Mpumalanga/Passau/Straßkirchen. Es riecht im ganzen Haus nach Essen – aus der Küche hört man Geschirr scheppern und Töpfe klirren. Im Esszimmer bereitet sich Unruhe aus. Es wimmelt von Menschen, Stimmengewirr ist zu vernehmen. Alle unterhalten sich angeregt, einigen fallen die Augenlieder schon zu – aber die meisten sind gut gelaunt und voller Vorfreude auf das, was sie erwarten wird. Auf das Land, die Menschen, die Kultur – alles ist neu und aufregend. Dann kommt das Essen – endlich! Ihnen läuft das Wasser im Mund schon zusammen….
„Die Afrikaner sind viel offener, als wir“
„Da haben wir zum ersten Mal erfahren dürfen, was südafrikanische Gastfreundschaft bedeutet. Einfach mal schnell 26 hungrige Erwachsene bekochen – und auch noch voller Freude“, erzählt Franziska Eber. Die 22-Jährige aus Straßkirchen bei Salzweg war Teil der Reisegruppe, die sich von Passau aus auf den Weg nach Johennesburg in Südafrika gemacht hat. Dort ist sie am 28. März dieses Jahres schließlich gelandet – und hat sich sogleich auf den Weg nach Witbank (offizieller Name des Ortes lautet: eMalahleni) in die Provinz Mpumalanga gemacht. Gut zwei Wochen haben sie sich dort aufgehalten und mit angepackt -„überall dort, wo wir eben gebraucht wurden“.
Bei der Reisegruppe setzte sich aus den Pfadfindern des DPSG-Dözesanverbandes Passau zusammen, die im Rahmen ihres Südafrika-Austausches Z’Ubunti in die Provinz Mpumalanga gereist ist. „Der Begriff ‚Z’Ubunti‘ besteht zum einen aus ‚Ubuntu‚, was so viel bedeutet wie ‚Miteinander‘, und zum anderen aus dem bayerischen z‚ – wie beispielsweise in z’Minga“, erläuert Franziska die Bedeutung des Namens. Sie ist bereits seit fünfzehn Jahren Mitglied bei den „Pfadis“ und bei den verschiedensten Aktionen immer noch mit Leib und Seele dabei – so hat sie natürlich auch an diesem Austausch teilgenommen. „Gott sei Dank“, findet sie. Denn: So eine aufregende Reise hat sie noch nie erlebt…
„Unser Ziel war es, zu helfen und die Kontakte aufzufrischen“
Vor acht Jahren haben die Pfadfinder des Diözesanverbandes Passau Witbank zum ersten Mal besucht und dort mit Jugendlichen den Stamm „1st Passau“ gegründet. 2007 waren dann erstmals südafrikanische Mitglieder des Stammes in Passau zu Gast – auch bei Franziska und ihrer Familie. Darum war es der Gruppe nun ein besonderes Anliegen, den Kontakt aufzufrischen, weshalb sie während ihres Aufenthaltes am südlichen Zipfel Afrikas ein gemeinsames Zeltlager veranstaltet haben. Außerdem stand auf dem Programm: die Mithilfe beim Bau eines Chorhauses, die Anpflanzung eines Gemüsegartens in Elohim, dessen Erlös in den Bau einer neuen Schule investiert wird. „Meine Projektgruppe ist in Witbank geblieben und hat dort einen Vormittag mit Kindern gestaltet, die Zäune der Schule in Kwaguqua gestrichen und eine kleine musikalische Aufführung in einem Altenheim veranstaltet“, berichtet Franziska.
