Waldkirchen. „Wir sind keine geheime, wohl aber eine geschlossene Gesellschaft!“: Der Freimaurer der Passauer Loge und Rechtsanwalt Dr. Christian M. Baumgartner hat eines der Rätsel gleich zu Beginn des Vortragsabends gelüftet. Der Heimat- und Museumsverein hatte Baumgartner eingeladen, der zum Thema „Freimaurertum in Waldkirchen – eine geheime? geschlossene? Gesellschaft“ vor mehr als 50 Zuhörern sprach. Ein Beitrag von Ralph Heinrich, Schriftführer des Heimat- und Museumsvereins Waldkirchen.
Spuren der Freimaurer am Waldkirchner Friedhof
„Wir hatten zwei Anstöße für dieses außergewöhnliche Motto“, sagte Christian Seidel, erster Vorsitzender des Heimat- und Museumsvereins. „Erstens gibt es in der Ortsgeschichte Waldkirchens Spuren der Freimaurerei in Form eines Grabsteins auf dem Friedhof und zweitens betreibt unser heutiger Referent als führender Freimaurer seit 1980 eine Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei in der Stadt.“
Christian M. Baumgartner bekannte sich zu seiner Passion, die ihn seit 24 Jahren begeistert: „Ich bin Freimaurer! Und ich gehöre zur Form des Freimaurerordens. Das heißt, ich kann mich zum Christentum bekennen, es ist aber nicht nötig in einer Kirche zu sein. Ich bin frei!“
Baumgartner ging auf die Geschichte der Freimaurerei ein. Über die beiden Gründungslegenden mit der Abstammung von den Tempelrittern und der Zugehörigkeit zu Bauhütten datierte er den Gründungstag der Freimaurer auf den 24. Juni 1717, den Johannistag: „An diesem Tag haben sich vier Logen in London zur ersten europäischen Freimaurergroßloge zusammen geschlossen, um gemeinsame Wege zu gehen. Daraufhin gab es in der Geschichte zahlreiche prominente Freimaurer, man kann fast sagen, es waren alle großen Köpfe aus Kultur und Politik vertreten. Einige Beispiele: König Friedrich II. von Preußen, Goethe, Lessing, Herder, Mozart, Stresemann, Theodor Heuss und viele mehr.“
Heute geht man davon aus, dass es weltweit über sechs Millionen Freimaurer gibt. „Alleine im Stadtgebiet von Istanbul gibt es 56 Logen. Und hier zeigt sich die wahre Toleranz: Talmud, Bibel und Koran liegen gleichberechtigt auf“, sagte Baumgartner. Die Freimaurer hätten kein Problem mit der Kirche, sondern die Kirche eines mit den Freimaurern: „Ich bin überzeugter Christ und Katholik und wir haben keine Berührungsängste mit der Kirche.“ Gemischten Logen von Frauen und Männern gäbe es nicht, wohl aber reine Frauen-Logen. Mit Diktaturen haben sich die Freimaurer nur auf Kuba vertragen.
„Bei uns gibt es keine Dogmen – sonst wären wir eine Ersatzreligion“
Was tun aber die Freimaurer? Baumgartner sagte: „Wir arbeiten am rauen Stein. Wir tun etwas für uns selber, um ein besserer Teil der Gesellschaft zu werden. Wir denken darüber nach, um uns ständig verbessern zu können und bei uns gibt es – ganz wichtig – keine Dogmen. Sonst wären wir ja eine Ersatzreligion.“ Die Freimaurer, so Baumgartner weiter, wollen ehrlich und anständig sein, frei denken und sie würden keine Titel wie „Professor“, „Doktor“ oder „Fürstbischof“ kennen. Die persönliche Ansprache wird auf das wesentliche Wort „Bruder“ reduziert.
Die fünf Grundsätze der Freimaurer lauten: Freiheit, Toleranz, Brüderlichkeit, Transzendenz und das initiatische Geheimnis. „Für Außenstehende will ich gerade den Begriff des ‚initiatischen Geheimnisses‘ offen lassen, er ist für sie nicht wichtig. Als Aufnahmezeremonie für Betroffene ist er aber in etwa vergleichbar mit dem Gipfelglück eines Bergsteigers.“ Baumgartner wollte den Vortrag auch nicht „als Werbeveranstaltung“ verstanden wissen: „Wir sind keine geheime, wohl aber eine geschlossene Gesellschaft. Und es gibt Wege, wie man zu uns findet. Wer das will, der erreicht uns auch.“
Baumgartner hat den Zuhörern allgemeine Einblicke in die Arbeit und Denkweise der Freimaurerei gegeben, zu denen das Publikum viele Fragen hatte. Baumgartner schloß mit den Worten: „Schweigen Sie einfach mal, denken Sie nach. Ist wirklich alles so richtig und wichtig? Lassen Sie einfach mal die Umwelt auf sich einwirken. Ruhe ist so wichtig. Nichts ist schlimmer, als zu allem immer sofort was zu sagen!“
Ralph Heinrich