Da wartet man geschlagene fünf Jahre – und wieder umsonst. Seit fast 30 Jahren versorgen Sven Regener und Mitstreiter den Fan gepflegter Musik mit einem herausragenden Werk nach dem anderen – und Abnutzungserscheinungen sind nicht zu erkennen. Im Gegenteil. War Element of Crime nach dem Wechsel zu deutschen Liedtexten zunächst eher in ernsthaft melancholisch-romantischen Gefilden zu finden, sind sie dem breiten Publikum (und dabei auch mir) erst richtig seit „Mittelpunkt der Welt“ (2005) ans Herz gewachsen. Neben der lässig swingenden Band (selbst Maestro Bob Dylan würde die Jungs wohl vom Fleck weg verpflichten) sind vor allem die weiterhin tiefgründigen, aber nunmehr auch oft urkomischen Texte aus der Feder Regeners ein unverkennbares Alleinstelllungsmerkmal.
Der Song vereint alles, warum man Element of Crime lieben muss
Schon vor diesem Wendepunkt machte sich Regener in seinen grandiosen Blogs „Meine Jahre mit Hamburg-Heiner“ (2011; dringende Empfehlung, insbesondere in der Hörbuchfassung) im Zwiegespräch mit seinem Alter-Ego Hamburg-Heiner Gedanken, ob der ungebrochene Zuspruch in Kritiker-Kreisen irgendwann einmal enden könnte. „Da kommt schon nach was Böses“, freute sich sadistisch die dunkle Seite des Bandleaders.
Nun, im Jahr 2014, wäre also die nächste Gelegenheit gekommen, diese „Hoffnung“ zu erfüllen. Allerdings schon die erste Single „Lieblingsfarben und Tiere“ aus dem gleichnamigen neuen Longplayer ließ erahnen, dass der liebe Hamburg-Heiner weiter auf einen Karriereknick der Elements warten muss…
Der Song vereint alles, warum man Element of Crime lieben muss, wenn man nur ein ganz klein wenig für ruhige, aber liebevoll gestaltete (Rock-)Musik und außergewöhnliche deutsche Sprachkunst über hat. Keiner der kampferprobten Musiker muss sich in den Vordergrund spielen, um seine Qualitäten zu beweisen. Wer mit Worten so grandios jonglieren kann, dass er den „Schwachstromsignalübertragungsweg“ einer Klingel mit „Excel- und Word-Dokumenten“ schamlos verschreddern kann, und am Ende dennoch jedes Germanistenherz höher schlägt, sollte unter Denkmalschutz gestellt werden. Schlussendlich alles mit einer schaurig-schön-schrägen Melodie versehen – und fertig ist ein weitere Klassiker im Repertoire.
Heiner, da wirst Du wohl noch länger warten müssen…
Dass hierbei Klasse vor Masse geht, zeigt neben der Wartezeit auf das neue Album auch die knappe Laufzeit von unter fünfzig Minuten. Mir persönlich gehen vor allem jene Songs nicht mehr aus dem Ohr, die die durchwegs melancholisch romantische Stimmung mit einem Augenzwinkern anreichern – als Anspieltipp seien vor allem „Schade, dass ich das nicht war„, „Immer so weiter“ und „Dieselben Sterne“ anempfohlen.
„Rette mich (vor mir selber)“ und vor allem „Dunkle Wolke“ könnten auch auf den früheren deutschsprachigen Alben vor 2005 zu finden sein – musikalisch über jeden Zweifel erhaben, inhaltlich deutlich ernsthafter als alles, was man auf den beiden letzten Werken entdecken konnte. Das wird die Anhänger dieser Phase der Band sicherlich freuen, auch wenn ich persönlich die Leichtigkeit der anderen Stücke vorziehe.
Tja, Heiner, sorry. Nix für ungut, aber da wirst Du wohl noch länger warten müssen, bis endlich mal was schiefgeht bei den Jungs aus dem Norden. In der Zwischenzeit kannst Du ja mal Deinen Erfinder Regener anrufen und ihm nahelegen, dass er die Zeit bis zum nächsten Album doch mit neuen Folgen Eurer Logbücher füllen muss. Wenn ich Eure Hörbuch-Sammlung aus 2011 noch weiter auf Replay im Radio hören muss, kriegt mein mp3-Player irgendwann einen Bandsalat… Das kann doch auch keiner wollen. Dein Josef.
Josef Massinger