Rehberg. A sauwana Leberkaas, a koide Hoiwe und a krachade Blehmuse – da Sepp liebt die bayerische Gemütlichkeit mit all ihren Facetten. Böse Zungen könnten behaupten, dass das wohl typisch ist für einen Endsechziger im Bayerischen Wald, nichts Besonderes also. Auch der Name Josef, in unserem Landstrich oft einfach nur „Sepp“ oder „Beppi“ genannt, ist mehr als geläufig. Erst auf den zweiten Blick wird man etwas stutzig. Denn: Josef „Sepp“ David (englische Aussprache) ist ein Farbiger. Der 67-Jährige ist gebürtiger Nigerianer, erst mit 24 Jahren ist er nach Deutschland gekommen. Nach mehr als vier Jahrzehnten im Woid fühlt er sich in Rehberg in der Gemeinde Grainet mehr als heimisch. Das wird auch an seiner Sprache deutlich. Zwar ist ein englisch-afrikanischer Einschlag nach wie vor erkennbar – es mischen sich aber immer wieder einige boarische Wörter drunter. Das Ergebnis: ein angenehmer, teilweise lustiger Duaranand. „Ich bin aa eher a Bayer wia a Deitscha“, sagt er und lacht.

Hat sein Glück in Rehberg im Bayerischen Wald gefunden: Der gebürtige Nigerianer Sepp David.

Josef David ist sesshaft geworden. Er hat das Fleckchen Erde gefunden, in dem er den Rest seines Lebens verbringen möchte. Das war nicht immer so. Als junger Mann, geboren im nigerianischen Ibadan, bekommt er Fernweh. Er möchte aber nicht nur Neues sehen und die Welt erobern, sondern vor allem studieren. Nicht in Armut leben wie viele seiner Landsleute, das war sein Ziel. Aus diesem Grund nahm er einiges auf sich – verließ die Heimat, die Familie, das vertraute Umfeld. „Eigentlich woid i Dogda wean“, erinnert sich der sympathische Afro-Waidler. „Doch letztlich hob i dann Maschinenbau studiert.“ Sein Ziel: Großbritannien. Letztlich blieb er aber in Deutschland – und später im Bayerischen Wald „hängen“.

„Er verliebt sich in die Waidlerin und deren Heimat“

Dass da Woid zu seiner Heimat geworden ist, hat mehrere Gründe. „Es is zum einen schwierig, für England a Visum zum griang“, erzählt der 67-Jährige. Zum anderen fand er in Deutschland – zuerst in München, später in der Gemeinde Grainet – sofort Gefallen an der Landschaft, an der Kultur und der Gemütlichkeit – und freilich auch an den Frauen. Vor allem eine gewisse Veronika aus Rehberg verdrehte dem Einwanderer den Kopf. Er verliebte sich nicht nur in die Waidlerin, sondern auch in deren Heimat. Ein starkes weibliches Argument also, in Deutschland zu bleiben. Wo die Liebe eben hinfällt…

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So klappte es mit einer reibungslosen Integration: „Wichtig ist es, sich anzupassen und sofort die Sprache zu lernen.“

Freilich hat seine damalige Freundin und jetzige Ehefrau – die Patchwork-Familie hat insgesamt sechs Kinder – mit dazu beigetragen, dass Josef David in seiner neuen Heimat schnell integriert wird. Doch auch der damals 24-Jährige wusste, worauf es ankommt. „Wichde war ma, sofort d’Rituale und d’Kultur kennenzulernen“, erinnert er sich. „Man muas se anpassn und d’Sprache leana.“ Autodidaktisch eignet er sich schnell die deutsche Sprache an. Gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass seine Muttersprache Yoruba ist, einer von vielen afrikanischen Dialekte. Eine nicht immer einfache Zeit für den jungen Mann. Ans Aufgeben dachte er aber nie. Er wusste, er musste diese eine Chance nutzen, um sich seine Träume verwirklichen zu können.

„Der Ton macht die Musik“

Ehrgeiz, Pünktlichkeit, Arbeitswilligkeit – mit den klischeehaft typisch deutschen Tugenden schaffte es Josef David letztlich, sich fernab seines Mutterlandes durchzusetzen. Ab und an musste er als Schwarzer den ein oder anderen erstaunten, fragenden Blick verkraften – ein Dunkelhäutiger ist eben eine „Nicht-immer-da-Situation“, wie er es nennt. Beleidigungen oder gar körperliche Angriffe hat es aber nie gegeben, „Gott sei Dank“. Eher das Gegenteil war der Fall. Josef David fühlt sich akzeptiert und integriert. Gerade jetzt, in Zeiten der vermehrt nach Deutschland kommenden Flüchtlinge, ist der 67-Jährige deshalb in gewisser Weise ein Vorbild. „Jeda Asylbewerber soi a Chance griang. Wichde für se is, das sa se a’pass’n – des is eara Hauptaufgab‘.“ Sepp David weiß, wovon er spricht. Es sind keine einfach so dahergesagte Floskeln, sondern Erfahrungsberichte. Wichtig sei ebenso folgender Leitsatz: „Der Ton macht die Musik. Stört oan ebbs, soll man das ruhig sagen – owa in ana angemessenen Art und Weise.“

