Lacken/Wegscheid. Was ein Hog’n ist, dürfte mittlerweile vielen Waidlern (und auch Nicht-Waidlern) bekannt sein – in einigen Gemeinden des Unteren Bayerwoids geht er ja auch heute noch um, wie etwa in Lichtenau oder in Ahornöd bei Freyung. Im kleinen Örtchen Lacken bei Wegscheid existiert diese altehrwürdige Form der Nachrichtenübermittlung ebenfalls noch: Hier werden die aktuellen „Dorf-Njus“ auch per Holzstück von Haus zu Haus weitergegeben – jedoch nicht per Hog’n, sondern per „Habstecka“. Diesen kann man durchaus mit dem Hog’n vergleichen- zumindest erfüllt er diesselbe Funktion. Was es genau mit dem „Habstecka“ nun auf sich hat, erklärt die 80-jährige Erna Resch, eine waschechte Lackingerin.
Erna Reschs Mann Fritz war einst der Initiator für den Habstecka
Seit etwa 60 Jahren gibt es den Habstecka im Dorf Lacken nun. Ebenso in den umliegenden Dörfern Meßnerschlagerweide, Kramerschlag und Meßnerschlag – in letzterem hat er dereinst seinen Ursprung im Wegscheider Raum genommen. Der Habstecka ist ein längliches, geschliffenes Stück Holz, an dessen Spitze eine Furche eingeritzt ist, in die man den Zettel mit den Neuigkeiten steckt. Befestigt wird das Blatt Papier mit einem Holzkeil – „damit’s da Wind net davowach’ld“, wie Erna Resch weiß. Am anderen Ende des Stockes ist eine Schnur angebracht, damit man ihn an die Haustür hängen kann.
Begonnen hat alles mit einem Vorschlag von Erna Reschs verstorbenen Mann Fritz im Meßnerschlager Gemeinderat: Er setzte sich dafür ein, dass alle wichtigen Nachrichten, die das Dorf betreffen, von Haus zu Haus weitergereicht werden – also „umgehen“ – sollen. Am einfachsten wäre dies in Form eben jenes Habsteckas umzusetzen. Ein Stück Holz, Zettel rein, fertig. Und genauso ist es dann auch gekommen.
„… dass de Leid erfahren ham, wann’s denn des Fleisch gibt“
Auch heute noch wird der Nachrichtenstock vom Hause Resch aus auf den Weg gebracht: Erna Resch bringt ihn zu ihren Nachbarn, die den Stecka, nachdem sie dessen Inhalt eingängig studiert haben, wiederum an die Nachbarstür hängen – bis er schließlich wieder bei ihr zu Hause angekommen ist. Jeder hat also seinen Nebenmann, an den er den Habstecka weitergibt. „Damit is‘ g’sichert, dass olle Leid im Doaf de Neiigkeit’n griang“, berichtet Erna Resch. Doch weil das Weitergeben manchmal nicht ganz so tadellos funktioniert, hat die 80-Jährige gleich vier Stück des geschnitzten Holzes bei sich gelagert – damit sie nicht auf dem Trockenen sitzt, wenn eine neue Melde-Runde eingeleitet wird.
Früher, erzählt Erna Resch, hatte der Habstecka die Funktion, „dass im Falle einer Notschlachtung vo de Viecha aaf oam vo de umliegenden Bauernhöf‘ de Leid erfahren ham, wann’s denn des Fleisch gibt“. Dieser Tage ist diese Art von Nachrichten nicht mehr auf dem Zettel zu finden. Die Zeiten haben sich geändert. Termine für Versammlungen oder Ausflüge des Schützen- oder Jagdvereins oder fürs Kaffeekranzerl werden heutzutage in Umlauf gebracht. „Aa in am Todesfall geht da Habstecka umma. Do miass’n ja de Leid informiert werd’n, wann Beerdigung is und wann ma se zan Bet’n drifft.“
Bevor Fritz Resch den Habstecka eingeführt hatte, ging immer jemand von Haus zu Haus und teilte den Leuten mündlich mit, was es denn so Neues gibt. Diese Art der Verbreitung von Neuigkeiten wurde auch „Eisong“ (Einsagen) genannt. Häufiger kam es vor, dass vom Einsager niemand zu Hause anzutreffen war – ein Problem, das mit der Einführung des Habsteckas gelöst werden konnte.
„A schäne oeda Brauch, der des Dorf a bisserl zamrucka losst“
Woher denn der Begriff Habstecka genau komme, kann sich Erna Resch nicht so recht erklären. Der Wortteil „Hab“ könnte jedoch von „haben, halten“ kommen. Und „Stecka“ von „Stock“. Klingt irgendwie logisch. „Z‘ Anfang war des aa koa Stecka net, sondern einfach a Stickl Hoez, wo ma den Zettl reig’steckt hod. Da hod des aa no Schdewö (= ein Stück unbearbeitetes Holz – Anm. d. Red.) g’hoassn. Mittlerweile is‘ a Stecka, weil’s ehs hoed aa schä g’schnitzt und g’schliffa ham des Hoez.“
Erna Resch ist froh, dass es den Habstecka immer noch gibt, weil dieser ihrer Meinung nach „a schäna, oeda Brauch is‘, der des Dorf a bisserl zamrucka losst“. Es sei ja auch kein großer Aufwand, einmal im Monat zum Nachbarn zu gehen und den Habstecka vorbeizubringen, ist die 80-Jährige überzeugt. „Wei do geht dann ab und zua aa na a Ratsch zamm.“ Ob da Habstecka eine Zukunft hat, daran will die Lackingerin nicht so recht glauben. „De junga Leid ham heid andere Möglichkeiten“, sagt sie. „Wos ja scho iagendwie schod is…“
Magdalena Resch
Kennt Ihr auch noch Gegenden, in denen es einen Hog’n, Habstecka oder ähnliche Instrumente der Nachrichtenübermittlung gibt? Schreibt uns Eure Erfahrungen! Entweder per Email an info@hogn.de oder gleich hier in die Kommentarleiste.