenor. Mit Hilfe staatlicher Unterstützung hat sich Freyung gemausert. Die Stadt boomt, hat sich herausgeputzt. Es gibt nur noch wenige Leerstände im unmittelbaren Zentrum. Es wird gebaut an allen Ecken und Enden. Ja, die heimischen Lokalpolitiker, allen voran Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich, haben gute Connections zu den Verwaltern der regionalen und überregionalen Fördertöpfe.
Warum geht man nicht einfach pragmatischer vor?
Doch Fördertöpfe hin oder her – man wird den Eindruck nicht los, dass für gewisse Projekte eine Studie oder ein Förderantrag eher wie ein Bremsklotz wirken – und das dafür verwendete Geld, zugespitzt formuliert, unnötig verprasst wird. Bestes Beispiel dafür ist die eingangs erwähnte Initiative „Dorfladen Kreuzberg“. Fragen wie „Kann man mit einem Dorfladen in Kreuzberg die Nahversorgung des täglichen Bedarfs abdecken und ist das Projekt überhaupt umsetzbar?“ sollen anhand einer Machbarkeitsstudie beantwortet werden, wie Freyungs Konversionsmanager Raimund Pauli auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. Unternehmensberater Wolfgang Gröll von der Firma „newWay – Dynamik und Nahversorgungskonzepte“ aus der Gemeinde Berg am Starnberger See sei damit beauftragt worden. Er soll den „Untersuchungsprozess begleiten und eine Strukturanalyse mit Lösungsansätzen bis hin zur Entscheidungsreife erstellen“. Ausführungen von Pauli zufolge übernimmt das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) knapp zwei Drittel der anfallenden Kosten in Höhe von 10.000 Euro.
Die Stadt Freyung muss also nicht für die gesamte Summe aufkommen. Dennoch hat diese Studie einen faden Beigeschmack, weil diese fünfstellige Summe sinnvoller verwendet werden könnte. Ob ein kleiner Tante-Emma-Laden die „Nahversorgung des täglichen Bedarfs“ abdecken kann und ob das Projekt überhaupt umsetzbar ist, könnte auf eine viel einfachere Art und Weise umgesetzt werden: Warum verwendet man die 10.000 Euro nicht einfach dafür, einen praxisnahen „Dorfladen-Testlauf“ zu starten? Warum muss immer der aufwendigere, wenn auch geförderte, bürokratischere Weg her? Warum geht man nicht pragmatischer vor?
3.000 Euro – kein schlechtes Startkapital für einen Dorfladen
Derzeit will man möglichst schnell einen geeigneten Standort für den Laden finden. „Es werden demnächst Erstgespräche mit Eigentümern geführt, ob sie freie und geeignete Räumlichkeiten für den Dorfladen zur Verfügung stellen können. Auch eine Liegenschaft der Stadt Freyung – das ehemalige Benefizium – könnte bei Bedarf als Standort in Frage kommen“, sagt Raimund Pauli dazu. Die Standortfrage, ein Punkt, der also relativ schnell abgearbeitet werden kann. Zieht man die Fördergelder des Amtes für Ländliche Entwicklung ab, bleiben zirka 3.000 Euro, die die Stadt Freyung für die Machbarkeitsstudie aufbringen muss. 3.000 Euro – kein schlechtes Startkapital für einen Dorfladen. Und mit ein bisschen Überzeugungskraft unterstützt auch das ALE diesen Probebetrieb…
Kommentar: Helmut Weigerstorfer
Was Herr Weigertsdorfer wissentlich verschweigt ist, dass im Rahmen der Machbarkeitsstudie eine umfassende Begleitung erfolgt, so dass die Bürger nicht „nur“ ein Stück Papier erhalten, sondern diese „Entscheidungsreife“ auch im Rahmen der Gründungsvorbereitung abgeprüft wird. Am Ende dieser Machbarkeitsstudie steht dann ein Unternehmenskonzept, was auf „Knopfdruck“ gestartet werden kann.
Der von Herrn Weigertsdorfer gewünschte „Probebetrieb“ kostet im Falle eines Scheiterns schnell mal 50.000 – 150.000 Euro. Dieses Geld würde Herr Weigertstorfer laut seinem Anraten auch einfach zum „Test“ verbrennen wollen. Ich denke, gerade dass ist mehr als fahrlässig. Mit 3.000 Euro „Startkapital“ erhält Herr Weigertsdorfer -und dass weiß auch er- erhalten Sie nicht einmal eine ordentliche Gründung, geschweige motivierte Bürger, die da mitmachen sollen.
Was Herrn Weigertsdorfer zu dieser Aussage motiviert, bleibt einem vernünftig denkenden Menschen verborgen.
Dorfladen-Netzwerk.de
Sehr geehrter Herr Gröll,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Vorab: Ohne besonders eitel erscheinen zu wollen, bitte ich um die richtige Schreibweise meines Namens. Diesen entnehmen Sie der Autorenzeile des Kommentars. Vielen Dank dafür.
Gestatten Sie mir bitte einige Anmerkungen zu Ihren Ausführungen:
– Ich habe keinesfalls „wissentlich“ verschwiegen, dass im Rahmen der Machbarkeitsstudie eine umfassende Begleitung erfolgt. Trotz mehrfacher Lektüre diverser Berichte über den Dorfladen Kreuzberg ist dies nicht deutlich geworden. Ich bedanke mich deshalb für Ihre sinnvolle Ergänzung.
– Ich bitte um eine Erklärung, warum das Scheitern eines Probebetriebes „schnell mal 50.000 bis 150.000 Euro“ kosten könnte. Diese Summe scheint mir doch etwas zu hoch angesetzt. Die weite Spanne lässt zudem erahnen, dass es sich dabei wohl um eine Schätzung handelt.
– Dass man mit 3.000 Euro Startkapital durchaus eine ordentliche Gründung durchführen kann, beweist unser Onlinemagazin. Wir haben mit weit weniger Geld gegründet. Insofern teile ich Ihre Meinung in dieser Hinsicht nicht.
– Bezüglich ihres abschließenden Satzes: Gerade als „vernünftig denkender“ Mensch und Journalist sehe ich es als meine Aufgabe, gewisse Dinge und Entscheidungen – die von den Verantwortlichen durchwegs positiv dargestellt werden – auch von einer anderen Seite zu sehen. Dann ist es möglich, dass sich unsere Leser sowie die Kreuzberger Bürger selbst ein Bild vom Ganzen machen können.
Viele Grüße
Helmut Weigerstorfer