Regen/Viechtach/Gotteszell. Die Fronten sind verhärtet, die Emotionen kochen hoch. Selten haben sich an einem Thema die Geister des Landkreises Regen mehr geschieden als bei der Reaktivierung der Bahnstrecke Viechtach-Gotteszell. Von einer „brutalst aufgeheizten Stimmung zwischen den Lagern“ spricht Regens Landrat Michael Adam, der sich deutlich für einen Probebetrieb stark macht. Von „Anfeindungen“ und „unverrückbaren, ja teils radikalen Haltungen“ innerhalb der Bevölkerung berichtet Rita Röhrl (SPD), die gegen die Wiederbelebung der in den 90er Jahren still gelegten Bahnstrecke ist. Ein Bürgerentscheid soll nun Anfang Februar für endgültige Klarheit sorgen. Dass es auch anders geht und die Diskussionen für und wider die Bahn – trotz unterschiedlicher Meinungen – durchaus sachlicher Natur sein können, haben Adam und Röhrl im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ gezeigt.

Gleiches Parteibuch, unterschiedliche Meinung: Regens Landrat Michael Adam und Teisnachs Bürgermeisterin Rita Röhrl.
Röhrl: „Nutzen, Lasten und Kosten stehen in keinem Verhältnis“
Frau Röhrl: Was haben Sie gegen die Wiederbelebung der Bahnstrecke Viechtach-Gotteszell?
Aus meiner Sicht trägt dies nicht zur Lösung der ÖPNV-Probleme im Landkreis Regen bei. Mit der Reaktivierung der Bahn wird nur der Endpunkt der Bahn um ein paar Kilometer nach hinten, also nach Viechtach, verschoben. Die durchgehende Verbindung ab Viechtach in Richtung Cham/Regensburg geht ja nicht mehr, weil die Gleisanlagen nicht mehr bestehen.
Diejenigen, die die Bahn nutzen müssen sind dann in erster Linie die Schüler, die dabei erhebliche Nachteile zu erwarten haben. Grundsätzlich ist das wirtschaftlichste Beförderungsmittel zu wählen. Den Schülern ist eine Wegstrecke zur Haltestelle bis zu drei Kilometer Entfernung zumutbar. Und bereits jetzt ist klar, dass damit ein großer Teil der Schüler an den Bushaltestellen vorbei bis zu drei Kilometer Fußstrecke zum Bahnhof zurücklegen muss.
Meiner Meinung nach stehen Nutzen, Lasten und Kosten in keinem Verhältnis zur Reaktivierung der Bahnlinie – im Vergleich zum ÖPNV, aufgebaut auf ein Bus-System.
Herr Adam. Was sagen Sie dazu?
Ich bin ganz klar für einen Probebetrieb. Ich habe aber das Gefühl – und seit einer Podiumsdiskussion Anfang November letzten Jahres in Viechtach gibt mir das persönlich sehr zu denken -, dass die Diskussion auf Seiten so mancher Bahn-Befürworter eine Dynamik und eine Emotionalität angenommen hat, die eine sachliche Auseinandersetzung so gut wie unmöglich macht.
„Fahr ihn bei offenem Fenster heim, damit er krank wird“
Bei der besagten Informationsveranstaltung habe ich mich, wie auch in der Vergangenheit, für einen Probebetrieb ausgesprochen – und wurde dennoch von Bahn-Befürwortern massiv angegangen. Was mir sehr zu denken gibt bei der ganzen Diskussion – und das habe ich bis dato in der Form noch nicht erlebt: Wenn man es nur wagt, etwa Teilaspekten oder bestimmten Behauptungen der Bahn-Befürworter zum Beispiel in punkto Schülerbeförderung zu widersprechen, und sagt, dass ein Probebetrieb neben Vorteilen sehr wohl auch Nachteile mit sich bringt, wird man von bestimmten Bahn-Aktivisten angeschrien, ausgebuht und niedergebrüllt. Dass nach der Kreistagssitzung im Dezember in Viechtach ein Go-Vit-Anhänger zu meinem in Dienstwagen wartenden Fahrer kommt, ans Fenster klopft und ihn dann darum bittet ‚Fahr ihn doch heute bei offenem Fenster nach Hause, damit er krank wird, am besten stirbt‘, das schlägt dem Fass den Boden aus.
Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem wir verdammt aufpassen müssen, uns eine gewisse demokratische Streitkultur zu bewahren – denn es muss ja nach dem Bürgerentscheid miteinander geordnet weitergehen. Wir dürfen nun nicht die Diskussionskultur verlassen, die bei dem Thema absolut notwendig ist. Mich belastet das auch persönlich… Ich stehe hinter den Zielen dieser Reaktivierung, ich stehe auch hinter den Zielen des Vereins ‚Go Vit‘ – aber ich tue mich unglaublich schwer, bei einer derartigen Diskussionskultur bestimmter Wortführer hier weiter mitzumachen…
Ich halte Interviews wie dieses für eine hervorragende Gelegenheit, um herauszuarbeiten, wie man in einer Sache auch mal unterschiedlicher Anschauung sein kann – ohne sich dabei die Rübe einzuschlagen. Vieles von dem, was Rita Röhrl zum Thema Schülerbeförderung sagt, ist richtig. Ich stimme bei vielen Punkten mit ihr überein. Wir unterscheiden uns nur in einem: Im Gegensatz zu ihr bin ich trotzdem der Meinung, dass es für uns als Landkreis Vorteile bringt, die Bahnstrecke Viechtach-Gotteszell zu reaktivieren.
Adam: „Landkreis spart sich Geld, wenn Probebetrieb gelingt“
Welche Vorteile sind das genau, Herr Adam?
Der Landkreis spart sich Geld, wenn der Probebetrieb gelingt. Klar: Es ist zwar volkswirtschaftlich fragwürdig, wenn ich 700.000 Euro pro Jahr, die eine Express-Buslinie zwischen Viechtach und Gotteszell kosten würde und stündlich zwischen den beiden Orten hin und her pendelt, mit den vier Millionen Euro gegenrechne, die der Probebetrieb die Bahn im Jahr kosten würde.

„Der Freistaat Bayern bestellt dann einen stündlich getakteten Zug, der für uns als Grundgerüst zur Verfügung steht, auf das man aufbauen kann.“ Foto: Peine
Aus Landkreissicht muss ich sagen: Wenn der Probebetrieb gelingt, fahren wir als Landkreis wirtschaftlich besser. Der Freistaat Bayern bestellt dann einen stündlich getakteten Zug, der für uns als Grundgerüst zur Verfügung steht, auf das man aufbauen kann. Aber ich habe vom ersten Tag an gesagt, dass wir beim Schülerverkehr massive Probleme haben werden. Diejenigen Schüler, die jetzt in ihren Dörfern und Weilern nahezu an der Haustüre abgeholt werden, müssen im Bahnregelbetrieb bis zu drei Kilometer durch Wälder, über Friedhöfe oder entlang von viel befahrenen Straßen gehen.
Wenn aber auf der einen Seite die Schüler und die Eltern das nicht wollen – und auf der anderen Seite sich die Bahn-Befürworter befinden, dann muss ich für mich persönlich sagen: Leute, ich persönlich muss und werde nicht mit diesem Zug fahren! Lassen wir die Bevölkerung abstimmen – und die Mehrheit entscheidet.
Röhrl: „Diskussion hat sich immer mehr in zwei Lager gespalten“
Sie, Frau Röhrl, haben sich ja auch klar für ein Ratsbegehren respektive Bürgerentscheid ausgesprochen.
Ja, das war auch mir wichtig, weil sich die Diskussion immer mehr in zwei Lager gespaltet hat. Einerseits diejenigen, die für die Bahn sind – ohne wenn und aber. Dabei aber auch die Problematik, die bei der Schüler-Beförderung entsteht und die nicht wegzudiskutieren ist, völlig außen vor lassen. Andererseits eine aufgebrachte Elternschaft, die natürlich, wenn es um ihre Kinder geht, irgendwo auch den Eindruck gewinnen muss, dass sich die Lage ihrer Sprösslinge mit der Änderung des Transportmittels von Bus auf Bahn verschlechtert. Das ist verständlich.

