München/Passau/Waldkirchen. Am Samstag, 18. April, wird um 20 Uhr im ScharfrichterHaus in Passau der Saal beben. Die Funk-Band „STABIL“ ist zu Gast in der Dreiflüssestadt – und für ein Mitglied der neunköpfigen Formation wird dies ein ganz besonderer Abend werden: Stephan Handel, Trompeter der Münchner Gruppe, aufgewachsen in Waldkirchen und Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, tritt zum ersten Mal in Passau auf, wo er mehr als 25 Jahre gelebt und gearbeitet hat. Dann wird das, was er als junger Musiker nicht geschafft hat, Wirklichkeit: ein Gig im legendären ScharfrichterHaus. Welche Art von Musik sich genau hinter „STABIL“ verbirgt, warum er und seine Bandkollegen auf der Bühne keine Seminararbeit abliefern wollen – und warum eine Teilnahme am Grand Prix kein erklärtes Karriere-Ziel ist, verrät der 51-Jährige im Gespräch mit dem Hog’n.
„Trompete spielen ist eine Lebenseinstellung“
Stephan: Du hast lange Jahre in Passau gewohnt. Wann und wieso bist Du nach München gegangen?
Das war 2001 – und der Grund war, dass mir die Süddeutsche Zeitung ein Angebot gemacht hat – das lehnt man als Journalist natürlich nicht ab. Meine Kinder leben allerdings immer noch in Passau – ich glaube, sie werden ihren alten Vater am Samstag zum ersten Mal live auf der Bühne erleben. Ansonsten ist das, was der Job vom Leben übrig lässt, sehr bürgerlich – mit den kleinen Fluchten in die Rockmusik.
Du hast Dich im Laufe Deines Lebens irgendwann einmal für die Trompete entschieden – wann und warum?
Neun Jahre war ich alt, da fragten mich meine Eltern, ob ich nicht ein Instrument lernen möchte – und ich sagte sofort und ohne nachzudenken: Ja, Trompete. Seitdem bin ich Trompeter. Oder vielleicht war ich’s ja vorher schon. Trompete spielen ist nämlich eine Lebenseinstellung.
Du spielst in der Band „STABIL“. Wer seid Ihr? Warum gibt es Euch? Und welche Art von Musik macht Ihr?
Es gibt uns, weil wir einfach Bock haben, Musik zu machen. Wir stehen zu neunt auf der Bühne, mit vier Bläsern, da geht dann eine ganze Menge: James Brown, Maceo Parker, Stevie Wonder, Tower of Power, aber auch, wenn’s jazziger werden soll, zum Beispiel die Brecker Brothers. Und in Richtung Rock rüber haben wir dann nicht nur Amy Whinehouse, sondern ein paar richtig heftige Kracher in unserer eigenen Interpretation, die man so auch noch nicht gehört hat.
„Wir wollen auf der Bühne unseren Spaß haben“
Was unterscheidet Euch denn von anderen Funk-Bands? Und warum muss man Euch unbedingt einmal live erlebt haben?
Das ist ja teilweise eine hochkomplexe und auch technisch anspruchsvolle Musik – trotzdem wollen wir nicht auf der Bühne stehen, als müssten wir eine Seminararbeit abliefern, sondern auch unseren Spaß haben. Und das überträgt sich dann so gut wie immer aufs Publikum: Eigentlich haben wir noch jeden Saal zum Tanzen gebracht. Außerdem natürlich unsere eigenen Nummern – Funk mit meist bayerischen Texten, das gibt’s ja auch nicht alle Tage.
Hörprobe gefällig? Stabil mit ihrem Song „Tief & Dreckig“:
„STABIL“ ist auch Mitbegründer eines Musikfestivals. Wie oft und wo tretet Ihr auf?
Das ist das M-Funk, ein dreitägiges Festival, das heuer zum dritten Mal stattfindet, vom 24. bis zum 26. Juli im Giesinger Bräu, unter anderem mit Ecco di Lorenzo and his Innersoul. STABIL selbst tritt für eine Band dieses Kalibers wahnsinnig oft auf – vergangenes Jahr waren’s an die 25 Konzerte – und heuer werden es hoffentlich nicht weniger sein.
Wie bekannt seid Ihr Eurer eigenen Einschätzung nach in der Münchner bzw. ostbayerischen Musikszene?
