Freyung. Begleitet von einer Handvoll Demonstranten (siehe Infokasten), unter die sich auch regionale Politik-Vertreter der rechtskonservativen „Alternative für Deutschland“ (AfD) mischten, war am Mittwochvormittag der wegen Hausfriedensbruchs angeklagte Journalist Billy Six bereits zum dritten Mal vors Freyunger Amtsgericht geladen worden. Nachdem die Geschäftsführer der für die am Freyunger Geyersberg befindlichen Asylbewerberunterkunft zuständigen Sicherheitsfirma bestätigt hatten, dass das Hausrecht den Richtlinien entsprechend vom Unterkunftseigentümer (Stadt Freyung) auf sein Unternehmen übertragen worden sei, sah Richter Klaus Fruth den Tatbestand eines Hausfriedensbruchs erfüllt – und verurteilte den 29-jährigen, der u.a. für die rechtspopulistische Wochenzeitung „Junge Freiheit“ schreibt, nach den Vorstellungen der Staatsanwaltschaft zu einer 300-Euro-Geldstrafe. Six-Rechtsanwalt Bernd Roloff hatte bereits während seines Plädoyers angekündigt, dass sein Mandant im Falle einer Verurteilung Berufung bzw. Revision eingelegen werde.

Vor der Gerichtsverhandlung am Mittwochvormittag suchte der Angeklagte Billy Six (links) auf dem Parkplatz vor dem Freyunger Amtsgericht offensichtlich den Schulterschluss mit regionalen Parteifunktionären der rechtspolitischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) – so mit Passaus AfD-Kreisvorsitzender Ursula Bachhuber (3.v.l.) und Deggendorfs stellv. AdD-Kreisvorsitzende Katrin Ebner-Steiner (2.v.r; mit Mütze)
Bereits zweimal musste die Verhandlung vertagt werden, weil Six und dessen Anwalt jeweils weitere Zeugen beantragt hatten. Der Reisejournalist soll sich am 23. April dieses Jahres unerlaubterweise in der Erstaufnahmeeinrichtung am Geyersberg aufgehalten und diese trotz Aufforderung seitens des Günzburger Sicherheitsdienstes nicht verlassen haben – sodass Herbert Graf, der für die Unterkunft verantwortliche Mitarbeiter der Stadt Freyung, sich dazu veranlasst sah, Anzeige wegen Hausfriedensbruchs zu erstatten. Die erste Verhandlung musste unterbrochen werden, da der diensthabende Security-Mitarbeiter nicht geladen worden war. Eine weitere Vertagung kam zustande, weil die Six-Seite die Geschäftsführer der zuständigen Sicherheitsfirma hinsichtlich der Übertragung des Hausrechtes befragen wollte.
„Die weiteren Vorwürfe möchte ich nicht kommentieren“
Diese waren dann auch zum inzwischen dritten Termin am Mittwochmittag in Freyung erschienen. Bevor sie allerdings befragt werden konnten, beantwortete Richter Fruth die Fragen, die Rechtsanwalt Roloff im Vorfeld schriftlich eingereicht hatte. Fruth machte dabei deutlich, dass er keinen Einfluss auf den Zeugen Herbert Graf genommen und er auch keine Aversion gegen den Angeklagten habe. „Die weiteren auf dem Schriftstück befindlichen Vorwürfe möchte ich nicht weiter kommentieren“, führte der Richter weiter aus. Six und dessen Rechtsvertreter stellten daher keinen Befangenheitsantrag.
Billy-Six-Anwalt Bernd Roloff: „Schildbürger-Aufstand“
Die Nachfrage von Billy Six, wie mit Menschen umgegangen werde, die etwa (Kleider-)Spenden auf dem Gelände abgeben möchten, beantwortete der Geschäftsführer der Sicherheitsfirma dahingehend, dass derartige Absichten bereits bei der ersten Kontaktaufnahme mit den sich auf dem Gelände der Asylunterkunft befindlichen Personen klar erkennbar seien.
