Freyung/Berlin/Köln. Die Welt spaltet sich! Auf der einen Seite gibt es in vielen Ländern sehr positive Entwicklungen für Lesben, Schwule und Transmenschen: Eheschließungen, eingetragene Partnerschaften, Gleichstellung bis hin zum Adoptionsrecht. In vielen anderen Ländern gibt es aber gerade genau das Gegenteil: die Rückkehr in eine Zeit der Verfolgung, Unterdrückung und staatlich legitimierter Gewalt gegenüber allem, was nicht der Heteronormativität entspricht. Das Ziel muss lauten: Hin zu einer freieren und offeneren Gesellschaft. Darauf aufmerksam machen will die Aktion „100 % MENSCH„, an der – neben vielen weiteren mehr oder weniger namhaften Künstlern – auch die aus Freyung stammende und sich offen zu ihrer Homosexualität bekennende Sängerin Julia Reihofer („Jump“, „Sammer of Love“) teilnimmt.
„Haben’s satt, dass homophobe Parolen wieder salonfähig werden“
„Wir haben es satt im Fernsehen Berichte darüber zu sehen, wie die Menschenwürde in Russland, Uganda, Indien, dem arabischen Raum und in so vielen anderen Ländern mit Füßen getreten wird. Wir haben es satt, dass auch in Deutschland homophobe Parolen wieder salonfähig werden. Wir haben es satt, dass menschenverachtende Stimmen einen Platz in den Medien bekommen und wir haben es satt, dass wir für jede Selbstverständlichkeit der Gleichberechtigung kämpfen und sie am Ende höchstrichterlich durchboxen müssen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Benefiz-Aktion „100 % MENSCH“. Und weiter: „Wir wollen nicht mehr als Andere – wir wollen einfach nur dieselben Rechte wie alle. Mit jedem Schritt der rechtlichen Gleichstellung haben wir uns jeder Pflicht voller Verantwortung gestellt und ernten vielfach immer noch Häme und Ausgrenzung. Es darf nicht sein, dass wir uns immer wieder für das rechtfertigen zu müssen, was wir sind: Mensch! Zu hundert Prozent.“
Zeilen, die Julia Reihofer zu einhundert Prozent unterstreichenkann. Wie es zum Engagement der 27-Jährigen für das Projekt gekommen ist? „Holger Edmaier, ein bekannter Komponist und Musikkabarettist, den ich bei vergangenen Christopher-Street-Days kennengelernt habe und mit dem ich eine langjährige Freundschaft pflege, hat mich angeschrieben – und ich habe spontan zugesagt“, erklärt die Sängerin auf Hog’n-Nachfrage begeistert. Und dann ging alles recht schnell: Edmaier kreuzte vor rund drei Wochen kurzerhand in Julias Freyunger Wohnung auf, um ihren Part des Benefiz-Songs mit ihr einzusingen – im Gepäck mit dabei: ein mobiles Tonstudio. „Die Akustik im Wohnzimmer war a bisserl schlecht – weshalb wir dann in die Wäschekammer umgesiedelt sind“, erinnert sich Julia mit einem Lachen. „Die Akustik war dort viel besser – und ich hab zwischen Waschmaschine, Staubsauger und Co. meinen Teil zum Lied beigesteuert.“
Erlös aus dem Single-Verkauf geht an Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Mit dem Song wollen fast 30 Sänger, Schauspieler, Autoren, Moderatoren und Entertainer – darunter Künstler wie Hella von Sinnen, Dr. David Berger, Martin Reinl oder Stephan Runge – ein Zeichen gegen Homophobie und für Menschenrechte setzen – und so ihre Stimme für die uneingeschränkte Gleichstellung von LSBTTIQ (Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen, Intersexuellen und Queers) erheben.
„Wir sind genauso normal wie jeder andere auch“, betont Julia Reihofer. „Es geht doch nur um den Menschen. Das ist es, was uns verbindet. Jeder ist irgendwie Mensch.“ Sie selbst habe seit ihrem Outing in ihrem Umfeld ausschließlich positive Erfahrungen gemacht – und weder von Seiten der Familie noch aus dem Freundeskreis sich mit „homophoben Verhaltensweisen“ auseinandersetzen müssen. Auch die latente Homophobie – in Form von alltäglichen schwulenfeindlichen Äußerungen und Vorurteilen – habe bis dato noch kein Problem in ihrem Leben dargestellt, so Julia. Was ihr jedoch auffällt, etwa im Umgang mit neuen Bekanntschaften: „Einige haben schon etwas Angst vor dem Anderen, dem Anderssein.“
Der Erlös aus dem Verkauf der Single „100% MENSCH“ geht an die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die sich weltweit für die Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen, Intersexuellen und Queers einsetzt. Die Stiftung arbeitet seit 1996 unter anderem mit Projekten in Russland, Afrika und Mittelamerika zusammen. „Mir geht’s vor allem um den guten Zweck“, sagt Rock-Röhre Julia Reihofer, die zugibt, dass die Musikrichtung des Songs („Schlager-Pop“) nicht so ganz ihr Fall ist. Sehr gespannt ist sie dennoch auf das Gesamtprodukt, das ab 30. Mai zu hören sein wird. „Und wenn möglichst viele Leute den Titel downloaden bzw. die Single kaufen, stürmen wir am Ende die Charts“, gibt sich die Sängerin optimistisch.
Stephan Hörhammer
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–> „100% MENSCH“ wird zum 30. Mai 2014 (CSD Dresden) als Download erscheinen und ab dem 4. Juli 2014 (CSD Köln) als reale CD zu erwerben sein.
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