Bodenmais. Ein Ehepaar aus dem Landkreis Regen soll im Frühjahr dieses Jahres mehrere Gegenstände aus dem stillgelegten Hotel „Füllhorn“ in Bodenmais entwendet haben. Dafür mussten sie sich am vergangenen Dienstag am Amtsgericht Viechtach in einer dreistündigen Verhandlung verantworten. Beide haben das Hotel bis vor kurzem als Inhaber noch selbst geführt – und waren auch Besitzer des Gebäudekomplexes. Da das Ehepaar jedoch Insolvenz anmelden mussten, wurde das Haus vergangenes Jahr zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben. Den Zuschlag dafür erhielt ein Unternehmer aus Regen, der das Hotel nun als Unterkunft für Asylbewerber nutzt. Kern der Debatte blieb über den gesamten Verhandlungszeitraum die Frage, ob die Angeklagten dazu berechtigt waren, die Gegenstände mitzunehmen.
Unterschied: Gegenstände mit Zubehörcharakter und Privateigentum
Am 5. Februar 2015 machten sich die Eheleute auf den Weg zu ihrem ehemaligen Hotel, um einige persönliche Unterlagen zu holen. Dabei wurden weitere Gegenstände vorgefunden, welche die Angeklagte im Laufe der Jahre für den Hausgebrauch gekauft hatte. Bei den Sachen handelte es sich unter anderem um Salatschüsseln, Spitzkerzen und mehrere Flaschen Wein. Diese waren im Erdgeschoss des Gebäudes in Kisten gestapelt abgestellt. Kurzerhand habe die Angeklagte beschlossen, diese mitzunehmen. Eine Handlung, die ihr und ihrem Mann wenig später zum Verhängnis werden sollte. „Ich habe all diese Sachen von meinem eigenen Geld gekauft“, wehrte sie sich vor Gericht gegen den Vorwurf des Diebstahls.
Das Gesetz unterscheidet nämlich hinsichtlich des Inventars einer zwangsversteigerten Immobilie zwischen Gegenständen mit Zubehörcharakter und Privateigentum. Sobald Gegenstände – auch vorher privat eingebrachte – für den Hotelbetrieb in irgendeiner Weise genutzt werden, fallen diese unter Zubehör, erklärte der als Zeuge geladene Zwangsverwalter.
Bereits mit dem Zuschlag würden diese Gegenstände somit in das Eigentum des Erstehers übergehen. „Ich beschlagnahme nicht nur das Haus, sondern auch das Zubehör“, sagte dieser. Anders verhalte es sich mit privaten Gegenständen. Sowohl die Angeklagte als auch ihr Ehemann behaupteten, dass ihnen nicht bewusst gewesen sei, dass sie eine Straftat begehen. „Was die Gesetzeslage anbelangt, sind wir doch nur Laien“, beteuerte der Ehemann. Zumal berichteten sie davon, dass ihnen mehrmals von verschiedenen Seiten versichert worden sei, als Waren deklarierte Gegenstände mitnehmen zu dürfen.
Bereits früher habe es wegen größeren Gegenständen – wie zum Beispiel eines vom Angeklagten gekauften Fitnessgeräts – hitzige Debatten zwischen dem Ehepaar und dem Zwangsverwalter gegeben. Dieser hatte von ihnen Kaufbelege gefordert, die beweisen sollten, dass es sich dabei um privat erstandene – und nicht für den Hotelgebrauch verwendete Gegenstände handele. „Mit der Zeit wurde für jedes einzelne Teil ein Kassenbeleg verlangt. Diese hatten wir jedoch nicht mehr, weil die Sachen bereits vor vielen Jahren gekauft wurden“, erklärte der Ehemann. Die Frage der Richterin, ob ihnen in keinster Weise bewusst gewesen sei, dass sie dabei etwas Unrechtes getan haben könnten, verneinte die Ehefrau.
„Ich habe damals in einer Ausnahmesituation gehandelt“
Insbesondere die Tatsache, dass dem Käufer des Gebäudes zu diesem Zeitpunkt zwar bereits der Zuschlag in Aussicht gestellt worden sei, er diesen jedoch noch nicht endgültig offiziell erhalten hatte, habe den beiden Ex-Hotelbetreibern den Eindruck vermittelt, dass immer noch sie selbst Eigentümer der Immobilie sind. Tatsächlich würde jedoch schon mit der bloßen Zuschlagsverkündung – und nicht erst mit dem endgültigen Beschluss – das Eigentum auf den neuen Eigentümer übergehen, wie ein weiterer Zeuge, der für die Durchführung des Zwangsversteigerungs- und -verwaltungsverfahrens zuständig war, erklärte. Entlastend für das Ehepaar wirkte sich letztlich die Vermutung aus, sich nicht ausreichend über die rechtlichen Konsequenzen des Handelns bewusst gewesen zu sein. Auch der geringe Sachwert der entwendeten Gegenstände wurde dabei berücksichtigt.
Sowohl Staatsanwalt Robert Wunderer als auch Richterin Ingrid Götte bezogen die mildernden Umstände mit ein, weshalb es für das Ehepaar bei einer Verwarnung blieb. Die verhängte Strafe von 30 Tagessätzen wurde somit für ein Jahr auf Bewährung ausgelegt. Die Bemühungen der Angeklagten, aufgrund ihrer finanziell ohnehin schon prekären Lage einen Freispruch zu erwirken, um nicht auch die Verfahrenskosten tragen zu müssen, blieben hingegen erfolglos.
„Wer so in ein Verfahren involviert ist wie Sie, dem dürften auch die Wirkungen eines Zuschlags bekannt sein“, äußerte sich die Richterin. Dies könne nicht unberücksichtigt bleiben. Im Handeln der Angeklagten sehe sie eine spontane Tat – aus purer Verzweiflung. Auch etwaige psychische Probleme der angeklagten Ehefrau wurden vor Gericht angesprochen. „Ich habe damals durchaus in einer Ausnahmesituation gehandelt“, gestand diese. „Wir haben alles verloren“, fügte ihr Ehemann klagend hinzu.
David Salimi