Die Staatsanwaltschaft resümierte schlussendlich, dass nach der umfangreichen Beweisaufnahme der Tatbestand des Hausfriedensbruchs erfüllt sei. Gleichzeitig machte der Jurist deutlich, dass ein strafbares Verhalten „im unteren Bereich“ vorliege. Deshalb sei ein Strafmaß in Höhe von zehn Tagessätzen zu je 30 Euro ausreichend. Six-Rechtsanwalt Roloff kommentierte daraufhin, dass die Argumentation der Staatsanwaltschaft fehlerhaft sei, da es sich beim Foyer der Geyersberger Erstaufnahmeeinrichtung um einen öffentlich-rechtlichen Bereich handle. Er sprach deshalb von einem „Schildbürger-Aufstand“ – und davon, dass hier kein „bayerisches Landrecht“ angewendet werden könne.
Billy Six zeigte sich in seinem abschließenden Plädoyer uneinsichtig – und betonte erneut, dass er als Journalist die Befugnis habe, sich in der Asylunterkunft aufzuhalten. Ebenso mahnte er an, dass die Aussagen des diensthabenden Sicherheitsdienstmitarbeiters vor Gericht gegenüber den Ausführungen bei der Polizei abweichen würden. Außerdem kritisierte er die Staatsanwaltschaft, dass diese „immer denselben Text vorgetragen hat“, aber keine Beweise habe vorbringen können.
Schulterschluss mit der AfD: Billy Six und seine Mitstreiter vor dem Freyunger Amtsgericht:
Dennoch sah am Ende auch Richter Klaus Fruth den Tatbestand eines Hausfriedensbruchs erfüllt. Und weil (der nicht vorbestrafte) Billy Six eigenen Aussagen zufolge von „Luft und Liebe“ lebe, in Deutschland also kein steuerpflichtiges Einkommen hätte, sei die Geldstrafe von 300 Euro auch angemessen. Hinzu kommen die Kosten für das Verfahren. „Wir müssen schon die Kirche im Dorf lassen“, kommentierte Fruth abschließend das Urteil.
Helmut Weigerstorfer
Anmerkung der Redaktion:
Wer zur Person Billy Six im Internet recherchiert, kann schnell den Eindruck gewinnen, dass es zu den primären Absichten des selbst-ernannten Journalisten (Journalist ist keine geschützte Berufsbezeichnung) gehört, nicht nur die etablierten Medien, sondern auch den Rechtsstaat und dessen freiheitlich-demokratische Grundordnung vorzuführen. In diversen, selbst-inszenierenden Videos und Berichten weißt er immer wieder auf das Fehlverhalten der Freyunger Stadtverwaltung und Gerichtsvertreter hin – und fordert unter dem Deckmantel des „freien Journalismus“ sein Recht auf freie Meinungsäußerung bzw. – wie im Falle des widerrechtlichen Aufenthalts in der Freyunger Asylbewerberunterkunft – sein Recht auf freien Zutritt zu gewissen Einrichtungen. Billy Six versucht offenbar immer wieder die Grenzen des Rechtsstaates auszuloten – eine Machart, die vor allem von Anhängern des rechten Spektrums praktiziert wird.
Als Vertreter einer Freien Presse (im Sinne der freiheitlich-demokratischen Grundordnung) distanzieren wir, die Redakteure des Onlinemagazins da Hog’n, uns hiermit klar und deutllich von Billy Six und all denjenigen, die mit AfD-Schildern für den „freien Journalismus“ vor den Amtsgerichten dieser Republik demonstrieren. Freier Journalismus lässt sich nicht instrumentalisieren.
da Hog’n
Werter Helmut Weigerstorfer, eine wirklich freie Presse ergreift nicht Partei. Vielleicht sollten Sie mal in die Journalistenschule gehen und den Unterschied von Meldung und Kommentar lernen.
Wenn überhaupt sollte die freie Presse den Mächtigen auf die Finger schauen … und nicht die Verurteilung Unschuldiger auf Kosten der Steuerzahler unterstützen.
Werter Thomas Bethke,
innerhalb des Berichts ist klar und für jeden erkennbar markiert, wo die neutrale Gerichtsberichtserstattung endet und wo Meinung beginnt – zum einen aufgrund der Autorennennung, zum anderen aufgrund der Zeile „Anmerkung der Redaktion“.