Ein kontroverser Knackpunkt bei der Diskussion um die Reaktiverung der Bahn ist die Frage, wie sich der Weg zur Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln künftig gestalten wird. Symbolfoto: da Hog’n
Die Eltern sagen: ‚Es kann doch nicht Euer Ernst sein, die Reaktivierung der Bahnlinie zu fordern bzw. zu beschließen, wenn unsere Kinder dann unter den Nachteilen zu leiden haben.‘ Denn die Schüler wären ja die einzigen, die fahren müssten. Alle anderen können, aber sie müssen fahren, weil es dann keine vom Landkreis finanzierten öffentlichen Alternativen gäbe. An diesem Punkt habe ich mich dazu entschlossen, dass ein Bürgerentscheid das Beste wäre.
Wichtig hierbei: Wir haben die Quorumshürde rausgenommen, sprich: Die 15 Prozent Bürgerbeteiligung, die für die Gültigkeit des Bürgerentscheids eigentlich erforderlich wären, sind nicht notwendig. Das macht auch Sinn, weil ja die Menschen des Altlandkreises Regen sich weniger für die Reaktivierung dieser Bahnlinie interessieren werden als die im Altlandkreis Viechtach.
Feststeht: Diese Mehrheit müssen wir akzeptieren – auch wenn rein theoretisch die Wahlbeteiligung bei einem Prozent liegen wird.
Adam: „Diese Hürde wird bewusst sehr hoch gehängt“
Sehen Sie das auch so, Herr Adam?
Absolut. Wir setzen den Willen der Bürgerschaft, der mehrheitlich artikuliert wird, egal bei welcher Wahlbeteiligung, konsequent um. Wir wollen auch jetzt endlich eine Entscheidung. Uns ist auch völlig bewusst, dass diese Entscheidung nicht in Regen, Zwiesel, Bodenmais oder sonst wo fallen wird, sondern im Altlandkreis Viechtach. Und das ist auch gut so.
Dann herrscht ja eh nahezu größtmögliche Einigkeit zwischen Ihnen beiden… Oder wie sehen Sie das, Frau Röhrl?
Was die demokratische Entscheidungsfindung betrifft, ja. Inhaltlich nicht ganz. Michael Adam sagt ja: Wenn ich das Projekt volkswirtschaftlich durchrechne, kommt nur dann zahlenmäßig weniger auf den Landkreis zu, wenn ich den Zug irgendwo in ein Verkehrskonzept miteinbinden kann.
Ich sage: Das ist zwar richtig, aber: Die dabei geforderten 1.000 Personen-Kilometer pro Tag (das heißt: Es müssen von Viechtach bis Gotteszell jeden Tag 1.000 Menschen die gesamten 25 Kilometer Strecke benutzen – Anm. d. Red.) sind meiner Meinung nach völlig illusorisch. Denn selbst wenn ich die momentan potenziell zur Verfügung stehenden 150 Schüler nehme, komme ich auf maximal 106 Personen-Kilometer pro Tag. Das heißt: Es müssen noch 900 ’normale Menschen‘ diese Bahnstrecke nutzen, damit tatsächlich diese Anforderungen erfüllt werden. Das halte ich für völlig unrealistisch.

Adam: „Keine Bahnlinie im ländlichen Raum erreicht auch nur ansatzweise 1.000 Personen-Kilometer – auch nicht 900,“
Herr Adam?
Den letzten Punkt sehe ich genauso wie Frau Röhrl. Diese 1.000 Personen-Kilometer werden so wohl nicht zu schaffen sein. Doch ich wage zu behaupten: Wenn es am Ende 900 Personen-Kilometer/Tag sind, dann bekommen wir die Reaktivierung immer noch genehmigt – davon bin ich überzeugt. Ich will mich nicht an die 1.000er-Marke klammern. Wenn der Probebetrieb vorbei ist, werden wir uns wenige Wochen vor der nächsten Landtagswahl befinden. Hier wird sich niemand in München trauen, den Dauerbetrieb nicht zu machen, wenn es statt 1.000 Personen-Kilometern nur 900 sind.
