Regen. Ein Sozialdemokrat zu sein ist nicht einfach nur eine Frage der politischen Einstellung. Es ist ein Auftrag, eine Aufgabe. So sieht es Fritz Treml (72), der 42 Jahre lang für die SPD im Regener Kreistag wirkte, 40 Jahre als Stadtrat in Regen. Oft genug wurde er dabei laut, ebenso oft mochte er unbeugsam gewirkt haben. Dabei rückte er zwei Prinzipien in den Mittelpunkt, wie er im Gespräch mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ verdeutlicht: Das Gemeinwohl und die Hilfe für Bürger.
Dass es ihm dabei nicht immer leicht gemacht wurde, versteht sich von selbst. Schließlich waren es Zeiten, in denen der Landkreis Regen geprägt wurde: 1972 war das Jahr der Gebietsreform, in dem aus zwei Landkreisen einer gemacht wurde. Es war die Zeit, in der für die drei Städte Regen, Zwiesel und Viechtach entscheidende Weichenstellungen notwendig waren – und in der aus Tremls Sicht vor allem Regen herbe Niederschläge erleiden musste. Und – nach mehr als 20 Jahren in der Politik – musste er 1994 eine Niederlage im Bürgermeister-Wahlkampf hinnehmen, die weh tat: Es fehlten ihm nur 54 Stimmen zum Sieg.
Fritz Tremls Weg war von Anfang an vorgezeichnet: „Die sozialdemokratische Prägung habe ich von meinem Vater bekommen“, sagt er. Hinzu kamen politische Vaterfiguren, die er bis heute als seine Vorbilder bezeichnet: „Das waren Fritz Weber, damals Geschäftsleitender Beamter in Regen und zeitweise Landtagsabgeordneter. Und es war Karl Rechenmacher – Männer, die zwar längst Geschichte, aber noch lange nicht vergessen sind.“
„Ich selbst bin nicht so wichtig, ich bin nur einer von vielen“
„Ihnen ging es darum, für die Menschen da zu sein – ein Ideal, nach dem auch ich 40 Jahre lang gelebt habe“, sagt er stolz. Denn: Im Beruf war er Lehrer, „was immer ich politisch gemacht habe, war nicht zu meinem Vorteil – wie es bei Geschäftsleuten eher der Fall sein kann. Es ging mir ums Gemeinwohl und um meine Heimat, die ich ins Herz geschlossen habe.“
Gerade deshalb habe er sich damals entschieden, aktiv mitzumischen: „Wer sich für die Belange der Öffentlichkeit interessiert, der muss sich einbringen. Deshalb würde ich heute wieder den gleichen Weg wählen, um gestalterisch mitwirken zu können. Für das Gemeinwohl ist es zu wenig, am Biertisch zu kritisieren.“ Dabei galt für ihn immer die Maxime: „Ich selbst bin nicht so wichtig, ich bin nur einer von vielen.“
Rückblickend will Treml nicht davon sprechen, früher sei alles besser gewesen. „Sicher, damals gab es mehr Gemeinschaftssinn, auch in den politischen Gremien. Dennoch gilt seiner Meinung nach bis heute: Parteipolitik gibt es nur vier Wochen vor der Wahl und zwei Wochen danach. Ansonsten steht die Sachpolitik im Mittelpunkt.“
Treml: „Ich weiß, dass ich Respekt und Anerkennung genieße“
Sich für die Sache stark zu machen, fiel Treml nie schwer. Im Gegenteil: Mit Vehemenz, mit deutlichen Worten und manchmal auch mit einem groben Unterton setzte er sich für seine Meinung ein – und erntete dafür auch reichlich Kritik. „Das tut am Anfang, wenn man wenig Erfahrung hat, noch richtig weh. Aber mit der Zeit kriegst Du einen breiten Rücken.“ Man müsse geradeheraus sein, „und nach 40 Jahren weiß ich, dass ich unter den Kollegen Respekt und Anerkennung genieße. Mehr kann man als Kreisrat nicht erreichen.“
Bei politischen Entscheidungen musste er oft genug zusehen, wie entgegen seiner Marschrichtung entschieden wurde. „Es wurden strategische Fehler gemacht, oft aus Gründen, die nicht nachvollziehbar sind.“ Als Beispiel nennt er den Bundesstraßen-Tunnel in Regen, der Anfang der 1990er Jahre geplant wurde. „Bis heute bin ich davon überzeugt, dass eine Umgehungsstraße die bessere Lösung gewesen wäre: Sie hätte nur ein Drittel gekostet und hätte viele Vorteile mit sich gebracht. Beispielsweise wäre eine Umgehung von Schweinhütt schon inbegriffen gewesen – die demnächst für teueres Geld gebaut werden muss.“
Größte politische Enttäuschung: Der Bundesstraßen-Tunnel in Regen
Es sei eine der größten politischen Enttäuschungen für ihn gewesen: „Ich war in dieser Sache sogar mit Begleitung im Verkehrsministerium in Bonn, um Überzeugungsarbeit gegen die Geldverschwendung zu leisten.“ Doch er kam zu spät, denn als er noch auf dem Weg in die Hauptstadt war, hatten CSU und CDU die Dinge längst telefonisch geregelt. Das Ergebnis: „Wir wurden nett begrüßt, durften Kaffee trinken – und fuhren dann unverrichteter Dinge wieder heim.“
Genug der Kritik, „denn nach 42 Jahren muss Schluss sein, ich halte auch nichts vom Nachtarocken.“ Wichtiger sei es ihm, in all der Zeit in den politischen Kreisen gute Freundschaften gewonnen zu haben, die auch kontroversen Diskussionen standgehalten haben. So bleibt als Resümee für ihn, ein ständiger Ansprechpartner für die Bürger gewesen zu sein – vor allem in den zwölf Jahren als zweiter Bürgermeister in Regen. Und die Freude über die kleinen Erfolge, die er mithilfe seiner Ämter für die Region erzielen konnte.
„Soweit ich weiß, ist die Hälfte der Rechnung bis heute nicht bezahlt“
Bleibt in der Rückschau nur noch eine kleine Anekdote, die vielleicht zeigt, dass früher die Uhren doch noch ein bisschen anders getickt haben: Es ist mehr als 30 Jahre her, als in Regen Alois Reitbauer Bürgermeister war und im Sitzungssaal nicht nur die Köpfe, sondern auch Zigarren und Zigaretten rauchten. Einem Stadtrat wurde die Luft damals zu dick und er forderte eine Lüftungsanlage – und um dem Nachdruck zu verleihen, kündigte dieser an, die Hälfte der Kosten zu übernehmen und seine eigenen Elektriker die Arbeit erledigen zu lassen.
„Das klappte reibungslos – nur haben wir vergessen zu beschließen, wer die andere Hälfte der Kosten trägt.“ Also wurde diskutiert – wobei die Nichtraucher darauf bestanden, die Raucher müssten zahlen. Diese konterten mit dem einfachen Argument, ihnen würde die Luft im Saal nicht stinken. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden: „Soweit ich weiß, ist die zweite Hälfte der Rechnung bis heute nicht bezahlt.“
Alexander Frimberger