Lichteneck. Der Ort des Interviews ist sinnbildlich. Auf dem Kinderspielplatz im Ortszentrum von Lichteneck (Stadtgebiet Grafenau), direkt neben dem Gelände, wo seit 20 Jahren das Rockfestival Lichteneck stattfindet, hat sich Hog’n-Redakteur Helmut Weigerstorfer mit Willi Weber (45) und Herbert „Sam“ Kronschnabl (51) zum Interview getroffen. Aus den früheren „harten“ Kerlen sind mittlerweile „weiche“ Familienväter geworden. Im Gespräch mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ erklären die beiden Festival-Organisatoren, warum heuer das letzte Festival dieser Art in Lichteneck stattfindet. Außerdem blicken der erste Vorsitzende und Booker (Sam) sowie der dritte Vorsitzende und Grafiker (Willi) auf 20 Jahre Event-Geschichte zurück – und sinnieren über das Älterwerden. Ein Stückchen waidlischer Rock-Kultur verschwindet …
Willi, Sam: Wie laufen die Vorbereitungen für das diesjährige Festival?
Willi: Wir sind absolut im Soll.
Sam: Das Zirkus-Zelt ist am vergangenen Wochenende aufgebaut worden. Mittlerweile haben wir ja schon Routine mit der Organisation.
„Beim Festival werden rund 120 Helfer im Einsatz sein“
Willi: Wir haben alles gut aufgeteilt. Für die Küche, Bands, Backstage, Booking und die anderen Bereiche sind extra Abteilungen innerhalb des Vereins gegründet worden. Und jede dieser Abteilungen funktioniert perfekt.
Sam: Das Organisationsteam besteht aus 14 Leuten. Beim Festival selbst werden dann rund 120 Helfer im Einsatz sein.
Wieder werden rund 1.500 Festival-Fans täglich nach Lichteneck kommen. Woher kommen die meisten Besucher?
Sam: Der Großteil kommt aus der unmittelbaren Umgebung – nur einige wenige aus den Regionen um Passau und Deggendorf. In den vergangenen Jahren bleiben auch wieder mehr hier und zelten am Gelände – vorausgesetzt, das Wetter passt, was leider nicht immer der Fall ist…
Welche Highlights gibt’s denn heuer?
Sam: Am Freitag ist Megaherz Headliner, eine Industrial-Rock-Combo. Der Samstag ist dann breiter aufgestellt, was die Musikrichtungen angeht: Karin Rabhansl, Rainer von Vielen und Nirvana Teen Spirit.
„Wir waren nie ein reines Hardrock-Festival“
Dann stimmt ja eigentlich der Begriff Rockfestival nicht so ganz, oder?
Sam: Das stimmt, ja. Unser Ziel ist es, möglichst viele Richtungen abzudecken. Wir waren nie ein reines Hardrock-Festival.
Willi: Generell ist der Freitag der härtere Tag, da sind mehr die Metall-Geschichten im Programm. Der Samstag ist dann etwas offener – eher der Familien-Tag (lacht).
Das liegt wohl daran, dass Ihr mittlerweile auch älter seid und Familie habt?
Sam: Das ist sicher so, ja. Ich habe mich als Booker oft gefragt, ob die Bands, die ich buche, heute bei den jungen Leuten noch ankommen. Leider ist aber bei unseren jüngeren Mitgliedern selten das Interesse da, selbst Musikgruppen auszusuchen. Freilich wollen sie irgendwelche bekannten Interpreten – das scheitert aber dann meist an den Gagen. Und das müssten wir dann auf die Eintrittspreise umlegen …
„Wir sind älter geworden, und haben keine Nachfolger gefunden“
Der große Schock für alle Lichteneck-Fans: Das 20. Festival ist gleichzeitig das letzte. Warum?
Sam: Wegen den vorher bereits genannten Gründen. Wir sind alle älter geworden – und haben leider keine Nachfolger, die unseren Weg weitergehen. Die meisten von uns haben Familie, Kinder und somit mittlerweile andere Prioritäten. Zudem sind wir etwas müde geworden, die Organisation, der Stress während der Vorbereitung, haben Spuren hinterlassen.
…traurig!
Willi: Ja, absolut. Das Festival hat uns die vergangenen 20 Jahre über begleitet. Heuer ist sicher ein bisschen Wehmut dabei. Neben der Veranstaltung an sich wird uns auch die Kameradschaft, die gemeinsame Zeit während den Vorbereitungen fehlen. Irgendwie ist das Ganze für uns wie Urlaub (lacht). Die Entscheidung, dass wir aufhören, haben wir eigentlich schon im vergangenen Jahr getroffen. Einige entscheidende Personen hätten ihre Ämter zur Verfügung gestellt, ein Umbruch wäre angestanden. Doch der blieb leider aus…
„Der Verein bleibt auf alle Fälle bestehen“
Was wird dann aus dem Verein „Kultur z’Lichteneck“, Veranstalter des Festivals?
Sam: Der bleibt auf alle Fälle bestehen, obwohl freilich dessen Gründungsgrund das Festival war. Wir werden uns weiterhin am Lichtenecker Dorfleben beteiligen – sei es beim Sonnwendfeuer oder beim Maibaumaufstellen. Ob wir in irgendeiner Weise mal wieder was Größeres organisieren, ist offen. Was klar ist: Das Rockfestival wird es definitiv nicht mehr geben.
Wie ist es eigentlich dazu gekommen, dass es im kleinen Dorf Lichteneck ein solch großes Festival gibt?
Willi: Eins vorweg: Sam und ich waren nicht von Anfang an dabei, sind quasi Spätstarter. Die Idee entstand beim Skifahren, man war sich einig, dass man mal was im Dorf machen könnte. Seine Anfänge hat das Festival im Rahmen des Lichtenecker Dorffestes, am Freitag gab es damals eine Rocknacht. Schon im Vorfeld wurden dafür sehr viele Karten verkauft, sodass es nicht bei der einen Nacht geblieben ist.
„Inzwischen ist das Zirkus-Zelt unser Alleinstellungsmerkmal“
An welche Höhen und Tiefen erinnert Ihr Euch besonders?
Sam: Eines der größten Highlights war sicher der Wechsel zum Zirkus-Zelt im Jahr 2002. Wir wollten weg von der Motorrad-Treffen-Geschichte – und das haben wir durch diese Maßnahme geschafft. Inzwischen ist das Zelt unser Alleinstellungsmerkmal.
Willi: Die negativen Erinnerungen hängen meistens mit Wetterkapriolen zusammen. Größere Polizeieinsätze und Schlägereien hat es – Gott sei Dank – nie gegeben.
Sam: In den besten Zeiten hatten wir nach dem Ende über sieben Tonnen Müll auf dem Gelände. Wir räumen dann aber alles zusammen, es bleibt nichts zurück.
Viel Erfolg beim diesjährigen Festival und für die Zukunft – ohne Festival – alles Gute!
Interview: Helmut Weigerstorfer