Regen/Regenhütte. Die ersten Asylbewerber sind am Dienstag in der Erstaufnahmeeinrichtung der Regierung von Niederbayern, einer ehemaligen Pension in Regenhütte, angekommen (da Hog’n berichtete). Wie das Landratsamt Regen mitteilt, war die Ankunft des ersten Busses zunächst gegen 21 Uhr geplant, sie verzögerte sich aber – unter anderem wegen der schlechten Witterungs- und Straßenbedingungen – bis etwa 23.30 Uhr. Als die rund 40 Personen ankamen, herrschte zudem Stromausfall in Regenhütte. Das BRK war mit rund 40 Einsatzkräften vor Ort und kümmerte sich um die Erstversorgung der Menschen, das BRK sorgte ebenfalls für eine erste Notstromversorgung – und wurde hierbei von den Kräften der Feuerwehr unterstützt.
Vor Ort waren zudem ein Mediziner aus dem Kreiskrankenhaus Zwiesel und der Leiter des Gesundheitsamtes Regen. Die beiden Mediziner untersuchten die Ankommenden, wobei festgestellt wurde, dass alle zwar übermüdet, aber sich in einem guten gesundheitlichen Zustand befinden. Die sechs anwesenden Kinder wurden von einer Zwieseler Kinderärztin erstuntersucht.
Gegen 1.30 Uhr, nachdem sie sich mit einem kleinen Imbiss, einer Gemüsesuppe aus dem Kreiskrankenhaus, gestärkt hatten, wurde allen Asylbewerbern ein Schlafplatz im Haus zugeteilt. Am Mittwochvormittag ist ein weiterer Bus mit rund 40 Asylbewerbern, überwiegend aus Syrien, in Regenhütte angekommen.
Bei der Erstaufnahme stellte sich heraus, so Landratsamtssprecher Heiko Langer, dass viele der Ankommenden nur wenig und meist unzureichende Kleidung hatten. Während der erste Schnee fiel, waren unter den Menschen auch einige, die nur mit T-Shirt, kurzen Hosen und Sandalen ausgestattet waren. Eine erste Abhilfe soll über das Tagwerk des Roten Kreuzes erfolgen, das Winterkleidung nach Regenhütte transportieren wird. Ob danach und in welchen Ausmaß noch Kleidung fehlt, wird sich im Laufe der Tage herausstellen.
da Hog’n
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Regen. Nach den jüngsten Entwicklungen haben wir bei Regens Landrat Michael Adam nachgefragt, wie er die momentane Flüchtlingssituation im Landkreis einschätzt, welche Probleme sich aktuell hinsichtlich der stetig steigenden Zahl an Asylbewerbern ergeben – und wie mit der zunehmenden Fremdenfeindlichkeit in unseren Breitengraden umgegangen werden soll.
„Es fehlt an Personal bei der Berabeitung der Anträge“
Bischofsmais, Neunußberg, Ruhmannsfelden, Zwiesel und jetzt auch Regenhütte. Ist ein Ende des Flüchtlingszustroms in Sicht?
Wenn man realistisch ist und die Krisenherde der Welt betrachtet, dann können wir nicht davon ausgehen, dass es hier schnelle Lösungen gibt. Insofern werden wir damit rechnen müssen, dass die Zahl der Asylbewerber weiter steigen wird.
Wie geht der Landkreis Regen bzw. das Landratsamt Regen mit der Situation um? Welches Gefühl stellt sich bei Ihnen angesichts dieser Entwicklungen ein, Herr Adam?
Wir gehen zunächst sehr pragmatisch mit der Sache um. Wenn uns die Regierung um Unterstützung bittet, wie zum Beispiel bei der dezentralen Unterbringung, dann werden wir helfen so gut wir können. Wir haben sehr erfahrene Mitarbeiter in der Verwaltung und so können wir schnell und effektiv handeln. Als Landrat bin ich stolz auf meine Mitarbeiter, die sich weit über das übliche Maß hinaus einsetzen. Wenn es brennt, dann packen alle mit an. Insofern habe ich kein schlechtes Gefühl. Ich denke, dass wir, als weltoffene Touristikregion, durchaus mit fremden Menschen umgehen können – und dass die Asylbewerber weitgehend offen aufgenommen werden. Natürlich gibt es immer wieder mal Probleme, aber bisher konnten alle gelöst werden.
Sie hatten ja kritisiert, dass der Landkreis nur noch Asylbewerber aufnehme, jedoch nicht über mögliche Abschiebungen entschieden werde. Das Asylverfahren soll beschleunigt werden, so Ihre Forderung. Worin liegt hier genau das Problem?
Ich denke, dass auch der Staat nicht mit einem so starken Anstieg gerechnet hat. Dies zeigt ja beispielsweise die Problematik der Erstaufnahme. Momentan staut es sich schon bei der Registrierung der Menschen. Es fehlt an Personal bei der Bearbeitung der Anträge. Doch auch hier habe ich zunächst einmal Verständnis, weil eine humane Unterbringung Vorrang hat. Mittelfristig müssen aber die Anträge abgearbeitet werden. Ich denke, dass der Staat hier mehr Personal einstellen muss.
Fremdenfeindlichkeit: „Können uns nur als Gesellschaft dagegen stellen“
„Haudses doch aus den dreg wos waidsan mid dene iwahaupt soind do hie wos herkemmand e nur laudan scheiß mocha sinnlos sei wia a gropf an jedn af da tasche ling wahnsinn“, kommentiert ein Facebook-User in fast schon gewohnt wütend-brauner Manier die Meldung, dass 80 weitere Asylbewerber nach Regenhütte kommen. Ihr Kommentar dazu?
Was soll man zu solchen Aussagen sagen? Ich denke, dass wir einen Teil an Fremdenfeindlichkeit nicht verhindern können. Wir können uns nur als Gesellschaft dagegen stellen – und mein Eindruck ist, dass dies viele unserer Landkreisbürger machen. Zudem sollten wir nicht vergessen, dass es noch nicht so lange her ist, dass Deutsche als Flüchtlinge unterwegs waren. Wenn man daran denkt, was die Generation unserer Großmütter und Großväter erlebt hat, dann sind wir zur menschlichen Hilfe verpflichtet.
Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach nötig, um dem bei vielen unter der Oberfläche schwelenden und immer offenkundiger zur Schau gestellten Fremdenhass in der Bevölkerung entgegenzuwirken?
Ich denke, dass es wichtig ist, dass wir die Lasten gerecht verteilen. Dazu gehört auch, dass alle Landkreise Asylbewerber dezentral unterbringen. Unsere Erfahrung zeigt, dass es oft nicht Fremdenhass ist, sondern vielmehr Angst. Wir haben in Ruhmannsfelden, Regen, Zwiesel und Bischofsmais freiwillige Helfer, die sich mit den Sorgen und Nöten der Asylbewerber befassen. Diese Helfer bringen die Asylbewerber zum Beispiel auch ins Sporttraining mit. Das tut gut, denn soziale Kontakte sind der beste Lehrmeister. Vor meinen Fußballmitspieler oder Kegelfreund muss ich keine Angst haben.
Interview: Stephan Hörhammer
Weitere Informationen zum Thema:
–> Kaum mehr freie Plätze: In Zwiesel werden künftig Asylbewerber untergebracht
–> Asylunterkunft in Bischofsmais: Am Donnerstag kommen die ersten Bewohner
–> Unterbringung in Pension: So meistert der Landkreis Regen die Asylbewerber-Flut
–> Wohnen neben den Asylbewerbern, oder: “Mister Charly’s office is open”
Ich finde gut, dass die Asylbewerber auch hier untergebracht werden. Ich würde mich gerne einbringen, innerhalb meiner Möglichkeiten zu helfen.