Die entscheidenden Fragen sind aber: Werden es exorbitant mehr Fahrgäste als 500 sein? Werden es mehr sein, als normalerweise damit fahren würden? Als direkter Bahnstrecken-Anwohner in Bodenmais weiß ich: Keine Bahnlinie im ländlichen Raum erreicht auch nur ansatzweise 1.000 Personen-Kilometer – auch nicht 900. Diese Hürde wird bewusst sehr hoch gehängt.
Röhrl: „Die Bahn ist die verkehrte Antwort auf den ÖPNV“
Frau Röhrl?
Der springende Punkt ist meiner Meinung nach ein anderer: Ist die Bahn bei uns im ländlichen Raum mit seiner weitläufigen Bebauung überhaupt das richtige Angebot? Oder ist es nicht viel sinnvoller ein vollwertiges und aktuell fehlendes ÖPNV-Konzept aufzustellen? Nehmen wir die Situation der Arbeitnehmer, die täglich ein- und auspendeln. Die Mehrheit der Firmen befindet sich in Regen, Viechtach und Teisnach – welcher Pendler nimmt einen Zubringer-Bus nach Viechtach zum Bahnhof, fährt von dort mit der Bahn Richtung Teisnach – und geht dann einen Kilometer Fußmarsch bis zu seiner Arbeitsstätte? Das ist einmal mehr unrealistisch. Es geht darum, möglichst schnell von A nach B zu kommen. Und nicht, ein ÖPNV-Angebot zu nutzen, das mir eine Beförderungszeit von einer Stunde garantiert.
Deshalb nochmal: Meiner Meinung nach ist die Bahn die verkehrte Antwort auf den ÖPNV.
Herr Adam, was entgegen Sie Frau Röhrls Argument hinsichtlich dem Faktor Zeit?
Dem stimme ich zu. Aber ich denke, dass wir uns von dem Gedanken befreien müssen, dass der Kollnburger Bürger, der bei Rhode & Schwarz arbeitet – egal wie wir das mit öffentlichen Verkehrsmitteln takten -, eine direkte Verbindung zu seinem Arbeitsplatz nutzen wird. Außer die Firma Rhode & Schwarz setzt einen direkten Werksbus ein. Unabhängig davon würde der Arbeiter ohnehin nie mit dem ÖPNV zur Arbeitsstätte fahren. Das ist ein Trugschluss, dem sich manche Bahn-Befürworter hier hingeben.
Und trotzdem betone ich nochmals: Aus rein merkantiler Sicht des Landkreises ist folgende Aufgabe zu leisten. Zuallerst müssen wir als Pflichtaufgabe den Schülerverkehr organisieren. Das ist die Grundauslastung, für die der Landkreis die Kosten zu tragen hat. Erst dann kann ich mir überlegen, ob ich das mit einem Bus-System alles selbst arrangiere. Oder ich lasse mir vom Freistaat Bayern – unter welchen volkswirtschaftlichen Lasten auch immer – die Zahlungen dafür übernehmen und setze dann auf Kosten des Landkreises etwas auf dieses Grundgerüst drauf. Für mich hat letztere Lösung für den Landkreis klare finanzielle Vorteile. Nur: Von den Berufspendlern von Rhode und Schwarz hab ich noch nie geträumt – und werde ich auch nie träumen.
Adam: „Ich glaube an die Chance für einen Probebetrieb“
Klare Frage, klare Antwort bitte: Wer wird denn dann die Bahn Ihrer Meinung nach im Endeffekt nutzen, Herr Adam?
In erster Linie die Schüler sowie Menschen, die nicht eigenständig mit dem Auto fahren können. Und ganz wenige Leute, die die Bahn aus ideologischen Gründen nutzen. Es ist ja nicht so, dass wir die erste Bahnlinie in Bayern bauen und uns jetzt überlegen, wer denn damit fahren könnte. Wir haben ja Plattling-Bayerisch-Eisenstein als Hauptachse, flankiert von Zwiesel-Bodenmais und Zwiesel-Grafenau als praktische Beispiele. Ich wohne ja an der Bahnstrecke, ich sehe ja, wer damit fährt.
