Saldenburg. Wer glaubt, die Gemeinde Saldenburg, am äußersten Zipfel des Landkreises Freyung-Grafenau gelegen, sei im Vergleich zu den anderen FRG-Kommunen ein sprichwörtlicher Hinterbänkler, einer, der abseits vom Geschehen sein Dasein fristet, der täuscht sich. Bürgermeister Max König hat es geschafft, aus der 2.000-Seelen-Gemeinde ein finanzielles Aushängeschild zu machen. Die Dreiburgenländer haben mitunter die geringste kommunale Verschuldung in der Region. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht der 56-jährige gelernte Speditionskaufmann über sein Finanzgeheimnis und über die Entwicklung der Gemeinde während seiner Amtszeit. Außerdem wirft der gebürtige Perlesreuter einen Blick in die (düstere) Vergangenheit der Gemeinde Saldenburg.

Saldenburg_Max_König (13)
Seit 2008 Bürgermeister der Gemeinde Saldenburg: Der 57-jährige Max König (SPD).

Herr König, bei den Kommunalwahlen im März sind Sie ohne Gegenkandidat angetreten. Hat sich keiner getraut?

Wir haben eine sehr gute politische Kultur in Saldenburg. Wir versuchen, gemeinsam nach vorne zu kommen. Im Gemeinderat wird keine Parteipolitik gemacht. Entscheidungen werden also nicht aufgrund von Parteizugehörigkeiten getroffen. So können wir unsere Energie komplett den wichtigen Dingen widmen. Seitdem ich Bürgermeister bin, haben wir vor jeder Gemeinderatssitzung ein Vortreffen, bei dem die wichtigsten Angelegenheiten eben vorab schon einmal besprochen werden. Brauchen wir schnelle Entscheidungen, kontaktiere ich meine zwei Stellvertreter, die den jeweils anderen Fraktionen angehören – sie informieren ihre Parteikollegen und teilen mir dann deren Meinung mit.

Werbung
       

Wie kann man sich so ein Vortreffen konkret vorstellen? Sitzt man da beisammen bei Bier und Kaffee?

In einer lockeren Atmosphäre werden wichtige, künftige Themen bereits andiskutiert. Dazu sind alle Räte eingeladen. Bei meinem Vorgänger Herbert Gebert hingegen war nur die eigene Fraktion erwünscht. Ob solche Treffen im restlichen Landkreis üblich sind, weiß ich nicht…

Max Königs Motto: „D’Woarad duad nua oamoi weh!“

Klingt sehr transparent und irgendwie so gar nicht „bürgermeister-like“, oder?

Werbung
       

Was uns weiterbringt, ist eine offene und direkte Kommunikation. Mein Motto lautet: ‚D’Woarad duad nua oamoi weh!‘

Sie waren also quasi im Einvernehmen aller Beteiligten der einzige Bürgermeister-Kandidat im vergangenen März?

Irgendwo war es eine Bestätigung unserer gemeinsamen Arbeit, ja. Alle Fraktionen haben ihr Bestes gegeben – und das ohne die jeweils anderen Parteien zu schneiden. Deshalb waren die Bürger mit unserer Leistung zufrieden – und somit letzten Endes auch mit mir.

asdasd
„Mein Haushalt liegt immer auf dem Schreibtisch – dann werden die einzelnen Punkte nach und nach abgearbeitet. Und nebenbei laufen die Planungen für das kommende Jahr.“

War denn dann überhaupt ein Wahlkampf nötig?

Wahlkampf hört sich in diesem Zusammenhang sehr negativ an. Von Kampf war keine Rede. Wir in Saldenburg sind da generell vielleicht eine Ausnahme. Mehr als 30 Jahre war Robert Vogl unser Bürgermeister, sein Nachfolger Herbert Gebert hatte das Amt dann 18 Jahre inne. Bei uns gab und gibt es daher keinen derart extremen Wechsel wie in anderen Kommunen.

Ist es ein Vor- oder Nachteil, SPD-Bürgermeister in einer „tief schwarzen“ Region zu sein?

Bei Wahlen in unserer Region ist die Parteizugehörigkeit eher zweitrangig, da liegt das Augenmerk auf der jeweiligen Persönlichkeit. Eines meiner Pfunde war mein Engagement in vielen Vereinen. Mein Motto ist seitdem: Ohne Vereine keine Gemeinde. Deshalb glaube ich nicht, als SPD’ler Vor- oder Nachteile zu haben. Freilich ist es für Sozialdemokraten im Bayerischen Wald schwieriger nach oben zu kommen. Aber auch wir haben immer mal wieder einen Landtags- oder Bundestagsabgeordneten. Ich bin kein Parteiapostel.

