Haidmühle. Margot Fenzl, Bürgermeisterin der Gemeinde Haidmühle, ist regelrecht aus dem Häuschen. Insgesamt rund 1,2 Millionen Euro erhält die Grenzgemeinde aus den bayerischen Finanztöpfen. Zum einen sind da die 707.316 Euro im Rahmen der Schlüsselzuweisungen des kommunalen Finanzausgleichs – jede Kommune wird hierbei nach einem bestimmen Verteilerschlüssel mit Finanzmitteln bedacht. Schon da gehört Haidmühle-Bischofsreut zu den „größten Gewinnern“ im Vergleich zu den Vorjahren. Hinzu kommt noch ein besonderes Leckerli: 500.000 Euro Stabilisierungshilfe, direkt von Finanzminister Söder. Dieses „Christkindl“, wie die Lokalzeitung am 23. Dezember titelte, löste große Freude in der Haidmühler Verwaltung um Margot Fenzl aus. Doch ganz so freudig ist diese Mitteilung dann auch wieder nicht …
… so etwas wie Sozialhilfe für die Kommunen
Auf der einen Seite sind da die Schlüsselzuweisungen des kommunalen Finanzausgleichs. Wie es der Name schon sagt, ein Ausgleich. Tippt man dieses Wort bei Google ein und sucht nach Synonymen, wird das Ganze deutlicher: Abzahlung, Begleichung oder auch Amortisierung. Letzteren Begriff kann man gemeinhin mit Tilgung übersetzen. Doch genau hier liegt der Hacken. Mit den Schlüsselzuweisungen werden nämlich diejenigen Gemeinden unterstützt, die größere finanzielle Löcher in ihrer Haushaltskasse haben – oder die vielleicht nicht so viele Gewerbesteuereinnahmen vorweisen können wie andere. „Sie gleichen Unterschiede in den eigenen Einnahmemöglichkeiten und der Ausgabenbelastung der einzelnen Kommunen aus“, erklärte MdL Max Gibis (CSU) jüngst in einer Pressemeldung. Kurz: Die Schlüsselzuweisungen sind so etwas wie die Sozialhilfe für unsere Kommunen!
Soweit, so gut. Dass Haidmühle-Bischofsreut als Grenzgemeinde ohne direkte Anbindung an eine weiterführende Straße oder Bahn nicht gerade mit Industrie gesegnet ist, ist weitläufig bekannt. Die logische Konsequenz: „Reichere“ Kommunen wie die Stadt Freyung oder der Markt Röhrnbach müssen ihrem „kleinen FRG-Bruder“ an der bayerisch-böhmischen Grenze finanziell helfen. Dass nun also auch der Freistaat Bayern der dortigen Verwaltung unter die Arme greift, mag zwar vordergründig als „Christkindl“ erscheinen. Doch: Betrachtet man genauer, warum diese Finanzhilfen geleistet werden, dürfte das Positive relativ schnell ins eher Bedenkliche umschlagen…
… so etwas wie Hartz IV für die Kommunen
Auf der anderen Seite gibt es da laut PNP-Schlagzeile die so genannte Stabilisierungshilfe der bayerischen Staatsregierung in Person von Finanzminister Söder – als Sonderhilfe für finanzschwache Kommunen, Bedarfszuweisungen für demographiebedingte bzw. strukturelle Härten werden diese Mittel bezeichnet. Auf der Homepage des Bayerischen Staatsministeriums für Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat werden die Kriterien näher erklärt (II. B 1 und 2): „Vorliegen finanzieller Härte: Saldo der freien Finanzspannen in den letzten 5 Jahren vor Antragstellung muss negativ sein oder Vorliegen einer akuten finanziellen Notlage. Vorliegen struktureller Härte: Steuerkraft im Verhältnis zum jeweiligen Größenklassendurchschnitt in den 5 Jahren vor dem Antragsjahr ist im Durchschnitt dieser 5 Jahre weit unterdurchschnittlich; überdurchschnittlicher Einwohner-Rückgang; unterdurchschnittliche wirtschaftliche Leistungskraft; Einwohnerzahl im Verhältnis zur Fläche der Kommune in der Regel unter 25 Prozent des entsprechenden Bayern-Durchschnitts.“ Kurz: Stabilisierungshilfen sind so etwas wie das Hartz IV für unsere Kommunen!
Es steht also eigentlich, bei genauerem Hinschauen, alles andere als gut um die Gemeinde Haidmühle. Der finanzielle Spielraum scheint an der kalten Moldau arg begrenzt zu sein. Bürgermeisterin Margot Fenzl (Zitat Passauer Neue Presse: „Freude pur!“) zeigt sich über die so nicht zu erwartenden, aber durchaus erhofften Finanzmittel – die passenderweise unmittelbar vor Weihnachten eingetroffen sind – dennoch aus dem Häuschen. Aber: Darf man sich in dem Wissen, dass man eigentlich zum kommunalen Schlusslicht gehört, über derartige Finanzspritzen so exzessiv freuen? Oder soll man nicht eher traurig gestimmt sein, weil am Dreisessel aufgrund der oben genannten Härtefälle diese Mittel dringend nötig sind? Handelt es sich angesichts der Schwierigkeiten wirklich um ein, wie in der Lokalzeitung so überschwänglich zitiertes, „Christkindl“? Nochmal: Auf der einen Seite lässt der Staat einen warmen Geldregen auf Haidmühle niederprasseln und die Menschen darüber jubeln. Auf der anderen Seite ist der Grund für den Geldsegen ja der, dass man nun de facto und höcht offiziell zum Armenhaus des Bayerwalds zählt. Schon irgendwie zweischneidig, oder nicht?
Helmut Weigerstorfer