Darüber hinaus würde ich Sie gerne zu einem persönlichen Gespräch einladen, dabei können wir gerne diskutieren, was freie Presse ist. Unsere Kontaktdaten dürften ja bekannt sein.
Viele Grüße
Helmut Weigerstorfer
Werter Herr Weigerstorfer,
Bezug nehmend auf Ihre Mitteilung möchte ich Ihnen sagen, dass ich von einer freien Presse Neutralität erwarte. Warum müssen Sie Ihre Leser überhaupt agitieren? In unserem Staat hat jeder das Recht, sich eine eigene Meinung zu bilden. Das heißt: Bleiben Sie bei der Berichterstattung.
Und dazu noch eine Frage: Worauf fußen eigentlich Ihre Recherchen? Haben Sie den Herrn Six mal selbst gesprochen? Wohl kaum, wenn man sich die Behauptungen anschaut.
Hallo Herr Bethke,
vielen Dank für Ihren Kommentar.
Meiner Meinung nach ist es die Aufgabe eines Journalisten, sowohl sachlich von gewissen Dingen zu berichten als auch – mit deutlicher Kennzeichnung – kommentierend auf manche Ereignisse zu blicken.
Und wie es bei einem Kommentar üblich ist, spiegelt er meine subjektive Meinung wider. Dass diese vielleicht zu Kontroversen führt, ist mir durchaus bewusst.
Viele Grüße
Helmut Weigerstorfer
Tatsächlich wurde die Trennung von Nachricht und Kommentar sehr schön eingehalten, das fiel mir sogar positiv auf, gerade weil es bei Tagesschau, Spiegel etc kaum noch gemacht wird.
Heißt der Typ wirklich so? Der Name „Billy Six“ klingt halt irgendwie arg nach schlechtem Pseudonym und vielleicht auch irgendwie nach Pornostar wenn man die Assoziationen mal laufen läßt… Der Richter findet ihn anscheinend „voll natzi“ oder sowas. Was aber erstmal bewiesen werden müßte. Was sind die präzisen Vorwürfe? Egal, der Typ ist tatsächlich journalistisch tätig. Ob man ihn mag oder nicht. Sowas darf juristisch keine Rolle spielen. Er sagt, er will recherchieren und meldet sich anscheinend ordnungsgemäß an. Wo ist der Hausfriedensbruch erfüllt? Warum darf er nicht da hin, wo er will und wo ist das Problem? Was ist, wenn ich als Anwohner hinlaufe und etwas anschauen will? Friedlicher Kontakt ist immer gut und nie schlecht. Wir sind hier ja echt net in der DääDääRöö. Oder?
Aus meiner Sicht kann es grundsätzlich nur von Vorteil für die Gesellschaft sein, wenn Journalisten vor Ort in Flüchtlingsheimen, insbesondere in solchen, die an private Firmen ausgelagert wurden, recherchieren.
Der Sicherheitsdienst einer solchen Einrichtung ist dazu da, die Ordnung und Sicherheit innerhalb der Institution aufrecht zu erhalten, und nicht Journalisten daran zu hindern, sich ein Bild zu machen.
Ebenfalls nicht, wie in anderen Videos mit Herrn Six zu erkennen, den Insassen etwa schon im Vorfeld die Kommunikation mit Journalisten zu untersagen, oder sie gar aktiv (außerhalb des Heims) daran zu hindern.
Herr Six (der übrigens tatsächlich so heißt) mag sich vielleicht nicht als ausgebildeter oder studierter Journalist erweisen und auch für eine Zeitung mit nicht 100%ig einwandfreiem Ruf arbeiten (was, salopp gesagt, auch z.B. für die Mitarbeiter der ‚Bild‘ gelten kann), es ist aber einerseits hier eine schwer nachvollziehbare Abneigung gegen seine „Berichterstattung“ ortbar, und andererseits, von öffentlicher Seite, eine Tendenz zur Warnung an alle, doch ihre Nase nirgendwo tiefer hineinzustecken, zu bemerken.