Ich glaube daran, dass es, wenn das so gewollt ist, die Chance auf einen Probebetrieb gibt. Doch ich glaube nicht daran, dass nach diesem Probebetrieb andere Leute darin sitzen werden als bei allen anderen Bahnlinien auch. Das ist eine Illusion.
Was denken Sie, Frau Röhrl: Ist ein Gesinnungswandel etwa bei eingefleischten Autofahrern möglich, dass sie künftig auf die Bahn umsteigen, wenn es dieses Angebot geben wird?
Ich sage: Nein. Aber es gibt auch Leute, die daran glauben. Die sagen: Ja, das Bewusstsein wird sich langfristig ändern, weil Auto fahren immer teurer wird und die Autos immer weniger werden… Meine Erfahrung ist, dass die Autos immer mehr werden. Und ja, es gibt auch diejenigen, die bewusst auf ein Fahrzeug verzichten und gerne den ÖPNV nutzen möchten. Für diesen Personenkreis muss ich ein Angebot haben.
Röhrl: „Jeder wird die Meinung der Mehrheit akzeptieren müssen“
Herr Adam?
Aus meiner Sicht ist die Übung ganz einfach: Mache einen Probebetrieb, der zeigt, dass sich die Reaktivierung der Bahn rentiert. Dafür kämpfe ich, weil der Freistaat Bayern am Ende den Zug bezahlt und es Vorteile für unseren Landkreis geben wird. Dazu stehe ich. Nur bei zwei Dingen kann ich nicht mitgehen. Erstens: Wenn seitens der Bahn-Befürworter jedes Mittel recht ist, um irgendetwas zu argumentieren, was am Ende nicht realisierbar sein wird. So ehrlich müssen wir sein. Zweitens: Die Schülerbeförderung nach dem Prinzip Hoffnung – das wird schon werden, da wird sich das Landratsamt schon etwas einfallen lassen – dafür bin ich nicht zu haben. Das muss ich im Vorfeld des Bürgerentscheids ganz klar so formulieren. Ich habe als Landrat den Landkreis in all seinen Aufgaben zu vertreten – und diese Aufgaben bestehen nicht nur in der Frage, wie ich meine Bürger von A nach B bringe. Wir haben rechtlich einen Schülerverkehr zu organisieren, das ist zuallererst einmal unsere Pflichtaufgabe.
Der Bürgerentscheid am 8. Februar wird wie ausgehen, Frau Röhrl?

Adam: „Egal, wie sich die Bürger entscheiden – so wird das auch alles umgesetzt. Ohne Rücksicht auf Verluste.“
Keine Ahnung, weil mit mir ja hauptsächlich diejenigen Menschen reden, die Ablehnungsgründe gegenüber der Bahn haben. In Teisnach selbst stelle ich eine ausgeprägt negative Haltung gegenüber der Reaktivierung fest – was vermutlich damit zusammenhängt, dass die Bahnlinie mitten durch den Ort fährt – und deshalb vermutlich verkehrstechnische Probleme zu erwarten sind.
Herr Adam?
Egal, wie sich die Bürger entscheiden – so wird das auch alles umgesetzt. Ohne Rücksicht auf Verluste. Wenn die Bürger die Bahn wollen, wird sie kommen und nach Kräften von uns belebt.
Wenn der Entscheid negativ ausgeht, heißt das aber nicht, dass wir nichts machen, sondern dann gilt es ja einen Express-Bus zu organisieren. Feststeht: So aufgeheizt wie die Stimmung derzeit ist, kann es nicht weitergehen…
Frau Röhrl, Sie haben das Schlusswort.
Ja, das sehe ich auch so. Jeder wird die Meinung der Mehrheit akzeptieren müssen. Und der Bürgerentscheid wird die Luft aus dieser hitzigen Diskussion herausnehmen, da bin ich mir sicher.
Vielen Dank an Sie beide für das Gespräch. Man darf gespannt bleiben, wie die Bürger am 8. Februar entscheiden.
Interview: Stephan Hörhammer
–> Bahnprobebetrieb Viechtach-Gotteszell: Bürgerentscheid soll’s nun richten
Wenn man das Interview so ließt, könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Bayerische Wald als Tourismusregion gar nicht mehr im Bewußtsein der sogenannten Volksvertreter vorkommt. Seit der Regionalisierung im Jahre 1993 hat insbesondere der Freizeitverkehr bei Bahnstrecken einen massiven Boom erlebt. Warum wird dieser Aspekt völlig ausgeklammert? Es geht nicht nur um Schüler und Pendler. Es geht auch um die Touristen, die vor Ort auch ohne Auto mobil sein wollen. Diesen Leuten muss man etwas bieten, denn sie werden nicht aus Mitleid jedes Jahr an den Bayerischen Wald spenden. Nur „Woid“ allein ist heute nicht mehr ausreichend. Dass Frau Röhrl, die der Meinung ist, die Bahn zerschneide ihren Ort, das nie verstehen wird, ist klar. Sie war immer gegen die Bahn und wird es auch bleiben. Schade um jegliche Energie in diese Richtung! Jeder andere versteht, dass Bahn verbindet und nicht zerschneidet. Und bei jeder bisher durchgeführten Reaktivierung konnte übrigens mit der Bahn die Zahl der ÖPNV-Nutzer im Vergleich zum Bus massiv gesteigert werden. Überall funktioniert das, warum also nicht auch im „Woid“? Also mehr Mut, Herr Adam, manchmal muss man als Politiker auch mal Farbe bekennen, auch mit einer Frau Röhrl im Nacken!! Ich schreibe das übrigens als klassischer Kurzurlauber, der bislang gerne im Tal des schwarzen Regen Urlaub gemacht hat.
Ich denke, dass man es sich nicht so einfach machen kann, wie Herr Teichmann vorher kommentiert. Meine Erfahrung aus Urlauben in anderen Regionen und anderen Ländern zeigt, dass Busse von Touristen genauso gut angenommen werden, wie die Bahn, vielleicht sogar noch besser. Ein paar Beispiele: Das beste Hotel in Teisnach ist rund vier Kilometer vom Bahnhof entfernt, das beste in Geiersthal rund fünf Kilometer. In Viechtach sind die meisten Hotels auch kilometerweit weg vom Bahnhof und ich bin gespannt, wie sehr sich die Gäste in der Schnitzmühle (dem besten Haus in Viechtach) über die Haltestelle und den Bahnübergang vor dem Haus freuen. Hier wird künftig rund 30 mal am Tag der Zug langsam (aber laut) am Hotel vorbeifahren, am Bahnübergang wird er 30 mal pro Tag laut läuten. Das wird die Gäste sicher freuen.
In einem Bussystem könnten die Hotels angefahren werden (so wie es in Italien der Regelfall ist)…
Ich rede doch nicht von organisierten Bustouren mit Reisebegleiter… Klar fahren diese die jeweiligen Hotels direkt an. Aber wie komme ich heute bitteschön am Wochenende mit dem ÖPNV nach Viechtach? Das ist doch alles nur oberflächliches Gerede. Die Tatsache, dass man sich jetzt endlich mal überhaupt mit dem Thema ÖPNV befasst und feststellt, dass man den ÖPNV verbessern muss, ist doch allein dem Reaktivierungsthema geschuldet.
Leider geht der Kollege nicht auf das Argument ein, dass alle bisherigen Reaktivierungen, übrigens auch in Bayern, ein Riesenerfolg waren. So waren für die Schönbuchbahn anfangs nur 2.500 Fahrgäste/Tag prognostiziert, beim Bus waren es zuvor nur 2.000 Fahrgäste/Tag. Heute fahren mit der Schönbuchbahn fast 10.000 Fahrgäste/Tag mit. Klar, im Bayerischen Wald ist alles ganz anders… Aus bisherigen Reaktivierungen gibt es ferner noch die Erkenntnis, dass Fahrgäste für eine Bahnanbindung bereit sind, weitere Wegstrecken zurückzulegen als beim Bus. Das sind Fakten, denen man sich auch als Gegner stellen muss. Busse wären dann ideale Zubringer in die Seitentäler. Der Freistaat Bayern will Euch einen Schienentakt schenken. Zusammen mit den bisherigen Buskilometern wäre das eine echte Aufwertung Eurer Region. Und wenn Ihr Euch das Geld nicht holt, dann machen das eben andere Regionen, die etwas zukunftsorientierter sind.
