Waldkirchen. Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Wohl auf keinen anderen trifft dieses Sprichwort derzeit so gut zu wie auf Waldkirchens neuen Bürgermeister Heinz Pollak (UCW-FW). Noch im vergangenen Jahr schien es für ihn, wie er selbst berichtet, nichts Anderes zu geben als eine Karriere als Bankkaufmann. Zudem fühlte sich der 37-Jährige in Stephansposching (Landkreis Deggendorf), wo er aktuell immer noch wohnt, sehr wohl. Doch die Kommunalwahlen 2014 „spülten“ den geborenen Passauer zurück in heimatliche Gefilde: Für viele überraschend, löste er den bisherigen Amtsinhaber Josef Höppler auf dem Rathaussessel der größten Stadt des Landkreises Freyung-Grafenau ab. Fast schon nebenbei wurde Heinz Pollak kürzlich auch noch Vater eines Sohnes. Im Gespräch mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht der frühere CSU- und FDP-Politiker über die turbulente Zeit im und vor dem Wahlkampf, über seinen neuen Job als Waldkirchens neues Stadtoberhaupt und über seine Ziele als Kommunalpolitiker.

„Ich muss mich in Waldkirchen erst mal wieder bekannt machen“
Herr Pollak, waren Sie mit Ihrem am Karfreitag geborenen Sohn Felix schon in Ihrem Amtszimmer?
Nein, bisher nicht (lacht). Felix wird mich erst in der Arbeit besuchen, wenn er mit dem Auto mitfahren kann – er ist noch nicht mal einen Monat alt. Leider sehe ich meine Familie derzeit nicht allzu oft – meistens bin ich bis spät nachts unterwegs. Zurzeit wohne ich auch noch in Stephansposching und pendle jeden Tag …
… und das bleibt so?
Nein. Spätestens im August ziehen wir in ein Haus in Dorn bei Waldkirchen.
Papa und Bürgermeister – in den vergangenen Wochen ist einiges passiert. Haben Sie noch alles im Griff?
Freilich (lacht). Alles läuft ganz ruhig und gelassen. Und das, obwohl es für mich doppelt schwierig ist: Ich habe ja nicht nur die üblichen Bürgermeister-Termine, sondern muss mich bei den Waldkirchenern auch wieder bekannt machen – immerhin habe ich zwölf Jahre nicht hier gewohnt.
Dumme Frage: Warum lässt man sich dann als Bürgermeister-Kandidat in Waldkirchen aufstellen?
(lacht) Von 1996 bis 2001 war ich JU-Ortsvorsitzender in Waldkirchen, zudem auch stellvertretender Kreisvorsitzender im Landkreis Freyung-Grafenau. Und auch beim Kreisjugendring hatte ich eine Führungsposition – übrigens: Freyungs Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich ist dann einer der Nachfolger gewesen. Insofern war ich immer in der Region verwurzelt. Martin Volkmer hat mich dann im vergangenen Jahr gefragt, ob ich nicht für die UCW als Bürgermeister-Kandidat antreten möchte.
„Eigentlich war ich mit meinem vorherigen Job ganz zufrieden“

Und Sie haben gleich zugesagt?
Weil ich damals gerade im Urlaub war, habe ich erst mal um Bedenkzeit gebeten (schmunzelt). Eigentlich war ich mit meinem vorherigen Job bei der Bank ganz zufrieden – wir hatten uns auch erst ein Haus in Stephansposching angemietet. Doch letztlich habe ich mich doch dazu bereiterklärt, als Bürgermeister zu kandidieren.
Während Sie sich auf Ihre Rolle als Vater knapp neun Monate einstellen konnten, ist Ihre Wahl zum Bürgermeister für viele etwas überraschend gekommen. Auch für Sie?
Ja. Ich habe eine komplette Lebensumstellung hinter mir. Seit 1998 war ich bei der Bank im Anlagegeschäft tätig. Ehrlich gesagt habe ich nicht damit gerechnet, dass ich den Beruf und den Wohnort noch einmal wechseln werde.
Es ist ja schwierig, einen Amtsinhaber, der zur Wiederwahl antritt, vom Thron zu stoßen. Was glauben Sie: Hat Waldkirchen gegen Josef Höppler oder für Sie gestimmt?
(überlegt) Kommunalwahlen sind Persönlichkeitswahlen – nur auf Bundesebene geht es um die Leitmotive der einzelnen Parteien. In den Gemeinden kann man nur wenig mit Standard-Aussagen arbeiten, da geht es vielmehr um die einzelnen Personen. Bestes Beispiel hierfür ist der Waldkirchener Stadtrat: Dort sind sechs verschiedene Parteien vertreten. Mein Wahlerfolg liegt mit Sicherheit an unserer verstärkten Werbung – die etwas anders ausgesehen hat, als die der anderen Parteien. Wir haben viel mit Internet und den neuen Medien gearbeitet. Außerdem haben wir mehrere Wahlveranstaltungen organisiert und Betriebe besucht. Das alles hat dazu beigetragen, dass viele Bürger, die nicht wählen wollten, doch abgestimmt haben. Sie wollten etwas Neues haben …
„Ich werde nicht auf dem Stadtplatz Gutscheine verteilen“

