Freyung/Innernzell/Dingolfing. Hollywood ist dem Size Zero-Trend verfallen. Abmagern, bis die Kleidergröße „null“ erreicht ist – dieser Wahnsinn scheint in der Celebrity-Szene momentan sehr beliebt zu sein. Stars wie Miley Cyrus, Beyoncé Knowles oder Keira Knightley sind dem Schlankheitswahn erlegen. Doch nicht nur Prominente, auch „normale“ Leute finden immer mehr gefallen an dem Trend. Der Berliner Personaltrainer Julian Zietlow hat – in Anlehnung an den Hollywoodtrend – ein Size-Zero-Fitnessprogramm entwickelt, das einzig und allein für Frauen gedacht ist. Pia Luksch aus Innernzell hat dieses Size-Zero-Workout bereits absolviert und berichtet aufm Hog’n über ihre Erfahrungen damit. Außerdem sprechen Fitness-Studio-Betreiber Heiner Ratzisberger und Personaltrainer Michael Limmer über die Vor- und Nachteile solcher Fitness-Programme.
„Ich wollte mich wieder wohl in meiner Haut fühlen“
Pia Luksch hat das Programm zu Weihnachten geschenkt bekommen, nachdem sie sich darüber informiert hatte. Selbst der recht stolze Preis von 299 Euro hat die Studentin (Fachrichtung: Angewandte Trainingswissenschaften) nicht abgeschreckt. Die Motivation: Pia wollte sich „wieder wohl in ihrer Haut fühlen“. So begann sie Anfang 2014 mit der 70 Tage dauernden Methode. Mit Hilfe eines eigenen Online-Personaltrainers, einem ganzheitliches Konzept, Trainingsvideos, Trainingsplänen, Hilfen zur Übungsausführung und Ernährungsanweisungen war sie fest entschlossen, das Programm durchzuziehen.
„Ich wollte dadurch nicht abnehmen, sondern meinen Körper definieren – Muskeln aufbauen und straffen.“ Aus ihrer Sicht gleicht das Programm einer Wettkampfvorbereitung, da man nur zehn Wochen Zeit dafür hat, um sich in Topform zu bringen. Die 30- bis 45-minütigen Einheiten können sowohl im Fitnessstudio als auch von zu Hause aus absolviert werden. Alle zwei Wochen bekommt man einen neuen Trainings- und Ernährungsplan zugeschickt.
„Die Zeit war hart und aufwändig, aber es hat sich gelohnt“
Ihre Erfahrung: Neben dem harten Training machte ihr vor allem der strenge Ernährungsplan nach dem Low-Carb-Konzept zu schaffen, sagt sie. Viel Wasser, kein Alkohol, wenig Kohlenhydrate, viel Eiweiß – und alles ganz regelmäßig in kleinen Portionen, das stand für Pia auf dem Plan. Abends mal mit Freunden Essen gehen war dann gar nicht mehr so einfach. „Manchmal hätte ich am liebsten Süßigkeiten genascht“, gibt sie ehrlich zu. „Phasenweise hatte ich auf nichts mehr Lust und hätte am liebsten den ganzen Tag geschlafen.“ Doch sie hielt durch, wie sie nicht ohne Stolz berichtet. „Diese Zeit war hart und aufwändig, doch es hat sich gelohnt“, sagt die 20-Jährige heute.
70 Tage lang Size-Zero-Methode. Am 71. Tag kam dann der so genannte „Cheatday“ (zu Deutsch: betrügen, schwindeln, schummeln) – für Pia der „wohl beste Tag an Size Zero“. Am Cheatday darf man alles und soviel essen wie man will. „Der Tag dient dazu, seinen Kreislauf wieder auf Touren zu bringen, da das Low-Carb-Essen den Stoffwechsel schon mal einschlafen lassen kann“, erklärt die Studentin. Pia kann trotz all der Strapazen dem Size-Zero-Programm nur Positives abgewinnen. „Ich habe in den vergangenen Monaten sehr viel über meinen Körper, Sport und Ernährung gelernt. Zudem habe ich viele neue Freunde gewonnen, was eigentlich das Beste an dem Ganzen ist“, erzählt sie.
In diesem Size-Zero-Werbe-Video wird die Trainingsmethode kurz vorgestellt:
Size Zero-Slogan: „In zehn Wochen zur Traumfigur“
Bei regelmäßiger, richtiger Anwendung und starkem Durchhaltevermögen sei bereits nach kurzer Zeit ein Erfolg zu erkennen – so verspricht es das Programm. Des Weiteren wird nicht viel Equipment für das Training benötigt, so dass die Übungen, wie sie auch Pia gemacht hat, von daheim aus durchgeführt werden können. Aber: Sowohl bei falscher Ernährung als auch bei falschem oder übertriebenem Training könne das Programm zu Gesundheitsschäden führen, wie Pia erzählt. Sie kennt Fälle, in denen junge Mädchen die Size Zero-Diät übertrieben hätten: „Manche haben schon ziemliche Kreislaufprobleme – und machen trotzdem weiter.“ Pia selbst macht momentan kein Size Zero mehr. Sie trainiert zwar regelmäßig und achtet auf ihre Ernährung, jedoch nicht so konsequent wie während der Programm-Phase.