Wo doch im Grunde diese Art Journalismus, wenn auch vielleicht nicht angenehm für einige, etwas Positives ist, das unterstützt werden sollte. Daher kann ich auch nicht ganz verstehen, dass dieser Herr Six, wenn er sich im Eingangsbereich des Heimes aufhält, „den Rechtsstaat und dessen freiheitlich-demokratische Grundordnung“ vorführt, indem er das sehr zweifelhafte Verhalten der Behördenvertreter ihm gegenüber beschreibt.
Man könnte fast polemisch unterstellen, dass sich seit Wallraff der Konsens darüber, was Journalismus kann/darf/soll, nicht unbedingt zum Besseren entwickelt hat, obwohl die Nennung dieses Namens in einem Absatz mit Herrn six wohl auch zuviel der Eher wäre.
Ergänzend möchte ich noch festhalten, dass es für mich zumindest verständlich ist, wenn man die Nähe des Herrn Six zur AfD über die „Junge Freiheit“ als fragwürdig empfindet. So geht es bei mir in AT vielen mit der FPÖ und dem BZÖ und diesen nahestellenden Personen (auch Journalisten). Die Grenze zwischen Nähe und Instrumentalisierung ist aber nicht immer leicht zu ziehen. Ein von Rechtskonservatinen aufgezeigter Missstand ist nicht automatisch zu ignorieren, nur weil er von Leuten dieses Lagers ans Tageslicht gebracht wird.
Jedenfalls geht es aber bei der Untersuchung, die Herr Six durchführen wollte, soweit ersichtlich, nicht um die üblichen rechtspopulistischen Klischees, sondern um die Verwendung von öffentlichen Geldern.
Wie kommt man überhaupt dazu einen angeblichen „Hausfriedensbruch“ in Bezug zu AfD zu stellen? Beurteilt man auch andere Verfahren nach der parteilichen Ausrichtung einer Person? Was hat dies mit einem Fall zu tun, man könnte ja gleich genau so gut nach der religiösen Glaubenseinstellung bewerten, oder nach der Haarfarbe und Schuhgröße. Was jedoch auffällt ist die traurige Tatsache, dass man einen Journalisten mit SPD- oder CSU-Ausrichtung wohl niemals vor einen Richter gebracht hätte.
Der Schreiber des Artikels hält von journalistischer Neutralität offensichtlich absolut nichts und ist auch nicht fähig für eine objektive Beurteilung des Vorgangs, der doch wohl eher an eine echte bayerische Justizposse darstellt.
Sehr geehrter Herr Doderer,
den Bezug zur AfD hat der selbsternannte „Journalist“ Billy Six schon selbst hergestellt, indem er organisierterweise mit AfD-Vertretern vor dem Gerichtsgebäude zur inszenierten Demo erschien.
Uns die Fähigkeit zur neutralen Berichterstattung abzusprechen, nur weil Sie anderer Meinung sind, ist hanebüchen. Wir waren vor Ort mit dabei und berichteten darüber, was sich vor Ort abgespielt hat – dass die Vergangenheit eines Billy Six ebenfalls miteinfließen muss in die Berichterstattung, damit sich der Leser ein allumfassenderes Gesamtbild verschaffen kann, ist unserer Meinung nach unbedingt notwendig.
Dass sich Herr Six gerne inszeniert, dürfte seit der jüngsten Aktion nun noch offensichtlier sein als bisher: http://meedia.de/2016/08/03/anzeige-wegen-hausfriedensbruch-luegenpresse-schreier-ueberfallen-correctiv-redaktion/
„Und dazu noch eine Frage: Worauf fußen eigentlich Ihre Recherchen? Haben Sie den Herrn Six mal selbst gesprochen? Wohl kaum, wenn man sich die Behauptungen anschaut.“ – Ich glaube Sie ebenso wenig. Kritik an diesem Vorgehen ist berechtigt, aber der Artikel ist meiner Ansicht nach nicht so neutral bzw. objektiv wie sie es klassifizieren. Spätestens wenn Sie dazu eine Gegenquelle gefunden hätten, wäre der Artikel vermutlich differenzierter ausgefallen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass das eigene Weltbild in verschiedenen Artikeln durchaus erkenntlich ist.