Freyung. Ein weißer Kleinwagen im Parkhaus an der Bahnhofstraße wartet ab sofort auf Kundschaft – und die Zapfsäule für das E-Auto steht gleich daneben. Der Mitsubishi ist Teil der Carsharing-Flotte mit Elektroantrieb der E-Wald GmbH. Hubert Wachter, bei der Stadt Freyung u.a. zuständig für den Bereich Wirtschaftsförderung, hat den „umweltfreundlichen Japaner“ bereits zwei Wochen lang privat getestet. Sein Urteil: „Absolut alltagstauglich.“
Carsharing ist ein Konzept, das in den vergangenen Jahren immer populärer wurde: Menschen nutzen gemeinsam ein Auto, die Koordination – sprich: Wo befindet sich das zu mietende Auto im Moment? In welchen Zeiträumen ist es verfügbar? Wie ist der aktuelle Akku-Stand? etc. – geschieht dabei über Apps und Webseiten. Es gibt zwei grundsätzliche Carsharing-Modelle: Entweder bieten Privatpersonen ihre Autos an – oder Firmen. Die E-Autos im Bayerwald sind ein Sonderfall: Hier ist ein Forschungsprojekt zu Förderung der Elektromobilität verantwortlich.
Schlüssel liegt im Handschuhfach – Autos sind online buchbar
Eine Stunde mit dem Mitsubishi am Freyunger Standort kostet 5,30 Euro, für einen ganzen Tag beträgt die Miete 33 Euro. Der Strom aus den Ladestationen ist dabei inklusive. Wer das E-Auto aus der Kreisstadt nutzen möchte, kann es aber nicht an einer der 22 anderen Stationen im „E-Wald-Revier“ abgeben. „Bei uns kann man die Autos im Vorfeld online buchen, dafür müssen die Fahrzeuge aber stationsgebunden sein, sonst klappt das nicht“, erklärt Otto Loserth, Geschäftsführer der E-Wald GmbH.
Die Organisation der Fahrer und der verfügbaren Autos wird über die Internetseite der E-Wald GmbH abgewickelt. Nach der Registrierung bekommen die Kunden eine Karte, mit der sie die Autos über einen Sensor an der Windschutzscheibe öffnen können. Der Autoschlüssel liegt dann im Handschuhfach. Zielgruppe sind neben den Einheimischen vor allem auch Touristen, denen im Bayerwald kein ausreichendes Netz von öffentlichen Nahverkehrsmitteln zur Verfügung steht. Welche Resonanz das E-Auto in Freyung finden wird, kann Wachter noch nicht einschätzen: „Es fehlt uns hier jegliche Erfahrung.“
Das E-Wald-Team weiß aber, dass der Erfolg davon abhängen wird, wie sehr die teilnehmenden Gemeinden, in denen die E-Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die Innovation bewerben: „Sie müssen proaktiv handeln“, sagt Anton Achatz von der E-Wald GmbH, der den operativen Teil des Projekts leitet.
Das Parkhaus in Freyung ist die mittlerweile 22. Carsharing-Station und die 108. Tankstelle für E-Autos zwischen Furth im Wald und Bad Füssing, zwischen Straubing und Haidmühle. „Die Ladestation wird von der Stadt Freyung finanziert, wobei wir auf Förderungen zurückgreifen konnten“, sagt Bürgermeister Dr. Olaf Heinrich bei der Eröffnung. Durchschnittlich mit 15.000 Euro sind 90 Gemeinden in sechs Landkreisen an der E-Wald GmbH beteiligt. Hinzu kommen 300.000 Euro aus sechs Landkreisen. Den Löwenanteil der Kosten in Höhe von 28 Millionen Euro trägt aber der Freistaat Bayern: 18 Millionen fließen aus München in das Modellprojekt. Die restlichen 8,4 Millionen haben unter anderem sieben ostbayerischen Sparkassen beigesteuert.
Zwangspause in Grafenau – mit halber Ladung zurück nach Freyung
„Die Landschaft ist rauer, die Topografie wesentlich herausfordernder und Kälte und Schnee sind ebenfalls regelmäßig zu Gast“, begründet die E-Wald GmbH die Standortwahl. Der Bayerische Wald sei ein „Härtefall“ – und genau deshalb ideal, um Elektroautos zu testen, ist auf der Website zu lesen. Das mittelfristige Ziel: Zehn bis 15 Prozent aller Zweitwagen in Niederbayern sollen mit Strom fahren.
Die Achillesverse der E-Autos ist die lange Ladezeit und die beschränkte Reichweite. Acht Stunden braucht der Freyunger Mitsubishi, um sich komplett aufzuladen. Eine Ladung reicht dann für etwa 100 Kilometer. „Wenn man in einem Umkreis von 50 Kilometern unterwegs ist, dann ist das Auto absolut empfehlenswert“, sagt Wachter begeistert. Genau einmal ist es ihm in seiner zweiwöchigen Testphase jedoch passiert, dass er eine Zwangspause einlegen musste: „Wir waren mit dem E-Auto in Plattling und haben dort nur kurz aufladen können. Danach wollten wir wieder nach Freyung zurückfahren. Wir haben aber schon befürchtet, dass wir es wahrscheinlich nicht schaffen werden.“ Genauso kam es dann auch: Auf halber Strecke musste der Beamte in Grafenau das Auto dann an der Ladestation „volltanken“ lassen, berichtet Wachter. „Wir sind Mittagessen gegangen und haben noch einen ausgiebigen Spaziergang im Kurpark gemacht – und sind anschließend mit einem halb-aufgeladenen Wagen wieder nach Freyung zurückgefahren.“
Katharina Brunner
Euer-Hog’n-Team hatte vor fast eineinhalb Jahren gemeinsam mit Hog’n-Leser Franz Dankesreiter auch schon mal eine kleine Spritztour mit dem E-Auto unternommen: