Frauenberg. Die Fenster sind eingeschlagen, wildwachsende Pflanzen versperren den Eingang, die Tür eines Nebeneingangs ist nur angelehnt, im Inneren liegen Müll, Schränke und Geschirr wild verstreut – eine gruselig-schaurige Szenerie. Beim Anblick des Gebäudes in Frauenberg (Gemeinde Haidmühle), unmittelbar neben dem Adalbert-Stifter-Rad-und Gehweg, kann man nur schwer erahnen, was sich hier in der Vergangenheit abgespielt hat. In Zeiten der aktiven Bahnstrecke zwischen Waldkirchen und Haidmühle, heute befindet sich auf dieser Trasse der vorher angesprochene Weg, befand sich hier die Frauenberger Bahnstation. Später machte sich das Haus unter dem Namen „Waldschlößl“ in der regionalen Gastronomie-Welt einen Namen. Längst alles vergessen, alles vorbei. Aus dem Glanz früherer Tage ist nichts mehr übriggeblieben. Als „Schandfleck“ bezeichnen Anwohner das alte Gemäuer, zweifelsohne ist das Haus keine Attraktion für die vielen Touristen in der Region um den Dreisessel. Das Onlinemagazin „da Hog’n“ hat nachgefragt, warum aus dem früheren Aushängeschildes eine Bruchbude, ein Geisterhaus, geworden ist.
1945 entfernten tschechische Soldaten die Gleise an der Grenze
Nur wenig erinnert heute noch an die früheren beschwerlichen, aber auch schönen Zeiten rund um die Bahnstation in Frauenberg. Am 15. November 1910 wurde die 26 Kilometer lange Strecke zwischen Waldkirchen und Haidmühle eröffnet. Vor allem im strengen Winter, die dortige Gegend ist gemeinhin als „Schneeloch“ bekannt, wurde eine Bahnfahrt an den Dreisessel zum Abenteuer. Umso glücklicher waren die Fahrgäste dann, wenn sie die Bahnstation in Frauenberg erreichten. Der heutige Zustand des Gemäuers lässt aber nur wenige Erinnerungen an die damalige Zeit zu. Nachdem 1945 tschechische Soldaten die Gleise auf der Grenzbrücke entfernten und schließlich am 31. Dezember 1975 der Bahnbetrieb zwischen Waldkirchen und Haidmühle vollkommen eingestellt worden ist, verlor das Haus auch seinen ursprünglichen Sinn – fand aber als Wirtshaus und Touristen-Magnet schnell einen anderen Verwendungszweck. Bis 1993 konnte man dort seinen Hunger und Durst stillen.
„Als Pächter war ein Grieche dort, der über Nacht wegen angeblich dubioser Geschäfte verschwunden ist“, erklärt Margot Fenzl, Bürgermeisterin der Gemeinde Haidmühle. „Seit dieser Zeit ist das Lokal geschlossen. Als weiterer Pächter ist uns nur noch ein Kurt Schmid bekannt.“ Dubiose Geschäfte? Über Nacht verschwunden? Irgendwie tragen diese Sätze dazu bei, dass das Mysterium um das Waldschlößl, so wurde das in der Bahnstation befindliche Wirtshaus genannt, weiter befeuert wird. Unseren Informationen zufolge gehört das Geisterhaus mittlerweile einer gewissen Helga Fechner aus Berlin. Verwunderlich, dass diese Frau das Gebäude so verfallen lässt. „Das Grundstück und Gebäude sind Privateigentum. Auch wenn der Anblick und Zustand eines Gebäudes mangelhaft ist, so hat die Gemeinde darauf leider keinen Einfluss, wenn der Eigentümer nichts dagegen unternimmt“, sagt Margot Fenzl zur Ruine. „Einzig die Untere Baubehörde am Landratsamt kann Anordnungen zur Sicherung treffen. Dies bedeutet jedoch keinen Abriss oder Sanierung des Gebäudes, sondern kann auch nur die Absicherung mit einem Bauzaun und das „vernageln“ der Fenster und Türen bedeuten.“
Warum lässt die Besitzerin das Haus so zerfallen?
