München/Grafenau. Wer war der Mörder? Wer ist das nächste Opfer? Warum macht man sowas? Eigentlich, so denkt man, verbreitet ein Mord Angst und Schrecken – die Bevölkerung ist in Aufruhr. Vor allem in einem idyllischen und scheinbar friedlichen Städtchen wie Grafenau. Doch beim verstorbenen Glaskünstler Rudolf Hansgrödinger ist das alles anders. Trotz seiner berühmten Werke, die weitum für Aufsehen sorgen, ist fast keiner so richtig traurig, dass der Sonderling hat sterben müssen – er wurde erschlagen. Was sein Tod mit einem Ereignis im Zweiten Weltkrieg, einer innigen Freundschaft zwischen fünf Männern und Glassärgen zu tun hat, erfährt man im neuerschienen Werk „Die letzte Brezn“ von Katharina Gerwens:
OPTIK
Brezn, Hirschgeweih, Waldhorn – das Titelbild von „Die letzte Brezn“ bedient wohl sämtliche gängigen Klischees über den Bayerischen Wald. Die weiß-blaue Raute am oberen und unteren Ende des Buches tut ihr übriges. Eigentlich kein Cover für einen Krimi, eher für einen Heimatroman – wären da nicht die vielen kleinen Blutspritzer zu sehen. Der Inhalt ist in 30 Kapitel plus Prolog und Epilog unterteilt. Jeder Abschnitt wiederum hat mehrere Absätze – übersichtlich gegliedert also – passt.
INHALT
Fünf Männer finden jeweils einen Sarg aus Glas vor ihrer Haustüre vor. Die Mitglieder der Grafenauer Werbegemeinschaft Huber, Lindinger, Simbacher und Gegenfurtner sowie der Angestellte Clemens Ortmeier haben also plötzlich eine Gemeinsamkeit, genauer gesagt ein gemeinsames Problem: Sie vermuten, dass sich hinter der gläserenen Botschaft eine (Mord-)Drohung verbirgt. Letztendlich verdächtigen sie den eigenartigen Glaskünstler Rudolf Hansgrödinger. Kommissarin Franziska Hausmann (nach einer Auszeit noch gar nicht wirklich zurück im Dienst) wird damit beauftragt, diesen Fall zu lösen, bevor er einer wird – undercover, versteht sich. Doch plötzlich wird Hansgrödinger erschlagen im Grafenauer Kurpark aufgefunden – und irgendwie ist keiner so richtig traurig darüber – außer die Nachbarin des Glaskünstlers, Alice Fischbacher. Kurze Zeit später wird bei Bauarbeiten ein über 70 Jahre altes Skelett gefunden. Nach und nach erfahren die fünf zu Beginn erwähnten Männer, dass sie aufgrund eines Vorfalls am Ende des Zweiten Weltkrieges mit den Särgen bedacht worden sind. Ein verschachtelter Fall, der zum Schluss jedoch völlig logisch erscheint.
STIL
„Die letzte Brezn“ ist sehr unkompliziert und leicht verständlich geschrieben. Zwischen den einzelnen Kapiteln und Abschnitten gibt es keine größeren Sprünge was Orte, Personen und Situationen anbelangt. Im Gegenteil: im Vergleich zu anderen Krimis darf man nicht an den Gedanken des Täters teilhaben, man ist nicht unmittelbar beim Mord dabei. Mal was anderes.
CRIME
Irgendwie weiß man lange nicht so recht, woran man eigentlich ist. Man erwartet nach fast jeder Seite, dass endlich gemordet wird. Doch erst nach gut einem Drittel wird das Opfer Rudolf Hansgrödinger dann erschlagen. Gut, weil man so immer aufmerksam dem Verlauf des Buches folgt. Schlecht, weil Thriller-Fans wohl ein bisschen enttäuscht sein werden. Wer dann der Mörder ist, erfährt man aus Spannungsbogen-technischen Gründen relativ spät – auch vermutet man vorher nicht, wer den Glaskünstler hätte erschlagen können. Der einzige Verdächtige scheidet allmählich aus, bis die Kommissare Xaver Wimmer und Franziska Hausmann endlich auf die richtige Fährte kommen…
DA WOID
Autorin Katharina Gerwens ist gebürtige Münsterländerin, später zog sie mit ihrem Mann nach Niederbayern, spricht kein Wort Bairisch. Dass sie keine Einheimische ist, merkt man im Buch auch an so mancher Stelle. Zwar werden die Stadt Grafenau, die Waldschmidtstraße und der Kurpark ansprechend beschrieben, doch fällt einem auf, dass sich die Autorin zu sehr in den Lokalkolorit stürzt – was vor allem bei den in bairischem Dialekt gehaltenen Zitaten deutlich wird, die keiner Person zuzuordnen sind, sondern vielmehr stichpunktartig vorkommen. Da kommt da Woid eher schlecht weg…
FRANZISKA HAUSMANN
Die Eigentlich-noch-gar-nicht-wieder-Kommissarin Franziska Hausmann möchte nach einer beruflichen Auszeit wieder in den Polizeidienst zurückkehren. Vorher muss sie aber für einen befreundeten Staatsanwalt quais als „Warm-Up“ einen Freundschaftsdienst erfüllen. Die Hauptfigur des Buches ist eine gemütliche Mittfünfzigerin, die als getarnte Urlauberin in und um Grafenau ermittelt. Währenddessen verliebt sie sich nicht nur in Katze „Bella“, sondern auch in den Bayerischen Wald. Man ahnt, dass sie dort vielleicht bald beruflich tätig sein wird. Im Gegensatz zu anderen Kommissaren ist Franziska Hausmann kein Held, der sich wüste Prügeleien liefert und James-Bond-like die Gangster einbuchtet. Sie versucht vielmehr, über Gespräche und geistige Arbeit ihre Fälle zu lösen.
PREIS + VERLOSUNG
9,99 Euro für ein kartoniertes Taschenbuch mit 352 Seiten – sehr preisgünstiges am 10. November 2014 erschienenes Werk, das sein Geld Wert ist. Wenn ihr eins von drei Büchern „Die letzte Brezn“ gewinnen wollt, schreibt einfach eine E-Mail mit dem Betreff „Brezn“ und Euren Kontaktdaten an info@hogn.de. Einsendeschluss ist der 21. Dezember 2014. Viel Glück!
Helmut Weigerstorfer