Von zwei der drei im Januar geborenen Jungbären im Nationalpark Bayerischer Wald fehlt seit rund einer Woche jedes Lebenszeichen: Ab dem 19. April 2014 wurde Bärenmutter Luna sowohl von den Verantwortlichen im Tier-Freigelände als auch von Besuchern nur noch in Begleitung eines Jungtieres gesichtet. Auch konnten aus der Höhle bei Abwesenheit der Mutter und des verbleibenden Jungbären keinerlei Geräusche festgestellt werden, die auf ein Überleben der beiden vermissten Jungtiere hindeuten. Aufgrund der Dauer seit der letzten Sichtung, den fehlenden Lauten aus dem Bau und Lunas Verhalten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die beiden Jungen tot sind – die genauen Umstände ihres Verschwindens sind jedoch unbekannt.

„Grundsätzlich kommen bei uns im Gehege drei Todesursachen in Frage, die auch in der Natur für eine hohe Jungtiersterblichkeit sorgen“, erläutert der für die Tier-Freigelände zuständige Tierarzt Dr. Dennis Müller. „Die beiden Jungbären könnten an einer Infektion gestorben sein. Vielleicht hatte Luna auch nicht genug Milch für alle Jungen oder die kleinen Bären haben sich zu weit von der Mutter entfernt und wurden vom Vater getötet. Für alle drei Varianten haben wir jedoch keinerlei Hinweise“, so Müller weiter.
Beobachtungen: Vater Benny nicht aggressiv, nur neugierig
Seit den ersten Beobachtungen außerhalb der Geburtshöhle Ende März wirkten alle drei Jungbären gesund. Zudem war Mutter Luna regelmäßig in Höhlennähe gefüttert worden, um ihre Milchproduktion zu unterstützen und sicherzustellen, dass sie den Schutz der Höhle möglichst nicht verlassen muss. Außergewöhnliche Auseinandersetzung zwischen den beiden Elterntieren konnten nicht beobachtet werden. Vater Benny hielt den von Luna festgesetzten Sicherheitsabstand zu den Jungtieren von zwei bis drei Metern ein und begegnete seiner Familie mit Neugier, aber nie mit aggressivem Verhalten. Luna war dabei zuletzt sehr entspannt. Auch jetzt nach dem Verschwinden der beiden Jungtiere gibt es keine auffälligen Aggressionen zwischen den erwachsenen Bären oder aggressives Verhalten des Bärenvaters gegen das verbleibende Jungtier. Bärenmutter Luna kümmert sich weiterhin ruhig und in artgerechter Weise um ihr Junges.
„Den Verlust der beiden Jungtiere bedauern wir sehr – grade auch im Interesse unserer Besucher“, betont Nationalparkleiter Dr. Franz Leibl. „Natürlich interessiert uns, was mit den beiden kleinen Bären passiert ist. Deswegen möchten wir die vielen Besucher und Fotografen, die sich über das Osterwochenende am Bärengehege aufgehalten haben, bitten, uns über alle Beobachtungen zu informieren, die zu einer Rekonstruktion des Geschehens beitragen können“, so Leibl weiter. Hinweise können an die folgende E-Mail-Adresse geschickt werden: poststelle@npv-bw.bayern.de.
Am 17. April waren zuletzt alle drei Jungbären gesehen worden

Am 17. April waren zuletzt alle drei Jungbären gesehen worden. Am folgenden Tag waren weder die Mutter noch die Jungtiere zu beobachten, auch nicht bei der Fütterung, bei der die Mutter üblicherweise die Höhle in Begleitung ihrer Jungen verlässt. Dies könnte an der schlechten Witterung am Karfreitag mit Temperatursturz, Regen und Hagel gelegen haben. Ab Ostersamstag war Mutter Luna bei Fütterungen an der Höhle aber auch bei Ausflügen in das Gehege nur noch in Begleitung des Jungtiers mit dem weißen Kragen zu sehen. Weder die zuständigen Tierpfleger, noch Tierarzt Müller oder die oft den ganzen Tag anwesenden Fotografen konnten die beiden anderen Jungtiere – das komplett braune und das mit dem weißen Nackenfleck – sichten. Eine genaue Inspektion des Geheges von außen ergab keinen Hinweis auf den Verbleib der beiden fehlenden Jungtiere oder andere Auffälligkeiten.
Dr. Müller: „Mit einem Verlust der Jungtiere ist immer zu rechnen“

Nachforschungen im Gehege selbst sind zurzeit nicht möglich. „Solange die erwachsenen Bären nicht in den Stall gehen und eingesperrt werden können, können wir das Gehege nicht betreten und nachzuschauen, ob wir irgendwo tote Jungtiere finden. Dass sie in der Höhle liegen, ist aufgrund der strikte Höhlenhygiene der Bärin jedoch ausgesprochen unwahrscheinlich“, erklärt Dennis Müller. „In den Tier-Freigeländen des Nationalparks ist es uns vom Grundsatz her wichtig, alle unsere Tiere in großen, möglichst naturnah gestalteten Landschaftsgehegen halten, damit sie möglichst viele ihrer natürlichen Verhaltensweisen ausleben können. Da unsere Bärenjungen in einer von den Bären selbst gegrabenen Höhle zur Welt gekommen sind und deren unmittelbares Umfeld bisher nicht verlassen haben, haben wir keine Möglichkeit, ein direktes Gesundheitsmonitoring für jedes Jungtier durchzuführen. Bestimmte Krankheitsanzeichen, beispielsweise Durchfälle, lassen sich daher, trotz intensiver Beobachtung, nur in seltenen Fällen feststellen und ein Eingreifen ist auch nur begrenzt möglich“, so Müller weiter. Aber auch in Zoos, in denen die Tiere direkt medizinisch überwacht werden können, könne die Sterblichkeit von Jungbären in den ersten Lebenswochen sehr hoch sein. „Mit einem Verlust von Jungtieren, wie wir ihn jetzt erlebt haben, ist also immer zu rechnen.“
Trotz des Vorfalls ist ein Eingreifen im Bärengehege zum jetzigen Zeitpunkt weder möglich noch beabsichtigt, zumal bei dem verbleibenden Jungbären keine Krankheitsanzeichen zu beobachten sind. „Sollte eine mangelnde Versorgung mit Milch ursächlich für das Verschwinden der beiden Bären sein, steigt jetzt die Chance für das verbliebene Junge stark an, da Luna nur noch einen Jungbären versorgen muss“, kommentiert Müller abschließend.
da Hog’n