Sind Sie verstärkt von der jungen Generation gewählt worden?
Ich denke schon.
Was wird sich unter Bürgermeister Heinz Pollak alles ändern?
Der finanzielle Spielraum ist in allen Gemeinden und Städten begrenzt. Es wird nicht so sein, dass ich auf den Stadtplatz gehe und Gutscheine verteile (lacht). Dennoch wird es einiges geben, was wir verändern werden. Bei der konstituierenden Stadtratssitzung haben wir beispielsweise neue Ausschüsse festgelegt – nicht mehr nach dem üblichen Muster. Wir haben in Waldkirchen künftig acht Ausschüsse, zum Beispiel für Tourismus, Stadtentwicklung und Veranstaltungen. Auch wird es künftig sechs Beauftragte geben, die mich bei entsprechenden Terminen vertreten werden.
Was ist außerdem geplant?
Waldkirchen soll positiver in den Medien dargestellt werden – wir müssen uns als Marke etablieren. Dazu zählen auch ein neuer Internetauftritt und eine verstärkte Präsenz bei Facebook. Wichtige Themen werden zudem der Breitbandausbau und der Tourismus sein. Vor allem bei Letzterem müssen wir uns den neuen Begebenheiten anpassen. Außerdem müssen die guten Voraussetzungen im Schul- und Kinderbereich weiter gefördert werden. Am Herzen liegen mir ebenso unsere Vereine und alle Ehrenamtlichen – wir brauchen überall junge Leute. Der wichtigste Punkt ist jedoch, dass wir neue Arbeitsplätze schaffen können: Wir brauchen Gewerbegebiete, Neuansiedlungen von Betrieben und eine Reaktivierung unseres Stadtplatzes. Klar ist, dass das jedoch nicht von heute auf morgen geschehen kann – ich bin kein Zauberer.
„In Sachen Marketing wird derzeit einiges überarbeitet“

Wie lassen sich diese Ziele denn verwirklichen?
Viel kann durch das persönliche Gespräch geschehen. Es gibt Firmen und Selbstständige, denen man Hilfestellungen geben muss. Glücklicherweise haben wir bei uns in Waldkirchen hierfür das IGZ. Wir müssen schauen, welche Geschäfte in der Stadt fehlen. Beispiel: Einen Fischladen gibt es weder in Freyung noch in Grafenau – also müsste sich sowas in Waldkirchen rentieren. Besonders reizvoll hierbei: Wir sind – auch durch die Berufsschule – der größte Schulstandort im Landkreis. Der Markt ist also da.
Max Ertl (CSU) und Hans Kapfer (Bayernpartei) sind Ihre Stellvertreter – zwei starke und bekannte Persönlichkeiten, aber beide aus anderen Parteien.
Genau das war auch meine Intention. Ich wollte, dass die größte Fraktion den zweiten Bürgermeister stellt – also die CSU mit Max Ertl. Eine der kleineren Parteien soll dann den weiteren Stellvertreter stellen. Letztlich entschied man sich dann für Hans Kapfer.
Der bisherige Slogan „aufwärts.himmelwärts.“ bleibt erhalten?
Nur so viel: In Sachen Marketing wird derzeit einiges überarbeitet.
Knotenpunkt „Monster-Kreuzung“: „Mein Wunsch wäre ein Kreisverkehr“

