St. Oswald. Ja, doch, er war spürbar: Der Geist der Annäherung und des Zusammenwachsens. Und all diejenigen Menschen, die sich im Waldgeschichtlichen Museum in St. Oswald zur Verleihung des „Preises der Hoffnung und der Verständigung“ einfanden, haben ihn ebenso gespürt und miterlebt – 70 Jahre nach dem Ende des Krieges und 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hat sich vieles getan in Sachen grenzüberschreitendem Miteinander. Die Kreisverbände der Grünen aus Freyung-Grafenau und dem Böhmerwald hatten deshalb geladen, um einmal mehr engagierte Menschen zu ehren, die nicht als Politiker im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stehen und sich uneigennützig und dauerhaft für ein besseres Zusammenleben zwischen Tschechen und Bayern eingesetzt haben. In diesem Jahr wurden Heinrich Vierlinger, Reiseführer aus Freyung, sowie der Historiker und Kurator des Regionalmuseums in Český Krumlov (Krumau), Magister Ivan Slavik, ausgezeichnet. Ihr Einsatz in ökologischer, sozialer bzw. kulturelle Hinsicht verdiene besondere Anerkennung.

Dana Kuchtová: „Das Wichtigste sind die persönlichen Kontakte“
Die Anfänge des Preises der Hoffnung und der Verständigung gehen zurück auf eine bilaterale Regionalkonferenz, die Mitte der 90er in Prachatice abgehalten wurde. „Damals ist die Idee geboren, Menschen, die sich um das Zusammenwachsen der tschechischen und der bayerischen Seite verdient gemacht haben, zu ehren“, erklärte Gastgeber Hans Madl-Deinhart, Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Landkreis Freyung-Grafenau. Gestiftet wurde der Preis 1995, weil die Mitglieder der beiden politischen Grünen-Kreisverbände hüben wie drüben unzufrieden mit den Fortschritten der Versöhnungspolitik der offiziellen Landesvertreter waren, so Madl-Deinhart. „Sie wollten aufzeigen, dass auf beiden Seiten der deutsch-tschechischen Grenze viele Menschen bereits gute Nachbarschaft, kulturellen Austausch und gute Zusammenarbeit pflegen.“ Seit 1995 wurde der Preis zehn Mal übergeben – am vergangenen Sonntag, 3. Mai, nun also zum elften Mal.

„Menschen wie Sie sind es, die die ersten zarten Pflänzchen der Kontakte in einer Weise zum Wachen und Blühen gebracht haben, dass wir uns heute auf dem sehr guten Wege zu einer gemeinsamen regionalen Identiät sehen dürfen“, wandte sich Grünen-Landesvorsitzender Eike Hallitzky an die Preisträger Vierlinger und Slavik. Das tatsächliche Zusammenwachsen werde, so Hallitzky weiter, insbesondere von jenen getragen, die nicht täglich im Rampenlicht stehen, „die sich im Verborgenen engagieren“.
„Das Wichtigste sind die persönlichen Kontakte, ohne die das Miteinander nicht funktionieren würde“, lobte auch Dana Kuchtová, ehemalige tschechische Bildungsministerin, das Engagement der Preisträger im Besonderen sowie all derer, die sich für den Abbau von geistigen wie physischen Grenzen einsetzen, im Allgemeinen.
„Persönlickeit, die international denkt, handelt und wirkt“

In ihrer Laudatio bezeichnete Kuchtová Kurator Ivan Slavik als „Persönlichkeit, die bereits das ganze Leben lang international denkt, handelt und wirkt“. Den Preis habe er sich schon längst verdient – „auch wenn er mit der Parteipolitik nichts zu tun haben möchte“. Slavik gab sich bescheiden und kommentierte in nahezu akzentfreiem Deutsch: „Meine Aufgabe ist die Annäherung.“ Und ans bayerisch-tschechische Publikum gewandt: „In dieser Gesellschaft werde ich mich immer gut und wohl fühlen.“
Bezirkstagspräsident und Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich, dessen Ausführungen vom 2005er-Preisträger Egon Urmann ins Tschechische übersetzt wurden, nannte wiederum Heinrich Vierlinger einen „Reiseleiter par excellence“, der unermüdlich im Sinne der bayerisch-tschechischen Beziehungen arbeite und zu den wenigen Menschen in der Region gehöre, die den Austausch derart intensiv pflegen.

Alois Seidl, ehemaliger KEB-Vorsitzender und aktueller Geschäfsführer des Kulturkreises Freyung-Grafenau, der als erster im Jahr 1995 den Preis der Hoffnung und der Verständigung verliehen bekam, schlug bei seiner Laudatio in die gleiche Kerbe: „Mit dem Preisträger verbinden mich jahrzehntelange unvergessliche Erfahrungen und Erlebnisse. Wenn jemand der Inbegriff in vielerlei Hinsicht grenzüberschreitender Verständigung ist, dann trifft dies auf Heinrich Vierlinger zu.“ Die Sprache sei die Grundvoraussetzung für einen nachhaltigen Austausch, für eine intensive menschliche Begegnung, so Seidl. Dem stimmte der Geehrte, der fließend Tschechisch spricht, zu – und ergänzte im Sinne von Burt Lancaster: „Solange man neugierig ist, kann einem das Alter nichts anhaben.“ (–> Alois Seidls Laudatio über Heinrich Vierlinger im Wortlaut)
Stephan Hörhammer
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