Noch eine Anmerkung an die Reaktion: Ihr habt Bilder von der Ilztalbahn eingefügt. Es gibt, glaube ich, auch genügend Bilder über die Fahrten der Wanderbahn…
Viele Grüße!
Um hier mal die Fakten zu nennen:
Man vergleiche den leeren Regionalbus Grafenau – Zwiesel mit der vollen Waldbahn. Feriengäste fahren Charterbus, aber nicht Regionalbus.
Das beste Hotel in Teisnach liegt 3 km vom Patersdorfer Bahnhof entfernt.
Das beste Hotel in Geiersthal liegt keine 2 km vom Teisnacher Bahnhof entfernt. Viechtachs Stadtplatz mit Hotel liegt 500 m vom Bahnhof entfernt
In Schnitzmühle gibt es keinen Bahnübergang. Die Bahn fährt über eine Brücke. Die Autos unten durch. Der Halt in Schnitzmühle wurde 1969 extra für dieses Hotel angelegt und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit, wenn die Wanderbahn fährt.
Dazu gibt es auch in Bodenmais, Zwiesel, Frauenau und Grafenau weiter entfernte Hotels. Die Urlauber reisen trotzdem per Bahn an und werden von Hoteliers per Kleinbus abgeholt.
Den Ausführungen von Herrn Teichmann ist sachlich eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Sie treffen den“ Nagel auf den Kopf“.
Natürlich ist die Bahnstrecke nach Viechtach,ob ihrer Lage im Tal für einige Ortschaften etwas ungünstig trassiert.
Aber gerade hier besteht ja auch die große Chance ,eventuelle Nachteile für bestimmte Nutzergruppen auszugleichen.: Der Bahnbetrieb wird der Region quasi geschenkt, die Gelder die der Kreis jetzt und hinkünftig für den Busverkehr aufwendet,bleiben ihm ja zusätzlich vollumfänglich erhalten, also er muß sie nicht in den Bahnbetrieb stecken.
Mit diesen Mitteln ließen sich hervorragend Zubringerverkehre im Takt, von und zur Bahn organisieren.
Somit könnte man auch die Nachteile für die Schüler ausgleichen. Man wundert sich,daß das nicht stärker in die aktuelle Diskussion eingebracht wird.
Fazit: Die Vorteile dieser Reaktivierung, alleine schon für den Tourismus,dürften die Nachteile bei Weitem übertreffen.
Nur mit der Schiene ( und den bisherigen Busgeldern) bekämme die Region Viechtach eine bislang noch nie dagewesene ÖPNV-Abdeckung.
Frau Röhrl hat leider scheinbar ein grundsätzliches Problem mit der Eisenbahn, bereits im Jahre 1991 wollte sie den inzwischen überaus erfolgreichen Tourismusverkehr der „Wanderbahn“ verhindern.. Die Argumente waren dieselben wie heute: Die Bahn zerschneidet unseren Ort ! Von der im OrtsbereichTeisnach paralellführenden Bundesstraße ist nie die Rede….. Komisch,oder….?
Noch eine Anmerkung, zu den Aussagen von Frau Röhrl, die zeigen welcher egomanischen Hybris diese Frau inzwischen verfallen zu sein scheint, sei mir erlaubt :
Sie betont auch seit 1991 gebetsmühlenhaft ,daß die Bahn die städtebauliche Entwicklung Teisnachs ja ach so behindern würde.
Meine Frage,was hat es dort seither,außer daß die Bundesstraße auf einem Teil des Bahnhofsareals ausgebaut wurde, was an Scheußlichkeit nicht zu überbieten ist, für eine städtebauliche Entwicklung gegeben….?
In diesem tristen Kaff empfand ich doch seinerzeit den ( inzwischen der Bundesstaße geopferten) Bahnhof, mit seinem kanonenofenbeheizten Warteraum als wirtlichsten Ort…..!