Davids Leidenschaft ist die Blasmusik: „Ich bin a boarisch-behmischer Schwoaza“

Apropos Ton. „Ich bin a boarisch-behmischer Schwoaza“, sagt der gebürtige Nigerianer über sich selbst – und spielt dabei auf sein größtes Hobby an. Denn seit einigen Jahren ist er Mitglied der Graineter Blaskapelle. Anfangs als „Stand-By-Musiker“, seine selbstständige Tätigkeit als Maschinenbauingenieur führte ihn durch das komplette bundesdeutsche Gebiet, ist er mittlerweile nicht mehr aus der „Blehmuse“ wegzudenken. Wie sollte es auch anders sein, brachte er sich das Spielen auf dem Bariton selbst bei. Und dieses beherrscht er gar nicht mal so schlecht. Dirigent Martin Schönberger: „Da Sepp liebt die Blasmusik und auch deren Tradition. Hören wir neue Stücke, weiß da Sepp gleich die Melodie dazu. Trotz seiner 67 Jahre ist er noch sehr ehrgeizig.“ Der blasmusikalische Ritterschlag für den Afro-Waidler. Ob er sich das alles so vorgestellt hatte, als er 1971 Nigeria verließ? Wohl eher nicht. Umso schöner…

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„I leb‘ und denk‘ wia a Waidla“

Aber Afrika ist nicht nur in zeitlicher und geographischer Hinsicht weit weg, sondern inzwischen auch geistig. „I leb‘ und denk‘ wia a Waidla“, sagt Josef David über sich selbst. Mit seiner „riesengroßen“ Familie in seinem Heimatland Nigeria hat er regelmäßig Kontakt – per Telefon oder Internet. Ab und an besucht man sich auch gegenseitig. Ansonsten lockt ihn nur wenig zurück in die frühere Heimat. Er lobt vielmehr den Lebensstandard in Deutschland, die Ordnung sowie die Sauberkeit – und vor allem das Gesundheitssystem. „Als Diabetiker wiad ma do guad versorgt.“ Rückblickend hat Sepp David, der immer noch die nigerianische Staatsbürgerschaft hat, mit seiner Auswanderung alles richtig gemacht – auch wenn es mit einigen Schwierigkeiten und Herausforderungen verbunden war. Afrikanische Lebensfreude und bayerische Gemütlichkeit – des basst oafach zam!

Helmut Weigerstorfer


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0 Kommentare “„A boarisch-behmischer Schwoaza“: Da Sepp und sei Woid

  1. Lieber Herr David, lieber Beppi, Sie sind ein Mensch, der einfach sympathisch ist. Ich wünsche Ihnen und Ihrer Veronika, samt der ganzen Familie, alles erdenklich Gute und Schöne!!!
    Freundliche Grüße aus Mainz
    Irene Bathelt

  2. Genauso gehts Sepp ….Sich anpassen und de Sprach lerna ….. dann kemma miteinander aus…

    An scheena Gruaß und weiterhin ois erdenklich Guade …

  3. Eine wundere Geschichte. Danke, dass Sie uns Josef David vorgestellt haben.Ein wichtiger Satz in dem Artikel ist m.E.“Ans Aufgeben dachte er aber nie. Er wusste, er musste diese eine Chance nutzen, um sich seine Träume verwirklichen zu können.“ Wenn alle Einwanderer so denken würden gäbe es hier auch keine Probleme. So wie Sie ihn schildern, hätte es Herr David überall geschafft, wenn er eine Chance bekommen hätte. Das ist aber leider wegen der weit verbreiteten Vetternwirtschaft und Korruption in Afrika fraglich. Natürlich sind uns Menschen wie Herr David hoch willkommen,aber afrikanischen Regime sollten sich die Frage stellen, ob sie ihre besonders engagierten und leistungswilligen jungen Menschen die sie zum Aufbau des Landes brauchen, einfach auswandern lassen. Es sollte für die Regime ein Anlass zur Sorge sein, wenn die Staatsbürger zu Zehntausenden das Land verlassen. Die Flucht der Talente und innovativen Köpfen kommt den Ländern mittelfristig teuer zustehen. Der schmerzliche Aderlass in den ausblutenden Ländern bedeutet, dass sie noch weniger den Anschluß an das besser gestellte Europa finden werden. Der Kontinent verliert nicht nur seine wenigen Facharbeiter, Techniker, Ärzte, sondern auch engagierte und leistungswillige junge Menschen, die in ihrer Heimat nicht einmal das Minimum am Lebensunterhalt verdienen können. Volker Seitz, Botschafter a.D./Buchautor

  4. GROSSartig!!!

    und auch S,.E. Seitz hat recht…

    i häd da oach was zu den …

    wie denn nun:

    Afrikanern, Schwarzen oder auch Negern (also wie in Porta Nigra in Trier – seit 2,000 Jahren)

    in Nigeria (also bei den Yoruba)

    heissen wir ‚mal-bronzés‘:

    OYINGBO Peppe = die Farblosen, die wo keinen Pfeffer nicht

    essen können..,.

    und es gibt schlimmere Termini für uns: doch !

    Prof Penkelemess

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