Passau. Ziemlich genau ein Jahr ist es nun her, dass die Passauer Neue Presse in ihrer Aschermittwochsausgabe in unreflektierter Weise über die Zusammenkunft der NPD in Deggendorf berichtete. Eine Pressemitteilung der rechtsextremen Partei, ungeprüft und ohne Einordnungshilfe für den Leser übernommen – und genauso unkommentiert wie die Mitteilungen von Bund Naturschutz und Bayernpartei ins Blatt gehievt. Von „Bruder Braunabas“ war an prominenter Stelle zu lesen, der 80 Teilnehmer – darunter einschlägig bekannte Neo-Nazis – mit seiner Rede „amüsierte“. Die PNP verteidigte damals ihr Vorgehen. „Zum Aschermittwoch-Ritual gehöre es nun mal, über jedes Ereignis zu berichten“, wird der stellvertretende Chefredakteur Martin Wanninger in der Süddeutschen Zeitung zitiert. Den Vorwurf der Propaganda lasse er nicht gelten, da sich die PNP seit Jahren für ein NPD-Verbot ausspreche. Und dann das:
Per Ausschneid-Coupon zur kostenlosen Hetz-Broschüre
Jetzt, ein Jahr später, sorgte die niederbayerische Monopolzeitung am vergangenen Wochenende erneut für Unmut – und vor allem Verwunderung – bei großen Teilen der Leserschaft: mit einer halbseitigen Anzeige des als rechtsextrem eingestuften Vereins „Die Deutschen Konservativen e.V.“, prominent platziert auf der ersten Seite des Sportteils, zu sehen in allen PNP-Lokalausgaben von Altötting bis Zwiesel, von Simbach bis Bayerisch Eisenstein. Insidern zufolge soll die Anzeige, die über eine Werbe-Agentur der „Heimatzeitung“ zugesandt wurde, dem Auftraggeber mehr als 10.000 Euro gekostet bzw. der PNP eingebracht haben.
Titel der Anzeige, die sich sowohl inhaltlich als auch optisch im Fahrwasser der Pegida-Bewegung („Patrotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“) bewegt: „Der Koran im Klartext: Religion des Friedens?“ Dort heißt es unter anderem, dass sich der fundamentalistische Islam „Wort für Wort aus dem Koran ableiten“ ließe. Es ist von „Gut-Menschen“ die Rede, von „204 bitterbösen Koran-Versen, die sich gegen Nicht-Muslime – aber auch gegen ‚ungläubige Muslime‘ richten“. Zudem bietet die Anzeige den Lesern die Möglichkeit, eine kostenlose Broschüre zu bestellen – per praktischem Coupon zum Ausschneiden.
PNP-Chefredaktion zeigt sich „unglücklich“
Der Verein „Die Deutschen Konservativen e.V.“wurde 1986 gegründet und im Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 1995 als rechtsextrem eingestuft. Dessen Vorsitzendem, Joachim Siegert, ist von der Bundesregierung bescheinigt worden, „vornehmlich durch ultranationale und rechtsradikale Äußerungen in Erscheinung getreten“ zu sein. Siegerts Wikipedia-Eintrag zufolge hat er Sinti und Roma mehrmals als „übles und durchweg kriminelles Pack“ diskreditiert – und „Zigeuner pauschal als Untermenschen, Tiere und Heimsuchung dargestellt, verächtlich gemacht und in ihrer Menschenwürde angegriffen“. Und weiter: „Kritiker aus Publizistik und Politik werfen Joachim Siegerist vor, in seinen Schriften rechtsradikale, antisemitische und rassistische Positionen zu vertreten.“ Die Staatsanwaltschaft ist der Auffassung, dass es sich bei dem Vorsitzenden um einen „quasi gewerblichen Volksverhetzer“ handelt.
Wie unser Blog-Partner regensburg-digital.de recherchierte, trat in Hessen der stellvertretende CDU-Fraktionschef im Landtag, Hans-Jürgen Irmer, Ende Januar zurück, als er dieselbe Anzeige in seiner eigenen Zeitung veröffentlichte.
Auf Hog’n-Nachfrage nimmt die PNP-Chefredaktion dazu wie folgt Stellung:
„Die Chefredaktion ist unglücklich über die von der Anzeigenabteilung ohne Rücksprache mit der Redaktion angenommene Anzeige. Die Verantwortung für Erscheinen und Platzierung liegt bei der Anzeigenabteilung, die aus unserer Sicht – ungeachtet einer rechtlichen Bewertung – die Gesinnung des Auftraggebers nicht sensibel genug hinterfragt hat. Die Redaktion wird hier künftig auf mehr Sensibilität dringen und in ihrer Berichterstattung weiterhin alle Formen von Extremismus verurteilen.“
Am Mittwoch versammelte sich die politische Elite dieses Landes (und alle, die sich dafür halten), wie jedes Jahr in Niederbayern, um bei Fisch-Semmeln und Bier zu politisieren was die Phrasen hergeben. Da die NPD-Veranstaltung aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde, kam auch die PNP nicht in Verlegenheit, darüber zu berichten. Ein Glück…
Stephan Hörhammer
Zum Thema berichten auch:
–> SZ: Zeitung bedauert Druck islamkritischer Anzeige
–> BR: Hetze gegen Islam: Redaktion „unglücklich“ über Anzeige
–> NDR-TV-Magazin „Zapp“: „Die Anzeige der Woche“
–> SZ: Passauer Neue Presse: „Anonymer Brief belastet Verlegerfamilie“
–> regensburg-digital.de: „Kritik an PNP-Verlegerin: ‚Gewissenlos und kompetzenzfrei'“
Ausgerechnet! Sonst wird alles akribisch geprüft und das soll man nicht gemerkt haben? Für wie blöd halten die eigentlich die Leser?