Grafenau. Er lockte die berühmtesten Leinwand-Persönlichkeiten der 1950er und 60er Jahre vor seine Linse, fotografierte Stars wie Romy Schneider, Audrey Hepburn, Gina Lollobrigida, Brigitte Bardot, Peter Ustinov, Rock Hudson und Charlton Heston am Filmset – und blieb dennoch weitgehend unbekannt: Über den 1980 verstorbenen Fotografen Herbert Fried (*21.6.1926), der die Schauspielgrößen meisterhaft mit seiner Kamera einfing, sind Informationen sehr rar.
„Es war wie eine große Wundertüte – wir waren wie magnetisiert“
„Trotz intensiver Recherchen konnten wir nicht viel über ihn in Erfahrung bringen. Sein Name wird in Interviews, etwa mit Filmproduzent Wolfgang Rademacher in Bezug auf ein Engagement von Elke Sommer genannt – oder mit Regisseur Helmut Dietl in Zusammenhang mit der Fotografenrolle von Dieter Hildebrandt in den Filmen ‚Kir Royal‚ und ‚Zettl‚“, erzählt Markus Pühringer, Geschäftsführer der in Grafenau ansässigen Designagentur Atelier & Friends. Dort waren Fotos des ehemaligen Starfotografen per Zufall gelandet. Fried hatte einen Teil seiner Aufnahmen einem Freund, dem Opernsänger Klaus Hoins aus Hannover, vermacht, der das Erbe als Urlaubsgast in Niederbayern an die fotografiebegeisterte Margarete Eder, die heute in Tiefenbach (Lkr. Passau) zu Hause ist, weitergab.
„Ich habe die Kartons in eine Ecke gestellt – und erst Jahre später durch einen Kontakt mit Atelier & Friends wieder hervorgeholt“, erinnert sich Eder – und Markus Pühringer ergänzt: „Es war wie eine große Wundertüte, als wir die Kartons mit den Fotos öffneten. Was da ans Tageslicht kam, begeisterte uns. Wir waren wie magnetisiert von den Motiven, die zum Beispiel Alain Delon mit Romy Schneider beim Spaghettiessen in Paris zeigten, einen erschöpften aber lachenden Charlton Heston bei Dreharbeiten zu Ben Hur – oder Audrey Hepburn mit Gary Cooper bei einer Brotzeit am reichlich gedeckten Biertisch. Unsere Euphorie hielt an – und so haben wir uns schließlich entschlossen, diese einzigartigen Dokumente, die eine große Zeit des internationalen Films noch einmal neu beleuchten, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.“
„Sind stolz, dass wir diesen Schatz heben durften“
„Zunächst führten wir mit Klaus Hoins Gespräche, um mehr über den Starfotografen zu erfahren. Dann haben wir wochenlang mehrere Kartons voller unsortierter Fotos, Schwarzweiß-Abzüge, Negative und Dias gesichtet, gescannt und archiviert“, erinnert sich Atelier-Projektleiter Horst Reimann. Das Ergebnis: Für Herbert Fried und 197 seiner Aufnahmen wurde unter www.herbfried.com ein umfangreicher Internetauftritt realisiert.
„Wir sind sehr stolz, dass wir diesen Schatz heben durften und mit der Homepage etwas von der Freude zurückgeben können, die uns zuteil wurde“, sagt Pühringer und fügt hinzu: „Vielleicht gelingt es uns durch diesen Webauftritt auch, dass sich Menschen bei uns melden, die Herb Fried kannten und uns mehr über ihn oder die Aufnahmen erzählen können.“ Die seltenen Zeitdokumente können im angeschlossenen Online-Shop als Fine Art Prints oder als hochwertige Baryt-Abzüge erworben werden. „Ich bin mir sicher, dass die faszinierenden Motive nicht nur Fans von Leinwandstars begeistern werden.“
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Informationen über Herbert Fried aus Gesprächen mit Klaus Hoins, dem ehemaligen Opernsänger und Freund von „Herbie“ Fried, den er Ende der 1950er Jahre in Berlin kennen gelernt hatte.
Bei einem Abendessen im Hause seines Ex-Schwiegervaters, Inhaber des damals renommierten Berliner Textilfachhandels „Wegena“, ist Klaus Hoins Herbert Fried zum ersten Mal begegnet. Fried war beauftragt, die neue Bademoden-Kollektion zu fotografieren, unter anderem mit Elke Sommer als Model. Auch das bekannte Jugendmagazin „Bravo“ belieferte Herbert Fried regelmäßig mit Bildern. Er war nie fest angestellt, sondern zeitlebens freiberuflich tätig – und nach Auskunft Klaus Hoins wenig geschäftstüchtig: „Dazu war Herbert zu sehr Künstler.“
Weil sein Vater in guter Position – vermutlich als Produzent – bei einer etablierten Filmproduktionsgesellschaft arbeitete, gelang Herbert Fried der Einstieg ins Filmgeschäft. Er durfte an den Sets fotografieren und kam in Kontakt mit den Leinwand-Stars der damaligen Zeit. So akribisch er bei der Arbeit war, so umtriebig war Herbert Fried im privaten Bereich: Klaus Hoins beschreibt seinen Freund als überaus gesellig, stets gut aufgelegt und begnadet im Geschichten- und Witze-Erzählen. Das machte ihn zum gern gesehenen Gast auf Partys und Gesellschaften – sowohl privater Natur als auch im einst berühmtesten Szene-Lokal in der Wilmersdorfer Straße in Berlin, wo bevorzugt Schauspieler und Filmleute einkehrten.
Herbert Fried war mit Aufträgen reichlich eingedeckt. Dass er meist pünktlich am Set erschien, war diverse Male Klaus Hoins geschuldet: „Herbert fuhr einen klapprigen Käfer, der auf dem Weg zu seinen Terminen regelmäßig liegen blieb.“ Diverse Male sprang der Freund in die Bresche bzw. in den dicken BMW seines Schwiegervaters und chauffierte den Fotografen zum Dreh. Für „Ben Hur“ sogar bis nach Rom.
Fasziniert von Italien und der „Ewigen Stadt“, gab Herbert Fried seine Berliner Wohnung auf und richtete sich im Stiefelstaat ein. Dass er dem „dolce vita“ dort verfallen war und unzähligen Signorinas auch, vermag Klaus Hoins nur schmunzelnd zu quittieren. Die Frauen bewunderten Herbert Fried, er sie noch viel mehr. Verheiratet war der Fotograf nie, von Kindern oder anderweitig noch lebenden Verwandten ist nichts bekannt.
Im Dunkeln liegen auch die Jahre nach den 1960ern, als sich die Wege der beiden Freunde zunächst gabelten und schließlich trennten. Klaus Hoins weiß nur, dass Herbert Fried an Krebs starb. 54-jährig am 8. November 1980. Vermutlich in London (Anmerkung: Tatsächlich befindet sich sein Grab auf einem römischen Friedhof).