Freyung. Es wirkt so, als hätte erst gestern der letzte Kurgast die Klinik verlassen, als hätte der Arzt erst gestern das Stethoskop zur Seite gelegt, als hätten der Koch und seine Mannschaft erst gestern die Küche auf Vordermann gebracht. Doch alles ist längst verwaist, längst zurückgelassen und seit 15 Jahren nur noch ein Hauch von Nostalgie, der an allen Ecken und Enden des Gebäudes greifbar, spürbar ist. Beim Wandeln durch die langen Gänge, die einstigen Behandlungsräume und die große Lobby im Erdgeschoss schießen einem unweigerlich Szenen aus Stephen Kings Horror-Klassiker „Shining“ durch den Kopf, grandios verfilmt im Jahre 1980 von Kult-Regisseur Stanley Kubrick – mit Jack Nicholson in der Hauptrolle. Der Streifen handelt von einem Familiendrama, das sich in der Einsamkeit eines abgelegenen Berghotels ereignet. Tremendum et Fascinosum, wie es der Lateiner beschreiben würde – erschreckend und faszinierend zugleich.
Gesa-Klinik: 24.000 Quadratmeter Geschossfläche, über 300 Zimmer
Am 31. März 1999 wurde die Klinik Wolfstein am Freyunger Geyersberg geschlossen, sie rentierte sich einfach nicht mehr. Am morgigen Freitag werden nun die ersten Flüchtlinge, die aus Platzgründen von der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in München in die neu geschaffene dezentrale Einrichtung in Geyersberg verlagert werden, dort Einzug halten. „Die nach wie vor komplett eingerichtete Kurklinik Wolfstein wird für 350, in Spitzenzeiten maximal 450 Asylsuchenden zum vorübergehenden Aufenthaltsort werden“, wie es in der Pressemitteilung vom Dienstag geschrieben steht. Die Stadt hat den Gebäudekomplex, wie berichtet, für vier Millionen Euro in dieser Woche erworben, um dort kurzfristig eine Asylunterkunft, langfristig ein Hotel zu installieren. Die Eckdaten der Einrichtung: 24.000 Quadratmeter Geschossfläche, mehr als 300 Zimmer, 40.000 Quadratmeter Grundstücksfläche. Die Asylsuchenden sollen vorerst für mindestens 18 und maximal 24 Monate in dem Gebäude untergebracht werden, wie Bürgermeister Olaf Heinrich vor zwei Tagen informierte. Der bisherige Eigentümer und Ex-Casino-Mogul Gustav Struck habe die ehemalige Kurklinik „voll eingerichtet“ und in einem „soliden Zustand“ der Stadt Freyung übergeben.
Kurze Verweildauer: Integration der Menschen ist nicht primäres Ziel
Landrat Sebastian Gruber geht von einer mittleren Verweildauer der Asylbewerber in Höhe von fünf bis zehn Tagen in der Einrichtung aus, wie er bei der Pressekonferenz am Dienstag auf Hog’n-Nachfrage mitteilte. Das heißt: Die Integration der Menschen in die heimische Gesellschaft sei wegen der Kürze des Aufenthalts nicht das primäre Ziel. Bürgermeister Heinrich erwarte aufgrund der neuen Situation am Geyersberg „keine Konflikte“ zwischen der Asylunterkunft und den in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen Einrichtungen. „Wir werden alles mit den Nachbarn abstimmen und müssen uns noch mit vielen Fragen beschäftigen“, so der Rathaus-Chef. Die Zeit der „Zwischennutzung“ des Gebäudes als dezentrale Erstaufnahmeeinrichtung werde ihm zufolge jedoch für die Gäste des angrenzenden Ferienparks bzw. der Klinik Bavaria „sicherlich eine Umgewöhnung“ zur Folge haben.
Kurz bevor die Gesa-Klinik seiner ihrer Aufgabe nun nachkommt, hat sich das Onlinemagazin „da Hog’n“ in dem „Betonbunker“ aus den 70er Jahren einmal umgeschaut. Ein schaurig-interessanter Rundgang durch die Vergangenheit…
Zum Thema:
–>Pressemitteilung im Wortlaut: “Freyung schafft dezentrale Unterkunft für Asylbewerber”
–>Dezentrale Notunterkunft: In der Klinik Wolfstein sollen bis zu 450 Asylbewerber unterkommen