Sie haben es vorher bereits angesprochen: Die Reaktivierung des Stadtplatzes. Offen gefragt: Ist das Modehaus Garhammer zu dominierend?
Nein. Wir sind froh, dass wir dieses Aushängeschild haben. Das Modehaus Garhammer zieht viele Menschen an, die dann auch in anderen Geschäften Geld ausgeben. Trotzdem müssen wir darauf achten, dass sich im Stadtkern auch andere Geschäfte ansiedeln.
Der Tourismus soll ein Schwerpunkt Ihrer Politik werden – da treten Sie in die Fußstapfen Ihres Vorgängers Josef Höppler, der sich in diesem Bereich auch verstärkt engagiert hat.
Genau. Wobei in dieser Hinsicht Unterschiede zwischen uns beiden erkennbar sein werden. Meiner Meinung nach muss man verstärkt auf die neuen Medien setzen. Übers Internet soll es möglich sein, Zusatzangebote buchen zu können – es muss ein Drumherum-Paket geschnürt werden, sodass beispielsweise für die Einzelhändler auch noch was abfällt. Unsere Pauschalangebote müssen auch auf die junge Generation abgestimmt werden – ein entsprechendes Angebot hierfür gibt es in Waldkirchen zweifelsohne.
Für Gesprächsstoff sorgt nach wie vor die „Monster-Kreuzung“. Wie geht es mit dem berühmt-berüchtigten Knotenpunkt weiter?
Eine Ideallösung habe auch ich nicht, leider. Man könnte theoretisch eine zweite Brücke bauen – und das Ganze als Kreis verbinden. Das kostet allerdings viel zu viel Geld. Mein Wunsch wäre daher: ein Kreisverkehr.
„Glaube nicht, dass uns irgendeine Stadt abgehängt hat“

Ebenfalls diskutiert die Bevölkerung immer wieder folgende Frage: Hat Waldkirchen den Anschluss an Freyung verloren?
Nein. Ich wurde kürzlich gefragt, was Freyung im Gegensatz zu Waldkirchen hat – und meine Antwort war: ‚Ein Kino und ein Schnellrestaurant‘ (lacht). Alleine, wenn man unsere touristischen Einrichtungen wie Erlebnisbad, Eishalle, Kletterpark, Stadtpark, Bewegungsparcours oder Golfplatz aufzählt, dürfte diese Frage beantwortet sein: Ich glaube nicht, dass uns irgendeine Stadt in der Umgebung abgehängt hat.
Anders gefragt: Ist Waldkirchen weit vor Grafenau?
Ich will und werde keine Statements zu anderen Kommunen abgeben, aber kurz zusammengefasst: In Waldkirchen läuft es sehr gut und als Waldkirchner Bürgermeister sage ich natürlich: Wir sind die schönste und beste Stadt (lacht herzlich).
Man hört raus: Sie setzen auf Kooperation.
Ja, das ist mit Sicherheit so. Wenn ich da unseren früheren Landrat zitieren darf: ‚Mia mias ma zamhoidn!‘ (lacht). Wir sind nach wie vor Grenzgebiet, ein paar Kilometer weiter in Tschechien gibt es billigere Arbeitskräfte und Rahmenbedingungen. Halten wir im Landkreis nicht zusammen, sind wir verloren. Der einzige Unterschied der drei Stadt-Bürgermeister im Landkreis ist, dass ich nicht bei der CSU bin – ansonsten verstehen wir uns gut.
Nach CSU und FDP: „Ich bin ohne Parteibuch“

Was glauben Sie: Ist es ein Nachteil, dass Sie kein CSU-Bürgermeister sind?
Nein, im Gegenteil. Ich kann meine freie Meinung überall äußern – ohne mit jemanden Rücksprache halten zu müssen.
Stichwort Krankenhaus: Wie wichtig ist diese Einrichtung für Waldkirchen?
Sehr wichtig – nicht nur für Waldkirchen, sondern auch für die umliegenden Gemeinden, deren ärztliche Versorgung so gesichert ist. Nicht nur für die Gesundheitsvorsorge ist das Krankenhaus von Bedeutung, auch als Arbeitgeber spielt es eine übergeordnete Rolle.
Sie waren früher bei der CSU und bei der FDP engagiert. Warum dann jetzt der Wechsel zu den Freien Wählern?
Bis Oktober 2013 war ich FDP-Kreisvorsitzender in Deggendorf, vorher JU-Orts- und stellvertretender Kreisvorsitzender. Und nun bin ich weder bei den Freien Wählern noch bei der UCW Mitglied – ich bin ohne Parteibuch.
In welche politische Richtung gehen dann ihre Vorstellungen am ehesten?
Von den großen Parteien bin ich generell enttäuscht. In der Vergangenheit hatten sie viele Dinge vorgegeben, die das Parteivolk vor Ort umsetzen musste – und dann auch den Zorn der Bevölkerung zu spüren bekommen hat. Es hat einige Inhalte sowohl bei der CSU als auch bei der FDP gegeben, die ich nicht vertreten konnte. Eigentlich gibt es keine Partei, die mit meiner Einstellung hundertprozentig übereinstimmt.
Vielen Dank für das Gespräch – und ein gutes Händchen für die Zukunft Waldkirchens.
Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer