Berlin. „Berlin – Du bist so wunderbarrrr… Berlin!“ Davon durfte sich das Hog’n-Team neulich überzeugen. Von MdB Rita Hagl-Kehl und dem Bundespresseamt wurden wir eingeladen – dieses sagenhafte Angebot für drei Tage politische Bildung par excellence in der Hauptstadt konnten wir nicht ausschlagen. Bestechung? Vetternwirtschaft? Klüngelei? Auf Du und Du mit den Genossen? Ja freilich – nicht mit uns! Wir waren dabei als Eure unbestechlichen Hog’nies: Stephan und Eva, Helmut und Kathrin. Auf Facebook haben wir Euch quasi in Echtzeit an unserem Trip teilnehmen lassen – und jetzt schau’n wir nochmal kurz zurück auf die „politische Informationsfahrt“, wie es in der Einladung ganz offiziell hieß…
Ein Promi! Evil Jared von der Bloodhound-Gang am Bahnhof
Tag o. Bahnhof Passau, Sonntag, neun Uhr in der Früh. Das wird wieder ein heißer Tag – bleibt zu hoffen, dass die Klimaanlage im ICE brav mitmacht. Wir schauen uns nach unserer Reisegruppe um. Da schau her, ein paar ältere Herren: Das müsssen sie sein (- immer diese Klischees…). Und das sind sie auch! Allen voran der Eisner Hans, unser Gruppenleiter. Erkennungszeichen: Strohhut und Bart. Mit dabei sind schlussendlich rund dreißig Genossen und Nicht-Genossen – unter anderem auch MdL Bernhad Roos. Die Reise kann beginnen. In acht Stunden Zugfahrt mit einmal Umsteigen in Nürnberg lässt sich viel essen und lesen; die Klimaanlage läuft vorzüglich. Erstes Zeichen, dass wir uns einer großen Stadt nähern: Ein Promi! Stephan schreit: „Das ist Evil Jared!“ Und: Wer war das gleich nochmal? „Oh Mann. Das ist der Bassist der Bloodhound-Gang. Kennt man doch.“ Stimmt. Das sind die mit dem Bad Touch.
Bahnhof Berlin „Gesundbrunnen“. Umstieg in den Bus, Fahrt zum Hotel. In welchem Stadtteil liegt das gleich nochmal? Landsberger Allee 203, Bezirk Lichtenberg. Zimmer beziehen, kollektiv Essen fassen, sich dabei im unklimatisierten Speisesaal bei 35 Grad Außentemperatur fast kaputt schwitzen, draußen noch ein kleines Getränk zu sich nehmen – und ab ins Bett. Lust auf Stadtleben? Nööö. Heute nicht mehr. Lust auf weiche Matratzen hat der Stephan aber genauso wenig. Darum ziehen wir um 22.30 Uhr um in ein Zimmer mit härteren Betten. Nachts findet dafür auf dem Gang eine Party statt – mööööööp.
Von den Bayerischen Landesvertretung ins Stasi-Museum
Tag 1. Wir steigen mittags ins Programm ein. Erster Termin: Bayerische Landesvertretung. Es ist knallheiß, wir schlängeln uns mit Tram und U-Bahn durch die Stadt. Da sind wir, mitten im Regierungsviertel. Ziemlich menschenleer ist die Behrenstraße, Berlin-Mitte, in der viele Verwaltungsgebäude und Banken angesiedelt sind. Und Kulturtempel. Gegenüber der Bayerischen Landesvertretung steht die Komische Oper. Zufall? In der Landesvertretung weht ein klimatisierter, schwarzer Wind. Eine nette Referentin erzählt uns bei Apfelsaftschorle, was hier passiert: Karpfenessen zu Aschermittwoch, Glühweintrinken im Advent, lustiges Zuprosten im hauseigenen Bierkeller – war da sonst noch was…? Wir taumeln nach draußen, wo uns der Berliner Sommer in die Arme nimmt. Der Himmel ist diesig, der Stadtstaub klebt an unseren Füßen – darum also Sky and Sand, Paule, alles klar…
Nächste Station: ehemalige Stasi-Zentrale, Berlin-Lichtenberg. Ein Teil des riesenhaften Gebäude-Komplexes ist jetzt ein Museum. Uns führt eine unheimlich großartige Frau in Pluderhose und mit Hanf-Ohrsteckern herum, die Geschichte wahrhaftig lebendig werden lässt. Die Gruppe hängt an ihren Lippen. Sie kennt sich bestens aus und hat mit ihrer freiheitlichen Gesinnung zu DDR-Zeiten selbst die kalte Hand der Diktatur zu spüren bekommen. Alles im Haus ist originalgetreu. Erich Mielkes Büro, die Gänge, sogar die Teppiche. Im Foyer stehen Bronzebüsten von Marx und Engels, die mit der Auslegung ihrer Theorien wohl so nicht einverstanden gewesen wären. Hauen wir ab…
Von den vollen Hackeschen Märkten in den leeren Plenarsaal
…und zwar wieder nach Berlin-Mitte – zu den Hackeschen Märkten. Da geht’s zu! Läden und Restaurants, die S-Bahn-Station, Straßenkreuzungen und ein Gewurle aus tausend bunten Menschen. Wir schlüpfen in einen Hinterhof, wo es sofort erstaunlich ruhig ist, sind umgeben von Jugendstil, setzen uns ins Restaurant Oxymoron und schlürfen Bier und selbstgemachte Ingwer-Limo. Hier lässt es sich aushalten – und hier können wir in aller Beschaulichkeit die Leute beobachten. „Dit is Bealin, wah!“ Gegessen wird dann mit dem Tross in einer spanischen Steakhouse-Kette. Ja – und noch eine Station steht an diesem langen Tag an…
Der Klassiker: Das Reichstagsgebäude am Platz der Republik. Zuerst müssen wir die Schleuse passieren, wie am Flughafen geht’s dabei zu. Nach unserer ausführlichen Durchleuchtung steht fest: Wir sind harmlos. Es ist spät. Um 22 Uhr sitzen wir im Plenarsaal und hören uns den Vortrag eines Mannes an, der sich mit den Gegebenheiten des Hauses auskennt. Die blauen Sitze unter uns sind leer – es ist Ferienzeit. Der Mann erzählt mit Witz und Charme, während einige die Federn des großen silbernen Adlers, der über allen Dingen schwebt, zählen – 60 Stück sind’s. Die Kuppel können wir heute nicht mehr erklimmen, die wird geputzt. Dafür dürfen wir auf die Dachterrasse. Stephan und Eva wollen nicht, sie lassen lieber die Beine baumeln, unten auf der Mauer. Helmut und Kathrin wollen durchaus einen Blick über die nächtliche Stadt werfen – was dann letztlich an Kathrins Höhenangst scheitert. Macht nix. Berlin is dufte – ob von oben oder von unten.
Einmal kreuz und quer durch die Stadt – jetzt fühlen wir Berlin
Tag 2. Unser Tag beginnt wieder mittags. Und zwar in der Zentrale der Genossen – im Willy-Brandt-Haus, Berlin-Kreuzberg, da wo die Nächte lang sind. Wir kommen nicht ganz rechtzeitig hin, weil das Verkehrsnetz nicht so will wie wir. Und die U-Bahn fährt oberirdisch. Ist so. Und heiß ist es auch wieder. Drinnen: Anwerbung von weiteren potenziellen Genossen. Wir sind gemeint. Das mögen wir nicht so sehr. Wir mögen lieber darüber reden, warum denn nun die SPD bei sämtlichen bayerischen Wahlen so miese Zahlen hat – und warum die Mitglieder schwinden wie nochwas. Der Referent mag uns das nicht ganz so zufriedenstellend erklären. Weitere Themen: PKW-Maut und Rente. Dem Willy Brandt selbst ist das längst wurscht, wie’s scheint: Er steht im Foyer als riesenhafte Skulptur, die irgendwie mitgenommen aussieht. Wir posen trotzdem mit dem altehrwürdigen Sozen.
In unserem Bus unternehmen wir nun eine Stadtrundfahrt, die sich gewaschen hat. Unsere Gruppenleiterin ist „eene echte Baarlieenarin“. Sie kennt ihre Stadt, wir spitzen interessiert die Ohren, als wir von einem Bezirk zum nächsten fahren. Spätestens jetzt fühlen wir die Stadt, die so hässlich sein kann, aber auch so schön. Unsere Herzen tanzen trotzdem. Einmal durch Kreuzberg, vorbei an den buntesten Kneipen, Läden, Märkten, über Brücken, vorbei an dem langen, erhaltenen Mauerstück, das mit erstaunlicher Graffiti-Kunst glänzt. Vorbei an langen Straßen, an denen nichts zu sein scheint, Grünstreifen, Baumreihen – ganz schön grün, die Stadt – da, die Rudi-Dutschke-Straße mit dem taz-Gebäude, weiter vorbei an den rostigen Eisenstäben der Mauer-Gedenkstätte, am Horizont Kräne und immer wieder der Fernsehturm, der uns das Zentrum der Stadt nicht aus den Augen verlieren lässt. Weiter vom Regierungsviertel, Unter den Linden, da – das Brandenburger Tor! – dort die Siegessäule! – weiter zum Bahnhof-Zoo-Zentrum, am KaDeWe vorbei, da geht’s zu… Schnell etwas essen.
Der Abend klingt aus. Wir treffen uns mit Robert, einem lieben Freund von Eva, der seit mittlerweile vier Jahren in der Hauptstadt weilt. Und Christian Luckner kommt auch noch dazu, der politisiert mittlerweile aus dem Off in der „schwarzen Hölle“ Berlins. Wir sitzen im Schleusenkrug im Tiergarten, einem gemütlichen, schmuddligen Biergarten, die Kamele müffeln fast herüber, wir trinken Berliner Kindl und Hollerblütenschorle, ratschen und werden müde. Die Stadt schlaucht uns Landeier. Wir wollen duschen und ins Bett. Robert lotst uns in die richtige Richtung, gar nicht so einfach bei all den gesperrten Linien. Irgendwann ist es dann doch geschafft.
Currywurst! Mit Feldsalatgarnitur? Für 8,50 Euro? Hallo?
Tag 3. Abfahrt. Immer schön langsam. Zunächst statten wir dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Forsten einen Besuch ab. Der Referent sieht aus wie Slys Bub „Michael Cuttler“ im legendären Film Over the Top. Er sammelt große Sympathiepunkte, als er sich leise aber kritisch zu seinen Themen äußert. Tierhaltung, Lebensmittelkennzeichnung, Massenbettriebe, undundund… Die Diskussion nimmt Fahrt auf, leider ist die Zeit schon wieder vorbei.
Letzte Station an diesem Tag: Sony Center, Bezirk Tiergarten. Rein geht’s ins Filmmuseum. Gutes Konzept, schöner Aufbau, schön – und gut, aber: Wir haben noch keine Currywurst gegessen! Det jet janüscht! Also noch schnell rein ins Restaurant nebenan (Fehler! Keine Currywurst-Bude!) und eine klägliche Wurst im Porzellanschälchen nebst Feldsalatgarnitur und Baguette verspeist. Für 8,50 cash. 8,50 Euro! Wir müssen heim. Hallo? Wir sind arm, aber sexy. Ja, Du auch, Balin, schon klar. Aber der Wald ruft. Rein in den Bus, rein in den Zug, Klimaanlage läuft. Essen, schlafen, lesen – grade noch vor Mitternacht, um nicht zu sagen um fünf vor zwölf, liegen wir in den heimischen Federn. Riechen die frisch geodelte Wiese nebenan, hören: nix! Jetzt wissen wir Bescheid: Det is Berlin, wa! Schön war’s. Vielen Dank für die Einladung!
Stephan und Eva Hörhammer