Zwiesel. Etwas überraschend war sie doch, die Entscheidung des Zwieseler Stadtrates, das Hotel Deutscher Rhein nun nicht zu kaufen – obwohl man sich im März schon positiv dazu geäußert hatte. „Das war eine rein politische Entscheidung gegen eine positive Entwicklung der Stadt Zwiesel“, kritisierte Bürgermeister Franz Xaver Steininger damals gegenüber dem Onlinemagazin „da Hog’n“. Doch warum hat die Mehrheit der Stadträte letztendlich gegen den Kauf des „Deutschen Rheins“ gestimmt? Wir haben bei den Fraktionsvorsitzenden der im Stadtrat vertretenen Parteien – CSU, SPD, FW, Grüne und PWG – nachgefragt.
Walter Unnasch, CSU-Fraktionsvorsitzender:
„Innerhalb der Fraktion gab und gibt es unterschiedliches Abstimmungsverhalten. Entgegen den Behauptungen sogenannter parteifreier Gruppierungen und Mandatsträger gab und gibt es bei uns keinen Fraktionszwang. Jeder von uns respektiert vorbehaltslos die persönliche und eigenveranwortliche Entscheidung jedes einzelnen Stadtratsmitgliedes. Daher geht die ständig geäußerte Kritik des Bürgermeisters, die Parteien würden immer nur politisch entscheiden, ins Leere und stellt bewusst demokratische Entscheidungsprozesse in Frage. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass der „Deutsche Rhein“ von einem Privatinvestor gekauft wurde, welcher der Stadt größtmöglichst Mitspracherecht bei der späteren Nutzung einräumt. Wir werden Willi Wittenzellner in jeder Beziehung unterstützen.
Meine rein persönliche Meinung dazu: Die Behauptung des Bürgermeisters – „Das war eine rein politische Entscheidung gegen eine positive Entwicklung der Stadt Zwiesel“ – ist rein hypothetisch und entbehrt jeglicher belastbaren Entscheidungsgrundlage. Er unterstellt wie in letzter Zeit leider üblich, dass Stadträte gegen ihre Überzeugung rein politisch entscheiden. Auch ein Bürgermeister sollte ein derart ausgeprägtes Demokrativerständnis aufbringen, dass es Stadtratsmitglieder gibt, die anderer Überzeugung sind und ihnen nicht unterstellen, absichtlich gegen die Zukunft der Stadt zu handeln. Steininger bezeichnet sich gerne als parteifrei, handelt aber ständig als eigene Partei, weil er Entscheidungen entgegen seine Meinung nur als „rein politisch“ bewertet und kritisiert.
„Die Vorstellung, wie man dahin kommt, ist unterschiedlich“
Sicher ist: Der gesamte Stadtrat ist für eine positive Entwicklung der Stadt. Die Vorstellungen, wie man dahin kommt, sind unterschiedlich. Nach neun Wochen Zeit der Überlegung und Anmahnung beim Vorbehaltsbeschluss keine Vorstellung über eine spätere Nutzung zu entwickeln, ist keine Entscheidungsgrundlage. Die positive Entwicklung der Stadt ist von vielen Faktoren und vor allem von der Einbindung der Bürger abhängig. Dieser Prozess ist noch nicht einmal offiziell andiskutiert. Ein Gebäude nur anzukaufen und dann hoffentlich in ein bis zwei Jahren weiterzuverkaufen, dazwischen aber die Unterhaltskosten zu tragen, ist höchst spekulativ. Sowas lässt unsere Haushaltslage nicht zu. Zu viele dringende Aufgaben wie Neubau Feuerwehrhaus, Stundentakt Bahn, Radwegschluss B 11, Breitbandausbau, Dachsanierung Hallenbad, Abschluss Westtangente, Kindergartendefizit und so weiter sind zu bewältigen.
Ich akzeptiere aber auch die Meinung der Befürworter, die dieses das Ortsbild prägende Gebäude für die Stadt sichern wollten, um später auf eine Nutzung größeren Einfluss nehmen zu können und das Risiko, es nicht wieder loszuwerden, gering einschätzen.“
Sigrid Weiß, Grünen-Fraktionsvorsitzende:
„Warum einige Stadträte ihre ursprüngliche Meinung geändert haben, das kann die Fraktion der Grünen nicht beantworten. Wir können jedoch unsere Gründe nennen, weshalb wir schon immer gegen den Kauf des Deutschen Rheins waren und auch weiterhin sein werden:
Die Gemeindeordnung legt durch die sogenannte Subsidiaritätsklausel aus gutem Grunde fest, dass die Kommune nicht in Konkurrenz mit privaten Unternehmen auftreten darf. Diese Vorschriften sollen bezwecken, dass sich die öffentliche Hand auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentriert und keine mit der Unternehmertätigkeit am Markt verbundenen Risiken eingeht.
„Das kann dem Zwieseler Steuerzahlen nicht zugemutet werden“
Zum Zeitpunkt der ersten Beschlussfassung war bekannt, dass mehrere private Interessenten vorhanden waren und für welchen Zweck das Anwesen gekauft werden sollte stand beziehungsweise steht überhaupt noch nicht fest. Der Bürgermeister konnte außer vagen Ideen, zur weiteren Verwertung des Objekts kein Konzept vorlegen. Ein Kauf ins Blaue hinein, mit sehr starken Risiken bezüglich einer zukünftigen Nutzung behaftet, nur damit andere private Investoren nicht zum Zuge kommen, kann den Zwieseler Steuerzahlern, vor allem im Hinblick auf die angespannte Finanzlage, aus Sicht der Grünen Stadträte nicht zugemutet werden.“
Hans-Peter Marx, FW-Fraktionsvorsitzender:
„Es ist ein Markenzeichen der Freien Wähler, in ihren Entscheidungen frei und unabhängig, ohne Fraktionszwang zu entscheiden.
Meine ganz persönliche Meinung: Der letzte Absatz im Hog’n-Artikel ist der Knackpunkt, warum Planungen und Projekte immer wieder scheitern. Es existiert kein Vertrauen zwischen Stadtrat und Bürgermeister. Dies liegt aber nicht am Stadtratsgremium. Der zeitliche Ablauf beziehungsweise die Punkte, welche bis zur endgültigen Entscheidung abgearbeitet hätten werden müssen:
- Verabschiedung eines Nachtragshaushaltes
- Besichtigung des Objektes
- Gespräche mit Denkmalschutz, auch mit dem Stadtrat
- Genehmigung durch die Finanzbehörde
- Erstellung eines groben Nutzungskonzeptes
„Es hätten viele Dinge besprochen werden müssen“
Keiner dieser Punkte wurde geregelt. Die Billigung der Finanzbehörde ist mittlerweile eingetroffen. Am 15. Juni sollte dann laut Tagesordnung im Hauptausschuss und im Stadtrat über den Kauf entschieden werden. In den über zwei Monaten hätten viele Dinge besprochen und diskutiert werden müssen – dies ist aber nicht geschehen. Ein Gebäude anzukaufen mit dem Ziel, es baldigst wieder weiter zu veräußern, ist sehr riskant.
Hierbei muss man sich in Zwiesel immer bewusst sein, welche vordringlichen Aufgaben anstehen. Auf der Liste stehen unter anderem Neubau Feuerwehrhaus, Stundentakt Bahn, Sanierung und Ausbau Hallen-Freibad, Breitbandausbau, Weiterbau und Abschluss Westtangente, Kindergartendefizit und so weiter. Und das bei der prekären Finanzlage. Die oben beschriebene Vorgehensweise stellt keine Grundlage für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Sinne einer positiven Stadtentwicklung dar.“
Ludwig Steckbauer, PWG-Fraktionsvorsitzender:
„Die Parteifreie Wählergemeinschaft war seit jeher für einen Erwerb des „Deutschen Rheines“ – und hat auch dementsprechend abgestimmt. Warum die anderen Stadtratsmitglieder nach der doch positiven Signale im März nun doch einen Kauf nicht zugestimmt haben, verstehe ich überhaupt nicht. Meiner Meinung nach haben viele Ratsmitglieder bereits jetzt den Wahlkampf im Hinterkopf. Deshalb soll dem derzeitigen Bürgermeister einfach nicht zu viel gelingen, was Zwiesel voranbringt. Es geht nicht um das Wohl der Stadt. Vielmehr soll Bürgermeister Steininger schlecht dastehen und so bei den nächsten Wahlen in zwei Jahren keine Chance haben. Der Erwerb des Deutschen Rheines wäre ein deutliches Ausrufezeichen gewesen. Denn so hätte signalisiert werden können, dass sich in Zwiesel was entwickelt.
Die Argumentation der anderen Fraktionen, ein entsprechendes Nutzungskonzept hätte gefehlt, ist eine Ausrede – typisch SPD, typisch CSU. Es geht im Zwieseler Stadtrat leider nicht um die Sache an sich, sondern um die Partei-Politik.“
Alfred Zellner, SPD-Fraktionsvorsitzender:
„Ich möchte nichts weiter dazu sagen, nicht weiter Öl ins Feuer gießen, nicht nachtarocken.“
Helmut Weigerstorfer
Wenn Willi Wittenzellner dieses Objekt gekauft hat, steht das zukünftige Konzept für das Gebäude ja eh schon fest, oder? :)