Touristisch freilich alles andere als eine Ideallösung. Zahlreiche Wanderer und Radfahrer kommen wegen des angrenzenden Adalbert-Stifter-Weges am baulichen Schandfleck vorbei. Nur zu gern möchte man sich vorstellen, dass man nach einer Tour auf dem 2004 fertig gestellten Wanderweg im Waldschlößl einkehrt, ein kühles Getränk genießt, sich mit einer Brotzeit stärkt. Diesen Gedanken hegt man freilich auch in der Gemeindeverwaltung Haidmühle-Bischofsreut. „Der Zustand und Anblick der Gebäude ist für unsere Tourismusgemeinde nicht zuträglich. Eine Änderung der Situation würden wir sehr begrüßen und soweit es uns möglich wäre, auch unterstützen. Weshalb Frau Fechner die Gebäude verwahrlosen und verfallen lässt, ist uns nicht bekannt. Wenn die privaten Eigentümer nicht bereit sind zu handeln, sind der Gemeinde die Hände gebunden.“ Schade, traurig.
Das findet auch Hermann Schoyerer von der Ilztalbahn-Initiative. Bekanntlich zeichnet dieser Verein für die Wiederbelebung der Bahnstrecke Freyung-Passau verantwortlich. Und auch die Verlängerung gen Osten, also von Waldkirchen bis Haidmühle, schwirrt den Eisenbahnfreunden im Kopf herum. „Natürlich sage ich Ja zu einer Retrassierung. Die Verbindung würde im Personenverkehr sicher hohe Passagierzahlen nach einer Wiedergewöhnungsphase erwirtschaften. Vor allem aus Tschechien heraus zu uns“, ist er sich sicher. Doch wie so oft scheitert das am lieben Geld. Einer Berechnung zufolge würde eine Wiederinstandsetzung rund 18 Millionen Euro verschlingen. In Zeiten von Stuttgart 21 und dem Berliner Flughafen ein verhältnismäßig geringer Betrag. Dennoch ist Hermann Schoyerer bewusst: „Prinzipiell ist es eher unrealistisch, bei der derzeitigen asphaltgeilen Staatspolitik und dem „Vergessen“ des Unteren Bayerischen Waldes mit einer Retrassierung zu spekulieren.“ Etwas offener scheinen da unsere östlichen Nachbarn zu sein. „Die südböhmische Regierung würde hier wahrscheinlich erheblich aufgeschlossener mitmachen. Die wollten mal die fehlenden Schienen-Meter nach Haidmühle wieder spendieren, um ein geschlossenes ÖPNV-System zu reaktivieren. Wurde aber abgelehnt – klar.“
Restaurierung? „Unrealistisch, bei der asphaltgeilen Staatspolitik“
Zukunftsmusik, leider. Relativ unwahrscheinliche dazu. Bis es zu einer Entscheidung, oder gar einer Restaurierung der früheren Bahnstation kommt, sind wohl auch die letzten Fenster eingeschlagen und Balken vergammelt. Geisterhaus statt Touri-Hochburg.
Helmut Weigerstorfer
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Ein kleiner Hinweis:
Bei dem abgebildeten Gebäude handelt es sich nicht um die ehemalige Bahnstation, sondern um das ehemalige Gasthaus Süß. Das eigentliche Bahnhofsgebäude ist längst abgerissen.
Ja das ist das ehemalige Gasthaus Süß! Ich kann mich gut an das Gasthaus erinnern. Das war eine schöne Zeit. Im Sommer war immer viel los. Meine Mutter hat dort oft als Bedienung gearbeitet.
Auch die Bahnstrecke zwischen Haidmühle und Waldkirchen war einmalig. Ich bin als Kind noch mit der Dampflok von Altreichenau nach Waldkirchen gefahren. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn diese Bahnstrecke wieder in Betrieb genommen würde.
Wo sind den jetzt all die Radwegfreunde, die doch jede Menge Urlauber über den Radweg in den schönen Bay.Wald bringen wollten? Eine Gleisanlage kaputt machen und für ein paar DM nach China verscherbeln, die heute einen Wert von 18 Millionen Euro hätte, dazu kann man nur sagen: dumm – dümmer -Bayern. Und da ertreistet sich ein Dr. Peter Robl von der CSU noch Spottbriefe über die Ilztalbahn zu schreiben. Also blöder gehts nicht mehr.