„Persönliche Betreuung beim Training von Vorteil“
Heiner Ratzesberger, Betreiber der „Fitnessworld Freyung“, kennt zwar den Namen des Fitnessprogramms, muss dennoch zugeben, dass er sich noch nicht genauer darüber informiert hat. In seinem Fitnessstudio ist ihm daher auch kein derartiger Fall bekannt. „Natürlich könnte bei uns auch das Programm durchgeführt werden“, sagt Ratzesberger. „Dann hat diejenige zumindest gleich eine professionelle Betreuung beim Training.“
Etwas misstrauisch ist er, wenn Trainingsmethoden wie Size Zero von daheim aus praktiziert werden. „In diesem Fall hat man nur die Videos als Kontrollorgan und keine endgültige Sicherheit, ob auch alles richtig gemacht wird“, begründet er seine Skepsis. Bei falschem Training könne deswegen auch mal schnell ein Schaden am Körper entstehen.
In der Fitnessworld steht deswegen das Training nach individuellen Plänen an erster Stelle. „Ob Muskel- oder Ausdauertraining, jeder hat seine persönliche Betreuung – bei einem Fehler kann sofort geholfen werden. Kontrolle während den einzelnen Übungen ist sehr wichtig“, sagt Ratzesberger. Neben dem Training muss auch die Ernährung angepasst werden. Wie bei Size Zero beruft man sich hier ebenso auf das Low-Carb-Konzept.
„Die Tendenz in Richtung kleine Kleidergrößen ist gefährlich“
Als weiterer Experte bringt Personaltrainer Michael Limmer aus Dingolfing seine Meinung mit ein. Er möchte nicht spezifisch auf Size Zero eingehen, da er es nicht getestet hat und generell auch keine Bewertung über die Arbeit von Kollegen bzw. deren Projekte oder Fitnessprogramme abgibt. „Allgemein muss man aber kritisch bemerken, dass viele Medien und auch eine Vielfalt der Fitnessbranche mit dem Erreichen einer möglichst kleinen Kleidergröße werben. Je kleiner die Kleidergröße, desto besser, schöner, angesehener, erfolgreicher, gesünder.“ Dass diese Tendenz vor allem für junge Frauen gefährlich ist, stellt der Personaltrainer außer Frage. „Die vermeintlichen Traummaße sind für viele nur schwer zu erreichen.“ Auf keinen Fall sollte man sich etwa Models als Vorbild nehmen. „Schließlich arbeiten diese mit ihrem Körper und verdienen Geld damit. Den Körper fit und möglichst schlank zu halten ist deren Hauptaufgabe.“
Nur wer schlank ist, ist „in“
Bei der Durchführung eines Fitnessprogramms beginnt man anfangs mit viel Motivation, die sich bei Misserfolgen schnell in Frust umwandeln können, so Limmer. Den Fehler darin sieht er bei der Werbung, der „Propaganda“, wie er es nennt. „Es wird schließlich damit geworben, dass jeder sein Zeil erreichen kann.“ Jedoch sei es unmöglich, dass es Fitnessprogramme gibt, die für jeden zu 100 Prozent effektiv sind. „Jeder Mensch ist ein Individuum, deshalb kann das nicht funktionieren“, erklärt der Personaltrainer.
Kommt durch das Training nicht der erhoffte Erfolg zustande, werde sich eben zur persönlichen Traumfigur gehungert – in kürzester Zeit. „Es erklärt sich von selbst, dass dies nicht gesund ist“, sagt Limmer. Ihm zufolge entwickelt sich besonders an vielen Schulen der Trend: Nur wer schlank ist, ist „in“. Wer aber nur ein wenig vom vermeintlichen Idealmaß abweichte, sei „out“. Er nimmt diesbezüglich auch Eltern und Schulen in die Pflicht. „Es gibt x-Schulfächer, jedoch kein Schulfach das sich mit der Thematik Gesundheit, Bewegung, Sport, Ernährung etc. genügend befasst. Das Fach Sport bekommt kaum Aufmerksamkeit – und wenn Schulstunden ausfallen, ist es doch meist der Sportunterricht“. Deswegen ist es für den Dingolfinger auch kein Wunder, dass der Großteil der Bevölkerung zu wenig über die eigene Gesundheit wisse…