„Zusammen geht alles viel einfacher“
Erlebt hat die Straßkirchenerin so einiges: „Das kann ich gar nicht alles in Worte fassen, das waren oft auch nur Eindrücke“. Ein Konzert einer christlichen Rockband in einer Kirche etwa habe sich zu einem richtigen Gottesdienst entwickelt. „Der Priester hat mit einer Begeisterung gepredigt – der hat alle mitgerissen“. Am liebsten denkt sie jedoch an die Projektzeit zurück. Die Kontakte zu den anderen Pfadfindern waren schnell hergestellt und sie hatten viel Spaß. „Jede Arbeit, die wir in Angriff genommen haben, war gemeinsam gleich so viel einfacher“, schildert Franzsika. Neben den Projekten stand auch das typische „Touri-Programm“ an – „endlos lange im Auto sitzen und unglaublich viel anschauen.“ Da war man abends einfach nur noch kaputt. „Und im Auto, wo man echt viel gesehen hätte, sind wir regelrecht eingeschlafen“, gesteht die 22-Jährige mit einem Lachen.
Giraffen, Nilpferden, Alligatoren, Impalas bis hin zu Löwen, die um ihren Jeep spaziert sind – auch das war Südafrika. „Das ist so ein wahnsinnig schönes Land – das kann man mit seinen Augen gar nicht alles wahrnehmen“, schwärmt sie. Neben dem Krüger-Nationalpark sind sie auch die Panorama Route entlanggefahren und konnten die Blyde River Canyon, die Bourke’s Luck Potholes und die Mac Mac Falls besichtigen. „An unserem letzten Abend haben wir ein Grillfest für die Pfadfinder des 1st Passau organisiert, um uns so für die unglaublich gastfreundliche Aufnahme zu bedanken.“
„Da läuft nichts wie geplant. Aber das tut auch mal gut“
Die fremde Kultur empfand Franziska als angenehm – „es ist entspannend, wenn nicht alles durchgeplant ist“. Denn das haben sie in Südafrika auf jeden Fall gelernt: „Auch bei strikten Plänen läuft dort nicht immer alles wie besprochen.“ Bei einem Gespräch über die Heiratspolitik der schwarzen Südafrikaner sei es darum gegangen, dass diese ihre Frauen noch immer kauften – „da wird noch richtig gehandelt“. Auch herrsche in dem Land noch sehr viel Kriminalität und Armut in der Bevölkerung – „das ist etwas, das werde ich nie vergessen“. Franziska: „Wir haben die Gewalt zwar nicht am eigenen Leib zu spüren bekommen, aber für die Kinder ist es bereits normal, über Kriminalität zu reden – und beim Spielen geht es bei ihnen ganz häufig um Diebstahl. Das geht einem schon nahe.“
„Die Auswirkungen der Arpatheid spürt man noch“
„Was man tatsächlich immer noch spürt“, erklärt Franziska, „sind Auswirkungen der Rassentrennung. Es ist oft so, dass Schwarze nur schwarze Freunde haben und die Weißen im Reichenviertel wohnen. Ich habe nicht direkt die Erfahrungen gemacht, dass wir als Weiße als die ‚Bösen‘ angesehen werden – so ist es nicht. Im Gegenteil: Als wir einmal nach Hause zu unserer Gastfamilie gegangen sind, waren jede Menge Leute auf der Straße – es soll Glück bringen, wenn man einen Weißen sieht, heißt es. Meine Gastschwester hat auch gemeint, dass sie durchaus weiße Freunde habe, aber dass diese sie nie zu Hause besuchen würden. Die Kleinkinder, die wir betreut haben, waren alle schwarz. Und in dem Altenheim, in dem wir gesungen haben, waren alle weiß – bis auf zwei Putzfrauen.“ Auf die Frage hin, was denn eine typische südafrikanische Nachspeise sei, „habe ich als Antwort eine Gegenfrage bekommen: von Schwarzen oder Weißen?“, verrät Franziska.
Trotz alledem konnte sie sowohl mit schwarzen und mit weißen Afrikanern Freundschaften schließen und hat viele schöne Momente erleben dürfen. Eindrücke, die sie nicht missen möchte. „Es war eine so unglaubliche Erfahrung und ich habe so viel erlebt – dass muss ich erst alles verarbeiten. Aber ich würde sofort wieder mitfahren!“
Magdalena Resch