Also, hier in Oberbayern haben wir schon bald alles durchgespielt, in München natürlich eh, aber auch von Traunstein und Weilheim über Kempten, Augsburg, Landsberg bis ins Fünf-Seen-Land. Jetzt wollen wir auch mal weiter weg und hoffen, dass der Gig im Scharfrichter der Startschuss ist für weitere Auftritte in Ostbayern.
„Ein Auftritt im ScharfrichterHaus ist schon was Besonderes“
Was bedeutet es für Dich, wieder in Passau zu spielen?
Ich hab ja wahnsinnig viel gespielt in und um Passau, mit Blasmusik angefangen, dann auch Symphonisches, Domorchester, mehr als zehn Jahre bei New Sway and Friends, noch mal so lange bei der Becks Band. Aber tatsächlich ist es mir nie gelungen, mal im ScharfrichterHaus aufzutreten. Von daher ist es schon was Besonderes – vor allem, wenn ich daran denke, wie viele Weltstars ich dort schon gehört habe – Charly Antolini und Albert Mangelsdorff etwa, um nur zwei zu nennen. Und jetzt darf ich selbst da auf der Bühne stehen. Das wird schon ein emotionaler Moment sein.
Du hast in Deiner Passauer Zeit viele regionale Musikgrößen wie etwa Elmar Sammer von Landluft kennengelernt. Warum könnte ein „Musik-Land-Ei“ wie er auch in jeder Münchner Großstadt-Band mitspielen?
Mei, da Elmar. Das ist so einer… Aber es gibt natürlich auch andere großartige Musiker rundrum, der Trommler Stefan Spatz fällt mir grad noch ein, oder Andi Stockbauer, der Gitarrist. Alle Musiker, die gut werden, eint, dass sie sich nicht zufrieden geben – dass sie nicht aufhören zu üben, zu lernen, interessiert zu sein. In Niederbayern wie in der Großstadt hat’s so Schülerbands, die glauben, sie sind die Größten, weil sie einmal das Jugendzentrum mit ihren Kumpels ausverkauft haben. Aus denen wird dann aber auch nicht mehr. Das Problem in der so genannten Provinz ist, dass oft die Vergleichsmöglichkeiten fehlen.
In München hast Du halt jeden Tag die Weltspitze zu Gast – und daran orientieren sich dann auch die ernsthaften Musiker, was die Qualitäts-Latte für alle höher legt, auch für die, die’s letztendlich nur zum Spaß machen. So gesehen, bin ich schon ein bisschen stolz, dass eine so tolle Band wie STABIL mich als Trompeter ausgesucht hat. Am Anfang war das wirklich so: Wow, ich darf tatsächlich bei den großen Jungs mitspielen. Mittlerweile stehe ich manchmal auf Bühne und bin selbst begeistert von der wahnsinnigen Energie, die diese Band produziert. Und deshalb müssen am Samstag alle ins Scharfrichter kommen und zuhören.
„Die Band produziert eine wahnsinnige Energie“
Stefan Dettl ist ein äußerst begnadeter Trompetenspieler. Wann ist Stephan Handel bereit für die große Show-Bühne? Wann dürfen wir ihm beim Grand-Prix zujubeln?
Oh mei. Jetzt hab ich ja wirklich schon alles gemacht in meinem Musikerleben, Symphoniekonzerte im Frack, das Oktoberfest in der Lederhosn, ich hab in Frankreich gespielt und in Amerika und in irgendwelchen verranzten Kneipen am Ende vom Nirgendwo, wo Du Dir denkst: Wenn die Erde eine Scheibe wäre, würde hier das Geländer stehen. Und ich sag’s euch: Die besten Gigs sind nicht immer die, wo 7.000 Leute unten stehen. Manchmal ist’s besser und macht mehr Spaß, vor 50 guten Leuten zu spielen. Mit STABIL haben wir einen, na ja, heimlichen Plan: Wir möchten es irgendwann mal schaffen, dass die Leute wegen uns die Muffathalle vollmachen. Ob die Teilnahme am Grand Prix ein Karriere-Ziel ist, weiß ich jetzt nicht. Sollte es so sein, würde ich aber eher aussteigen…
Dann hoffen wir, dass am Samstag im Scharfrichter die Leute zahlreich erscheinen und bedanken uns für das Interview. Weiterhin viel Erfolg und Spaß !
Interview: Magdalena Resch
–> Karten für das STABIL-Konzert am Samstag, 18. April, gibt’s hier (einfach klicken)