Seit wenigen Tagen steht es fest: Bärin Luna im Tier-Freigelände des Nationalparkzentrums Lusen im Nationalpark Bayerischer Wald ist Mutter von drei gesunden Jungtieren geworden – und das obwohl das Fortpflanzungsmanagement bei den Braunbären aktuell keinen Nachwuchs vorgesehen hatte. Geboren Mitte oder Ende Januar in der von Luna selbstgegrabenen Überwinterungshöhle, unternehmen die drei Minibären nun erste sehr kurze Ausflüge ins Freie, auf Grund der strengen Wachsamkeit der Mutter jedoch nur für jeweils wenige Minuten am Tag. Mit besseren Beobachtungsmöglichkeiten für Besucher ist ab Anfang Mai zu rechnen.
„Dass unsere Braunbären Nachwuchs haben, wussten wir schon seit Ende Januar. Damals haben wir aus Lunas Höhle das erste mal die typischen Sauggeräusche von Jungtieren gehört. Dass es allerdings gleich drei und dazu noch alle wohl auf sind, wissen wir erst seit vergangener Woche, als die drei das erste Mal die Nase ins Freie gestreckt haben. Wir konnten natürlich nicht vorher in der Höhle nachschauen“, erklärt Tierarzt Dr. Dennis Müller, Leiter der beiden Tier-Freigelände des Nationalparks Bayerischer Wald. „Trotz des Fortpflanzungsmanagements war in unserem Fall die Natur stärker. Jetzt freuen wir uns selbstverständlich über den Bärennachwuchs und sind stolz auf die drei kleinen Kämpfer“, so Müller weiter. Welches Geschlecht die drei Jungtiere haben, wird erst eine direkte Untersuchung zeigen.
Braunbärennachwuchs ist nur schwer zu vermitteln
Eigentlich war nicht vorgesehen, dass sich die beiden jetzt 11-jährigen Bären Luna und Benny fortpflanzen, da Braunbärennachwuchs nur schwer zu vermitteln ist. In Gefangenschaft werden die Tiere selten krank, haben eine hohe Lebenserwartung von oft mehr als 30 Jahren und vermehren sich gut. Geeignete Plätze stehen daher nur begrenzt zur Verfügung. Um Nachwuchs bei Weibchen Luna zu verhindern, war bei ihr daher im Herbst ein medikamentöser Trächtigkeitsabbruch durchgeführt worden. Bei der dazu nötigen Vollnarkose kam es jedoch zu für die Bärin lebensgefährlichen Komplikationen, weshalb auf die empfohlene zweite Behandlung verzichtet wurde. Bei einer einmaligen Behandlung bleibt jedoch eine rund 25-prozentige Chance, dass der Abbruch nicht erfolgreich durchgeführt sein würde.
„Luna ist nach unseren Beobachtungen eine sehr zuverlässige Mutter, die gut mit ihrem Nachwuchs zurechtkommt und Vater Benny beobachtet das Geschehen interessiert, ohne aggressiv zu reagieren“, schildert Tierarzt Müller die Bärenfamilie. „Da die Mutter jedoch noch recht nervös ist und die Kleinen bei der geringsten Störung sofort in die Höhle zurücktreibt, ist die Chance, den Nachwuchs zu beobachten, im Moment noch sehr gering. Wir empfehlen daher unseren Besuchern, sich noch etwas zu gedulden. In etwa einem Monat werden die Jungen voraussichtlich längere Ausflüge unternehmen und gut zu beobachten sein.“
„In den nächsten drei Jahren ist mit keinen Komplikationen zu rechnen“
Trotz des Umstandes, dass die drei Bärenjungen ungeplant zur Welt gekommen sind, ist der Nationalpark vorbereitet und hat verschiedene Pläne, wie und wo die Tiere in Zukunft untergebracht werden sollen. „In den kommenden drei Jahren ist mit keinen größeren Komplikationen zu rechnen und die Bärenfamilie wird sich ohne Probleme das Gehege teilen. Erst dann werden Bärenjunge langsam selbstständig und suchen ein eigenes Revier“, sagt Dennis Müller. Außerdem würden die Jungbären, wie auch schon in der Vergangenheit, kastriert. Dies verhindere zum einen eine weitere ungewollte Vermehrung; zum anderen treten die Bärenkinder so nicht in Konkurrenz zu ihren Eltern, so dass die Bären auch deutlich länger als drei Jahre bei ihren Eltern bleiben können, erläutert Müller.
Eine Vermittlung in einen Betonbunker ist ausgeschlossen
Mit einer Fläche von 1,2 Hektar, vielen Kletterbäumen, natürlichen Grabmöglichkeiten und einer Wasserstelle ist das Nationalpark-Bärengehege geeignet für die Haltung von bis zu fünf Bären. Da mit dem Verlust von Regina, der Großmutter der drei Jungtiere, Ende letzten Jahres nun wieder mehr Platz zur Verfügung steht, wird wohl mindestens ein Jungtier bei der Familie verbleiben. Die anderen Bärenkinder werden in andere Einrichtungen vermittelt. „Dabei werden wir keinerlei Aufwand scheuen“, betont Müller. „Potenzielle Plätze werden im Vorfeld geprüft, um zu gewährleisten, dass die Jungen in ihrem neuen Zuhause ähnlich gute Bedingungen vorfinden, wie bei uns. Auf keinen Fall werden die Bären an dubiöse Tierhändler oder außereuropäische Zoos abgegeben, und auch eine Vermittlung in einen Betonbunker, wie man ihn bedauerlicherweise manchmal in städtischen Zoos findet, ist ausgeschlossen“, versichert der Tierarzt.
Eine Tötung der Bären kommt laut Müller ebenfalls nicht in Betracht: „Sollte uns eine erfolgreiche Vermittlung tatsächlich nicht gelingen, werden alle drei Jungbären im Nationalpark verbleiben. In diesem Fall werden nicht nur die Jungbären, sondern auch Bärenmännchen und Papa Benny kastriert, um zukünftigen Nachwuchs sicher verhindern zu können.“
da Hog’n