„Ich pflege sehr gute Kontakte zum Landratsamt“

Nur knapp 2.000 Einwohner, am äußersten Ende des Landkreises Freyung-Grafenau gelegen – wird die Gemeinde Saldenburg manchmal etwas links liegen gelassen?

Nein, absolut nicht. Im Gegenteil: Ich pflege sehr gute Kontakte zum Landratsamt. Dieses Netzwerk habe ich mir schon vorher, in meiner Tätigkeit als Speditionskaufmann, aufgebaut. Eine Nichtberücksichtigung konnte ich bisher nicht feststellen – wir sind ein vollwertiges Mitglied des Landkreises Freyung-Grafenau.

Aber Saldenburg und seine Bürger orientieren sich allgemein eher in Richtung Landkreis Passau, oder?

Nicht unbedingt. Wir liegen da in der Mitte. Für uns ist Eging und Tittling genauso erreichbar wie Grafenau. Zu Freyung haben die Saldenburger aufgrund der Verkehrsanbindung eher weniger Bezug – zu Waldkirchen hingegen aufgrund des dortigen Modehauses wiederum etwas mehr. In dieser Hinsicht ist der öffentliche Nahverkehr, der weiterhin so gut wie nicht vorhanden ist, ein wichtiges Argument.

Saldenburg_Max_König (5)
„Investitionen auslassen wäre ein großer Fehler. Wir geben eigentlich jedes Jahr viel Geld aus.“

Welche Rolle spielt es, dass mit Landrat Sebastian Gruber wiederum ein Freyunger ein gewichtiges politisches Amt bekleidet?

Überhaupt keine. Wir brauchen einen guten Landrat – und deshalb ist es egal, ob er aus Freyung, Waldkirchen oder Grafenau stammt.

Die Gemeinde Saldenburg hat eine der geringsten Verschuldungen im Landkreis Freyung-Grafenau. Wie ist das zu schaffen?

Investitionen auslassen wäre ein großer Fehler. Wir geben eigentlich jedes Jahr viel Geld aus. Demnächst werden wir beispielsweise mit dem Breitbandausbau in die Vollen gehen – die Erschließung kostet zirka 1,4 Millionen Euro. Bei einem 80-prozentigen Zuschuss weiß man, welche Summe da auf uns zukommt. Zudem ist eine neue Wasserleitung angedacht. Dazu kommen die alltäglichen Hausaufgaben wie Asphaltierungsarbeiten und Sanierungen im Bereich Abwasser. Wir investieren dabei mit Augenmaß.

Welche Gemeinde macht bzw. versucht das nicht?

Naja, das mag schon sein. Aber man muss zum Beispiel das ein oder andere Projekt manchmal um ein Jahr schieben bis genügend Mittel da sind. Mit einer vernünftigen Vorausschau ist einiges möglich. Erst kürzlich habe ich gelesen, dass jetzt, am Ende des Jahres, in manchen Gemeinden der Haushalt genehmigt wird. Zu diesem Zeitpunkt ist dieser Zug meiner Meinung aber bereits abgefahren. Mein Haushalt liegt immer auf dem Schreibtisch – dann werden die einzelnen Punkte nach und nach abgearbeitet. Und nebenbei laufen schon die Planungen für das kommende Jahr.

„Das kann’s doch wohl nicht sein, dass gute Arbeit nicht belohnt wird“

Nur durch vorausschauendes Handeln kann man eine Verschuldung vermeiden? Das wäre dann ja einfach.

Das ist das eine. Das andere ist, zu wissen, aus welchen Töpfen man welche Mittel bekommt. In diesem Zusammenhang versteht ehrlich gesagt kein Mensch, warum wir Saldenburger in Sachen Breitbandausbau nur 80 Prozent Förderung erhalten – und andere Kommunen 90. Die Gründe hierfür liegen sicher in unserer ordentlichen Haushaltführung und geringen Verschuldung – aber das kann’s doch wohl nicht sein, dass gute Arbeit hier nicht belohnt …

Ihre Vorgänger haben Ihnen sicher auch ein gut bestelltes Feld überlassen, nicht?

1,5 Millionen Euro Schulden habe ich von meinem Vorgänger übernommen, inzwischen sind wir bei 800.000 angelangt – dazu kommen 600.000 Euro Rücklagen. Und das obwohl wir zum Beispiel in die Dorferneuerung von Saldenburg und Preying rund drei Millionen Euro investiert haben.

asdasd
„Wir hätten zwar zwei Immobilien, die in Frage kommen, aber die sind zu marode, deren Zustand ist zu schlecht.“

Dann kann man praktisch die nächste Jahre finanziell mal so richtig aus den Vollen schöpfen ?

Es kommen sowieso größere Investitionen auf uns zu. Wie schon vorher angesprochen: der Breitbandausbau. Dieser soll in einem Zug durchgezogen werden – und zwar ohne Benachteiligung eines Gemeindeteils.

Themawechsel, verbunden mit einem Blick in die Saldenburger Geschichte: Während des Zweiten Weltkrieges sind Kinder slowenischer Partisanen nach Saldenburg in die Burg verschleppt worden. Was ist von dieser „Aktion“ der Nazis heute noch übrig geblieben? Welche Spuren sind davon heute noch zu sehen?

Ein sehr heißes Thema, das auch für mich vor wenigen Jahren noch völliges Neuland war. Wir haben das Ganze aufzuarbeiten versucht. Im vergangenen Jahr waren slowenische Zeitzeugen bei mir im Rathaus, die Nachforschungen betrieben hat und auf eine Liste der Burg-Insassen gestoßen ist. Näheres ist uns aber bisher nicht bekannt – slowenische Einflüsse sind nicht heute nicht mehr feststellbar. Soweit ich weiß, ist geplant, eine Erinnerungstafel an der Burg Saldenburg zu installieren.

 „Man kann Asylbewerber nicht in jedes Loch stecken“

Von der Vergangenheit in die Gegenwart: Hat der Landkreis beziehungsweise die Regierung von Niederbayern auch bei Ihnen schon angeklingelt wegen einer möglichen Unterbringung von Asylbewerbern?

Ja, es gab kurzzeitig Gespräche, aber: Bei uns in der Gemeinde würden ohnehin so gut wie keine Immobilien für die Unterkunft von Flüchtlingen in Frage kommen. Der Zustand dieser Einrichtungen ist zu marode, sodass eine menschenwürdige Unterbringung zurzeit nicht möglich wäre. Man kann die Asylbewerber ja nicht in jedes Loch stecken.

Saldenburg_Max_König (17)
„Es gibt sogar einen dreigruppigen Kindergarten in diesem Jahr, eine traumhafte Situation…“

Abschließende Frage: Es heißt ja immer, dass man junge Leute halten bzw. dazu bewegen muss, wieder in ihre Heimatgemeinde zurückzukehren. Mit welchen Entscheidungen schafft das der Saldenburger Gemeinderat?

Wir haben hier ein sehr gutes und intaktes Vereinsleben, haben eine Grundschule im Gemeindeverbund; in unserem Kindergarten sind derzeit mehr als 50 Kinder untergebracht – so viel wie noch nie; es gibt sogar einen dreigruppigen Kindergarten in diesem Jahr, eine traumhafte Situation…

… ja, Sie reden über den Ist-Zustand. Aber lassen Sie uns mehr in die Zukunft blicken.

Viele möchten nach der Schule ein Studium beginnen und verlassen ihren Heimatort; wir brauchen aber auch genauso viele gute Handwerker hier in der Region: Zimmerer, Schreiner, Metzger. Diese Berufe sind genauso wichtig – und können vor Ort erlernt werden. Man muss schon in sehr jungen Jahren damit anfangen, den Schülern gewisse Handwerksberufe schmackhaft zu machen, sie dafür zu begeistern. Und mit verschiedenen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten ist auch ein Aufstieg in den handwerklichen Branchen möglich, wovon sich gut leben lässt. Davon bin ich überzeugt.

Herr König, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin alles Gute für die Zukunft.

Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer


Dir hat dieser Artikel gefallen und du möchtest gerne Deine Wertschätzung für unsere journalistische Arbeit in Form einer kleinen Spende ausdrücken? Du möchtest generell unser journalistisches Schaffen sowie die journalistische Unabhängigkeit und Vielfalt unterstützen? Dann dürft ihr das gerne hier machen (einfach auf den Paypal-Button klicken).


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert