Straubing/Freyung. Vogelwuid und vogelfrei – des is da Vogelmayer. Thomas Mayer aus Straubing spricht bzw. singt gerne Klartext, will mit seinen Liedern gesellschaftliche Missstände anprangern und die Leute zum Nachdenken anregen. Auf Niederbairisch natürlich, wie es sich für einen echten „Gaibod’n-Biffé“ gehört.  Sein neues Bühnenprogramm Spiegelbilder ist „politisch-zeitkritischer Singsang verbunden mit gesellschaftskritischem Musik-Kabarett“, wie er’s im Hog’n-Interview selbst beschreibt. Außerdem berichtet da Vogelmayer über seine Einstellung gegenüber Liedermacher Hans Söllner, gegenüber den „Großkopfaden“ und gegenüber Bayerns größtem Drogenfestival…

So ganz ernst gemeint ist die Botschaft auf dem Zettel wohl nicht. Da Vogelmayer ist in diesem Jahr auf großer „Spiegelbilder“-Tour. Fotos: www.vogelmayer.de

„So wie ich die Dinge sehe, so benenn‘ ich sie auch“

„Spiegelbilder“ heißt Dein mittlerweile drittes Album. Warum hast Du Dich für diesen Titel entschieden?

Spiegelbilder-Tour 2015
Macht auf seiner „Spiegelbilder“-Tour auch in Freyung Halt: da Vogelmayer.

Es ist nicht immer einfach einen passenden Titel für ein Album zu finden (lacht)… Ich will den Leuten freilich einen gewissen Spiegel vorhalten. Und ich denke, dass der Name für das, was ich so mache, also politisch-zeitkritischer Singsang verbunden mit gesellschaftskritischem Musik-Kabarett, ganz gut passt.

Werbung
       

„Vogelmayer – a wuida Bayer ausm Woid, der sogt, wos eam net basst, ganz eiskoid“ lautet eine Textzeile in Deinem Song „Howedere“. Das entspricht schon auch dem, wie Du Dich selber siehst?

Ja genau. So wie ich die Dinge sehe, so benenn‘ ich sie auch. In meinem Dialekt natürlich, weil Hochdeutsch kann ich nicht (lacht). Ich will mich da auch nicht verbiegen. Und wer meine Texte verstehen möchte, der versteht sie – auch wenn ich gerade in Schwaben oder in Franken singe. Das Kabarett-Element, das gesprochene Wort also zwischen den Liedern, versuche ich dann schon auch mal auf Hoch-Niederbairisch vorzutragen… Und wenn doch mal jemand eine Zeile nicht verstehen sollte, dann ist’s auch nicht so schlimm…

„Lieber in Deutschland unter Merkel als in Russland unter Putin“

In Deinem Lied „Wähl ma!“ werden unter anderem auch die „Großkopfad’n vo da CSU“ a bisserl aufs Korn genommen. Wie lange werden denn Deiner Meinung nach die „Großkopfad’n“ in Bayern noch am politischen Ruder sitzen?

Werbung
       
VM15
Hat viele Gesichter: Der Straubinger Thomas Meyer alias „Vogelmayer“ (33).

In Ermangelung an guten Alternativen vermutlich noch längere Zeit… Aber ich will politisch niemandem vorschreiben, was er wählen soll. Ich selbst würde mich eher als Spaß-Wähler bezeichnen, der sich alle vier Jahre neu orientiert. Generell finde ich, als aktiver Demokrat und Bürger, es sehr wichtig, wählen zu gehen… und mit der CSU geht es uns in den vergangenen Jahren ja auch nicht wirklich schlecht. Ich kann recht gut in Bayern, in und mit diesem System, leben. Wie gesagt: Es müsste halt auch erst einmal jemand kommen, der’s besser macht… Die Frage ist auch: Was ist der Politik geschuldet, dass es uns eigentlich ganz gut geht – und was irgendwelchen gesellschaftlichen Aspekten bzw. der Mentalität der Menschen? Da greift ja auch vieles ineinander… Dass die Leute in Bayern nicht so aufgeschlossen sind wie in Berlin, das ist halt einfach mal so – und muss nicht unbedingt etwas mit der Politik zu tun haben…

Politikverdrossen bist Du also (noch) nicht?

Nein, gar nicht. Ich bin nicht gegen unsere Politiker. Wir sind ein großes Land mit vielen Einwohnern und vielen unterschiedlichen Meinungen; wir sind nicht so leicht zu regieren wie Österreich oder die Schweiz. Ich möchte mich auch immer a bisserl von diesen Stammtischmeinungen distanzieren, die sagen, dass Angela Merkel unser Geld den Griechen in den Rachen schmeißt. Die Thematik ist ja viel komplexer. Und dafür, dass es so komplex ist, wird das Problem meiner Meinung nach eh nicht mal so schlecht gelöst. Ich sag’s mal so: Ich lebe lieber in Deutschland unter Merkel als in Russland unter Putin. Es ist nicht alles perfekt bei uns, aber wir haben ein gut funktionierendes Sozialsystem und die bestfunktionierendsten Menschenrechte der Welt. Wir haben es geschafft, unser moralisches Wertesystem in die Gesellschaft miteinzubauen – und die Politik steht hier voll dahinter. Das ist ja eigentlich gar nicht so schlecht. Vieles relativiert sich sehr schnell, wenn man andere Länder betrachtet.

„Das Programm ist vogelwild politisch und gesellschaftskritisch“:

https://youtu.be/XeWhifWcEoM

Nochmal: Politikverdrossenheit herrscht bei mir nicht. Ich würde mich deshalb nicht explizit hinstellen und über irgendwelche politischen Figuren schimpfen. Klar: Den einen oder anderen mal aufs Korn nehmen, mal ’nen Spaß machen, das gehört dazu. Das ist ja auch recht populär, wenn Du in einem Wirtshaus auftrittst und einen Witz über Angela Merkel machst. Das gefällt den Leuten, logisch. Aber ich verteufele jetzt keine Politiker aus Prinzip – weil das der Sache nicht gerecht wird.

Als Künstler möchte man sich von Hans Söllner emanzipieren

Du singst: „Die Geschichte wiederholt sich nicht, sie bleibt nur gleich.“ Eine nicht uninteressante Aussage. Heißt ja, dass der Mensch aus den Fehlern der Geschichte nichts lernt – oder wie siehst Du das?

Es gibt gewisse Dinge, die sich ständig wiederholen. Leider. Der Mensch lernt anscheinend sehr langsam sehr wenig. Zumindest so langsam, dass es fast wie ein Stillstand, wie ein Nicht-Lernen wirkt.

„Da Vogelmayer explodiert“ erinnert vom sehr zornig-derben Sprachduktus und vom Gitarrenspiel her im besonderen Maße an Hans Söllner. Wie siehst Du das?

asdfasdf
„Mich unterscheidet vieles von Hans Söllner, aber es gibt auch einige Gemeinsamkeiten.“

Mich unterscheidet vieles von Hans Söllner, aber es gibt auch einige Gemeinsamkeiten. Eine ist die, dass wir beide nicht wirklich gut Gitarre spielen können: ein paar Akkorde, a bisserl Zupfen, das war’s (lacht). Zornig komm ich deshalb in dem Stück rüber, weil ich auf der Platte gerne auch einen politischen Kracher haben wollte, der die Botschaft transportiert: ‚Kruzefix, Leid! Schaug’ts doch amoi de Welt an – des kann’s doch einfach net sa!‘ Es herrschen große Missstände in der Welt, über die wir nicht nachdenken – wollen. Die wir einfach so verdrängen…

Orientierst Du Dich denn an Hans Söllner in irgendeiner Weise?

Als junger Mensch hab ich freilich seine Musik gehört. Mittlerweile distanziere ich mich jedoch von ihm, weil man sich als Künstler in Bayern auch emanzipieren möchte von einem Hans-Söllner-Image. Weil bairisch singen, bairisch sprechen und Gitarre ist in Bayern nun mal gleichzusetzen mit dem Namen Hans Söllner.

Du findest es also eher doof, wenn man Dich mit Hans Söllner vergleicht?

Man gewöhnt sich irgendwie dran. Und irgendwie ist es doch auch ganz schön, wenn man mit jemanden verglichen wird, der – ich will jetzt nicht sagen, das Maß aller Dinge ist, aber der in Bayern eben mit der Liedermacherei am ehesten verknüpft wird.

„Gäubodenfest, eines der größten Drogenfestivals in Bayern“

Aber als Söllner-Abklatsch möchtest Du nicht bezeichnet werden.

VM7
„Ich komme ja aus Straubing, da gibt’s das Gäubodenfest, eines der größten Drogen-Festivals in Bayern…“

Nein, auf gar keine Fall. Ich denke, wenn man eins meiner Konzerte besucht, wird man sehr schnell feststellen, dass ich eigentlich ganz was anderes mache. Ich schimpfe nicht über die heimischen Politiker, sondern ich greife eher internationale Missstände auf. Ich versuche meine Themen auch mit etwas mehr Niveau zu besetzen – wobei das ja natürlich auch immer Geschmacksache ist. Ich will mich jetzt auch nicht zu stark über den Hans Söllner auslassen, aber: Wenn er vor Jugendlichen erzählt, sie sollen Marihuana rauchen, dann find‘ ich das nicht in Ordnung. Er soll lieber sein öffentliches Gewicht für sinnvollere Dinge einsetzen. Die Radikalisierung in der Welt, die mangelnde Bildung, die Umweltverschmutzung – das sind die Probleme, die uns irgendwann einholen werden. 150 Rechte, die in Dresden rumspazieren, werden uns langfristig nicht zum Verhängnis werden. Da gibt’s schon noch globalere, schwerwiegendere Probleme.

„Da Huber Sepp“ handelt vom übermäßigen Alkoholkonsum und seine Folgen, von Dir auf witzige Weise dargestellt. Wie kam’s zu dem Song?

Eine nicht allzu ernst gemeinte, unpolitische Nummer, die das Spektrum auf der Platte erweitern soll. Klar kann man auch hier einen gewissen gesellschaftskritischen Aspekt des manchmal doch sehr übertriebenen Alkoholkonsums in unseren Breitengraden hineininterpretieren. Ich komme ja aus Straubing, da gibt’s das Gäubodenfest, eines der größten Drogen-Festivals in Bayern… (lacht). Ich geh‘ da ja selber ganz gerne hin, bin dann auch fast jeden Tag dort vertreten… Aber wie gesagt: Da Huber Sepp hat eben musikalisch gesehen einen besonderen Drive – und kommt auch bei Starkbier-Festen gut an.

Dann wünschen wir Dir Alles Gute weiterhin!

Interview: Stephan Hörhammer


Dir hat dieser Artikel gefallen und du möchtest gerne Deine Wertschätzung für unsere journalistische Arbeit in Form einer kleinen Spende ausdrücken? Du möchtest generell unser journalistisches Schaffen sowie die journalistische Unabhängigkeit und Vielfalt unterstützen? Dann dürft ihr das gerne hier machen (einfach auf den Paypal-Button klicken).


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert