Passau. Sie haben das an- und ausgesprochen, was sich viele nicht öffentlich sagen trauten – und das auf meist lustige, unterhaltsame und vor allem hintersinnige Weise. Sie haben gegen die Großkopfad’n von der CSU gewettert und machten sich stark für ein Umdenken in Sachen Umweltpolitik. Die Brüder Hans, Michael und Christoph Well, einst bekannt unter dem Namen „Biermösl Blosn“, verbanden bayerische Volksmusik mit satirischen und politischen Inhalten – und wurden so (auch in Kombination mit Bühnenkollege Gerhard Polt) zu musizierenden Kabarett-Legenden. 2012 löste sich die Gruppe aufgrund von Unstimmigkeiten innerhalb der „Well-Brüderschaft“ jedoch auf – seitdem geht jeder seine eigenen Wege. Hans Well etwa, der älteste, steht nun gemeinsam mit seinen Kindern Sarah, Tabea und Jonas auf der Bühne.

Hans: Deutschland wird von einer Großen Koalition regiert. Wohin geht jetzt die politische Reise der Bundesrepublik?
… das weiß eher Goldman Sachs als unsere Regierung. Aber letztlich haben die Politiker nur den Bürgerwillen umgesetzt und eine Große Koalition gebildet. Aber man kann auch was Gutes aus der Wahl ziehen: Dass die FDP nicht mehr im Bundestag vertreten ist, freut mich sehr.
Warum?
Ganz einfach: Weil sie es verdient haben (lacht). Die FDP ist eine Partei mit einer neoliberalen Ausrichtung. Und wo diese Einstellung hingeführt hat, sehen wir derzeit sehr deutlich – Stichwort Bankenkrise. Die neoliberalen Ideen sind gecrashed – die logische Konsequenz daraus: Die FDP ist aus dem Bundestag geflogen.
„Außer dem Bauch von Gabriel ist nicht mehr viel groß an der SPD“
Wird die SPD nun die „kleine Schwester“ der CDU – oder können die Sozialdemokraten ihre Ziele durchsetzen?
Die CSU ist die kleine Schwester, die SPD der mittlere Bruder (lacht). Irgendwie stört mich der Begriff ‚Große Koalition‘ – außer dem Bauch von Sigmar Gabriel ist nicht mehr viel groß an der SPD. Die hatten bei der Wahl gerade mal 26 Prozent, die Union fast ein Drittel mehr. Ich hätte es gut gefunden, wenn es eine Minderheitenregierung gegeben hätte.
Weshalb?
Dann hätte die Union gerade stehen müssen für ihren Murks (lacht). Mit der FDP und vorher mit den Sozis hatten sie immer jemanden, auf den sie alles schieben konnten. Bei einer Minderheitenregierung hätten sie endlich mal Farbe bekennen müssen. Mit der SPD hat die Gottesanbeterin Angela Merkel nun aber wieder jemanden, den sie aussaugen kann – und beim Gabriel ist schon so einiges dran … (lacht).

Mit Ursula von der Leyen haben wir nun eine weibliche Verteidigungsministerin.
(schmunzelt) Hm… die Mutter der Kompanie, die hängt jetzt im Spind der Soldaten … (überlegt) Kriegseinsätze sollen ja familienfreundlicher werden. Generell fällt mir auf, dass keiner der Minister irgendetwas mit seinem jetzigen Ressort zu tun hat. Ich bin da eher altmodisch: Jemand, der keine Ahnung hat von Medizin, gehört nicht ins Gesundheitsministerium. Ich gönne es der Bundeswehr, dass sie nun die Frau von der Leyen hat (lacht).
Kommen wir zu Biermösl Blosn: Nach 35 Jahren endete 2012 diese Ära. Wie ist es dazu gekommen?
Es war ein langer Erosionsprozess. Die letzen beiden Vorstellungen waren mit Gerhard Polt im Stadttheater Fürth – was mich ganz schön mitgenommen hat. Es war eher der Beschluss meiner Brüder aufzuhören. Ich wollte weitermachen – allerdings mit einem völlig neuen Programm.
Das wollten Christoph und Michael nicht?
Der Stoffal (Spitzname von Christoph Well – Anm. d. Red.) tat sich immer schwer mit dem Loslassen von Liedern. Er wollte zum Beispiel das Lied „s’Dirndl liabn“ nach 20 Jahren immer noch spielen – auch wenn sich die Situation innerhalb der Kirche verändert hat. Aber auch politisch war einiges anders: In Bayern musste plötzlich die CSU mit der FDP koalieren – das g’wambade Selbstbewusstsein dieser Partei war angekratzt. Höchste Zeit für uns, bestimmte Sichtweisen neu zu justieren. Es ist ja auch nicht so, dass wir in Bayern prima leben – auch wenn die CSU das behauptet. Im Gegenteil, die Schere zwischen arm und reich geht auseinander. Mit Bankenkrise, Verfassungsschutz oder den Drehungen Seehofers bei der Energiepolitik hätten wir den politischen Teil unseres Programms zehnmal füllen können.
Das wohl bekannteste Stück von Biermösl Blosn: Das Baywa-Lied
„Ein neues Programm hätte uns und dem Publikum gut getan“
Auf den Punkt gebracht: Deiner Meinung nach waren die Lied-Texte nicht mehr zeitgemäß?
Zumindest kurz davor. Es war ja meine Aufgabe, neue Texte zu schreiben. Von daher hätte ich auch keine Angst gehabt, das umzusetzen. An die 30 neuen Texte waren bereits fertig. Ein neues Programm hätte uns und dem Publikum gut getan.
… und Ihr wärt nicht mehr der Zeit hinterher gelaufen.
Dieter Hildebrandt hatte sein Programm immer in kürzester Zeit aktualisiert – und das mit 86 Jahren. Wichtig ist, dabei Spaß zu haben. Wird es zur Belastung, ist es besser, einen Schlussstrich zu ziehen. Ich kann aber durchaus nachvollziehen, dass meine Brüder den Druck und Stress nicht mehr wollten, nach 35 Jahren. Ich war da als ewiger Antreiber lästig…
(Wells Tochter Tabea (20) sitzt neben ihm. Bisher hört sie aufmerksam zu. Sie möchte Geige in München studieren.)
Tabea, seit wie vielen Jahren stehst Du mit Deinem Vater auf der Bühne?
Tabea: Mit den ‚Wellbappn‚ seit eineinhalb Jahren. Doch auch schon vorher habe ich mit meinem Papa immer wieder gespielt – aber eher Kinderlieder.
Wellbappn sind „was Ähnliches wie Biermösl Blosn“
Wie kann man sich Euer Zusammenspiel auf der Bühne vorstellen?
Tabea: Normalerweise stehen wir zu viert auf der Bühne, dann sind auch meine Geschwister dabei. Wir singen Lieder oder spielen Instrumentalstücke. Klar, der Papa hat mehr Erfahrung, er kann sofort auf die verschiedensten Situationen reagieren. Man wächst aber in die Sache rein.
Hans Well: Im Grunde genommen machen wir etwas Ähnliches, was ich mit meinen Brüdern gemacht habe – nur insgesamt jünger.

Hans, was kannst Du auf der Bühne von Deiner Tochter lernen?
Tabea kann auf der Bühne nichts aus der Ruhe bringen – sie ist zudem schöner wie ich (lacht). Sie hat zu vielen Stücken die Vertonung gemacht – oftmals anders, wie ich es wollte. Später stellte sich das Ganze aber als sehr gut heraus. Zum Beispiel das Lied „Sommer-Wähler-Schlussverkauf“, das wir für die Bayern-2-Kabarett-Sendung „radioSpitzen“ produziert haben.
Du bist also nicht der überragende Musiker?
So kann man es sagen (lacht). Zu Zeiten der Biermösl Blosn hat die Vertonung immer der Stophal übernommen – er ist ein musikalisches Genie.
Tabea, darfst Du mit Deinem Papa auf die Bühne – oder musst Du?
Tabea: Ich darf wollen (lacht).
Hans Well: Vorher habe ich mit Monika Drasch und Michi von Mücke von Kofelgschroa gespielt.
„Mit der Volksmusik waren sie alle von klein auf vertraut“
Hans, war das geplant, dass Deine Kinder in Deine musikalischen Fußstapfen treten?
Ich freu mich, dass es so gekommen ist. Mit der Volksmusik waren sie alle von klein auf vertraut – aber ich finde es gut, dass auch das Interesse da ist, zeitgemäße Volksmusik zu machen. Schon mit der Biermösl Blosn haben wir uns gelöst von der musealen Volksmusik – überkommene Heimatklischees lagen mir noch nie. Es war auch eher so, dass mich meine Kinder gefragt haben, ob ich das, was wir als Biermösl Blosn gemacht haben, nicht mal mit ihnen ausprobieren will. (lacht)
Tabea, kannst Du das bestätigen?
Tabea: (lacht) Ja, das stimmt.

Wer sind Deine musikalischen Vorbilder? Außer Deinem Vater natürlich!
Tabea: Ein Vorbild habe ich eigentlich nicht. Ich höre alles Mögliche, alle Musikrichtungen.
Hans Well: Was ist mit dem Teufelsgeiger?
Tabea: David Garrett? Nein, auch nicht.
Der kann in seinem Film auch nur gut ausschauen – mehr nicht.
Hans Well: Das wird seinen Fans schon reichen. Das ist einfach eine andere Ebene, ähnlich wie beim Hansi Hinterseer – was finden die Leute an dem gut? Am Gesang oder an den Liedern kann es nicht liegen (lacht). Das ist im Grunde genommen das gleiche Phänomen wie die Tatsache, dass so viele Menschen einen Big Mäc essen. Und Hansi Hinterseer ist eben ein musikalischer Big Mäc – geschmacksneutral, künstlich, also massentauglich.
Well: „Da wächst eine Demokratie ohne Demokraten heran“
Vielleicht kennt die heutige Gesellschaft nichts anderes mehr als dieses Einfache, Banale.
Früher habe ich immer geglaubt, wenn die Jungen alt sind, ist alles besser. Mein Sohn Jonas hat mir erzählt, es gibt viele Kinder in seiner Klasse – 11. Klasse Gymnasium in München – , die wissen gar nicht, dass Horst Seehofer bayerischer Ministerpräsident ist. Politik interessiert die überhaupt nicht. Da wächst eine Demokratie ohne Demokraten heran. Dabei werden in der Politik ständig Entscheidungen getroffen, die ihre Zukunft massiv betreffen.

Aber woher kommt dieses Desinteresse? Tabea, interessierst Du Dich für Politik?
Tabea: Ich interessiere mich schon dafür, was aber hauptsächlich an meiner Erziehung liegt. Bei uns war es immer so: Wenn der Fernseher an war, dann wegen den Nachrichten.
Hans Well: Es gab schon immer viele Leute, die sich nicht für Politik interessiert haben. Ich glaube aber nicht, dass die Verfügbarkeit von 60 Fernsehsendern die Gesellschaft weitergebracht hat. Die Leute amüsieren sich gern zu Tode.
Hans, heißt das, dass Du die neuen Medien, wie zum Beispiel Facebook oder Twitter, auch eher ablehnst?
Nicht generell. Aber wenn irgendjemand seine Blähungen twittert, ist das nicht gerade wichtig. Und wer seine intimsten Dinge in Facebook stellt, braucht sich über die NSA nicht beschweren – das ist ein großer Lauschangriff auf sich selber, die Penetranz des Banalen. Die neuen Medien können Zeitungen nicht ersetzen. Nicht einmal die PNP – obwohl das gar nicht so schwer wäre (lacht).
Vor allem in Zusammenarbeit mit dem Kabarettisten Gerhard Polt wurden die Well-Brüder berühmt.
Sind Informationen, die über das Medium Internet bezogen werden, bedenklich?
Das hängt von der Qualität ab. Ich lese nur manchmal in Wikipedia so granatenfalsche Dinge, auch über die Biermösl Blosn – und das verbreitet sich dann, weil jeder den Schmarrn abschreibt.
Ist für die Hintergrundinformationen also eher die Zeitung geeignet?
Das kann auch eine Online-Zeitung sein. Aber die informellen Hintergründe, anhand derer man sich eine fundierte Meinung bilden kann, muss stimmen. Ich lese nach Möglichkeiten zwei Zeitungen – die taz und die SZ.
Kommen wir nochmal zurück zur Auflösung der Biermösl Blosn – das ist Dir schon recht schwer gefallen, oder?
(nachdenklich) Ja.
Eine etwas intimere Frage: Wie ist jetzt das Verhältnis zu Deinen Brüdern?
Nächste Frage (lacht).
„Wir hatten schon Grenzen, über die wir nicht hinausgingen“
Die Biermösl Blosn waren bei den Politikern wegen ihrer Kritik fast schon gefürchtet. Habt Ihr in den 35 Jahren irgendwann mal den Bogen überspannt?
Nein. Wir hatten schon Grenzen, über die wir nicht hinausgingen – zum Beispiel, sich über Behinderte oder über Schwule lustig zu machen. Anders war und ist das bei Politikern. Die prostituieren sich freiwillig in der Öffentlichkeit und wenn dann Widersprüche auftauchen, dann werden die Grenzen weit (schmunzelt).

Eine Satire quasi?
Wir haben schon versucht, ein gewisses Niveau nicht zu unterbieten. Wir wollten uns nicht auf die Bühne stellen und bloß irgendwelche Witze machen oder den Zeigefinger heben. Das reicht nicht. Das Ganze sollte unterhaltsam und mit Biss sein, dann wirkt es mehr.
Du hast vorhin Dieter Hildebrandt erwähnt, der leider kürzlich verstorben ist. Hattet Ihr ein enges Verhältnis?
Ich habe den Dieter sehr gern gemocht. Er hat uns damals nach dem Skandal um das „BayWa-Lied“ – danach ist ja fast 20 Jahre nichts mehr von uns im Bayerischen Fernsehen gesendet worden – nach Berlin geholt und uns in seiner Kabarettsendung „Scheibenwischer“ sozusagen Asyl gewährt. 1984 haben wir mit ihm und Gerhard Polt an den Münchener Kammerspielen in zwei Theaterstücken mitgewirkt – in „München leuchtet“ und „Diridari“. Auch nachdem mit der Biermösl Blosn und mit Gerhard Polt Schluss war, hat mir Dieter Hildebrandt sehr geholfen. Die ersten Auftritte nach der Trennung waren zusammen mit ihm, unsere letzte gemeinsame Vorstellung war im April 2013. Und bis zu seinem Tod haben wir auch noch regelmäßig telefoniert.
„Es war eine traurige und doch lustige Beerdigung“
Warst Du auf seiner Beerdigung?
Ja. Jonas und ich haben etwas gespielt. Es war eine traurige und doch lustige Beerdigung, die Leute haben gelacht und geweint, das hat Dieter entsprochen.
War das Ende der Biermösl Blosn gleichzeitig das Ende mit Gerhard Polt?
Ja, das hing damit zusammen, dass sich Gerhard lange vor unserer Trennung entschieden hatte, mit meinen Brüdern weiter zu spielen. Und ich glaube, dass er jemand ist, der jetzt mit Anfang 70 eher kein neues Programm mehr anfangen möchte. Dieter Hildebrandt war da anders, der hat neue zeitgemäße Texte gebraucht. Er war ein Jahrhundertkabarettist.

Man kann heraushören, Dieter Hildebrandt ist für Dich ein Vorbild.
Ja, ein absolut unerreichbares.
Um noch einmal auf Gerhard Polt zurückzukommen, er ist also weiterhin mit Deinen Brüdern unterwegs?
Ja, oder allein. Aber ich glaube, er spielt ziemlich wenig inzwischen.
Stimmt es eigentlich, dass Gerhard Polt auf der Bühne genauso ist wie neben der Bühne?
Wenn man so etwas wie der Gerhard macht, dann muss man einen Teil davon in sich tragen – sonst kann man das nicht so spielen.
Wie ist das bei Dir? Bist Du auf der Bühne ein anderer als im alltäglichen Leben?
Nein, ich bin ja kein Schauspieler oder Darsteller, sondern ich singe Lieder. Wenn man die Texte selber schreibt, identifiziert man sich mit dem, was man auf der Bühne macht.
Tabea, was sagst Du dazu? Ist Dein Vater auf der Bühne der gleiche wie hier?
Tabea: (schmunzelt) Kann man schon so sagen, ja.
Hans Well: Sag ja nie was Falsches! (lacht)
Auf einer Wellenlänge: Die Toten Hosen und Biermösl Blosn.
Um kurz beim Thema Familie zu bleiben: Du bist mit vielen Geschwistern aufgewachsen.
Ja, wir waren 15 Kinder – ich bin das Neunte. Und natürlich gab es auch Konflikte. Die gibt es in jeder Familie – und in einer Großfamilie umso mehr. So eine Heile-Welt-Familie waren wir nie, aber das war normal. Ich habe großen Respekt vor meinen Eltern, dass sie uns alle durchgebracht haben. Man muss sich mal vorstellen, das war in einer Zeit, in der mein Vater als Lehrer nicht viel verdient hat und meine Mutter hat uns 15 Kinder von 340 Mark Haushaltsgeld ernährt, von dem auch noch die Miete bezahlt wurde.
Und alle sind mit der Musik aufgewachsen?
Ja, schon mit Musik, aber nicht unbedingt mit Harmonie und ausreichend Essen. Man hat das Instrument gelernt, das man lernen musste. Als die Gitarre schon besetzt war, durfte ich dieses Instrument eben nicht lernen, obwohl ich gerne wollte.
Welches Instrument blieb für Dich übrig?
Ich musste Tuba lernen – und später auch noch Gitarre.
Das muss doch aber ganz schön laut gewesen sein, wenn 15 Kinder auf ihren Instrumenten spielen?
Wir waren sehr diszipliniert. Unser Vater war streng – wie es halt in den 50er und 60er Jahren üblich war. Das „laissez-faire“-Prinzip hat er erst später entdeckt, zu spät für manche von uns. Falsche Autorität gab es damals wie Sand am Meer. Genau das war das, was meine Generation geprägt hat: Sich gegen falsche Autoritäten wehren.
„Erst an einer Münchener Schule hat sich mein Weltbild geändert“
Hat sich Dein Vater Autorität angemaßt?
Nein, mein Vater war eine echte Autorität. Wir Kinder haben früh mitbekommen, wie gut unser Vater war – auf der Bühne zum Beispiel. Auch die Gedichte, die er geschrieben hat, waren erste Sahne. Aber es gab auch andere Seiten. Bis Ende der 60iger Jahre bin ich noch mit der Gewissheit aufgewachsen, dass Hitler ein guter Mann war, ein guter Nazi. Meine Mutter war ja früher beim BDM, mein Vater war HJ-Führer. Erst als ich nach München an eine Schule mit engagierten Lehrern gekommen bin, hat sich mein Weltbild gewandelt.

Die Biermösl Blosn war quasi die logische Konsequenz, eine Kombination aus Musik und Auflehnung gegen Ungerechtigkeit.
Ja, aber im Gegensatz zur 68iger Agitprop-Generation mit mehr Witz und Selbstironie.
Geht es den heutigen Politikern und der heutigen Gesellschaft ohne die Biermösl Blosn zu gut?
Wir waren nie die einzigen, es gab lange schon vor uns viel bessere Leute im Brettl- und Kabarettbereich. Was mich an der sogenannten neuen Volksmusik ein bisschen stört, ist, dass sie ziemlich unpolitisch ist. Aber der Biss wird schon wieder kommen – wenn sie alle nach München ziehen und merken, wie hoch die Mieten sind (lacht).
Weil Du gerade die neue Volksmusik angesprochen hast, da wird ja die Biermösl Blosn auch dazu gezählt. Zu dieser neuen Volksmusik-Welle, die das Traditionelle wieder modern werden hat lassen.
Wir haben uns vom Musikalischen an die traditionelle Volksmusik gehalten, aber die Inhalte waren komplett anders. Die Texte haben sich mit Flächenfraß, Naturzerstörung und Großprojekten auseinander gesetzt – und das war auch das, was zum Beispiel die Toten Hosen so fasziniert hat. Campino hat mal gesagt, dass sie in Wackersdorf gleich das Gefühl hatten, dass wir noch viel „punkiger“ sind, als sie selbst (lacht).
„Campino hat gesagt, wir sind punkiger als sie selbst“
Was hältst von diesem neuen Boarisch-Wahn?
Positiv ist, dass man alles etwas entspannter sieht als früher. Früher, wenn an einer Tracht irgendein Knopf nicht richtig saß, gab’s eine Tracht – Prügel. Oder wenn man an einem traditionellen Volkslied den Text etwas verändert hat, war das ein Sakrileg. Dass sich diese Engstirnigkeit heute etwas verflüchtigt hat, ist wohltuend. Auf der anderen Seite hast Du dann das Oktoberfest, wo die Menschheit in München und drumrum schlagartig uniformiert als Trachtendroiden aufmarschiert – gespenstisch!
Abschließend möchten wir noch wissen, wie Du, Tabea – oder wie Dein Vater – zu Deinem so bayerischen Vornamen gekommen ist. Ist das überhaupt ein typisch bayerischer Name?
Tabea: Papa, magst Du das beantworten? (lacht)
Hans Well: Ich glaube, dass war eher meine Frau, die auf den Namen gekommen ist – sie kommt aus Indien. Wahrscheinlich hat uns die Bratschistin Tabea Zimmermann da beeinflusst. Aber unsere Tabea spielt Geige – Bratsche spielt ihre Schwester, die Sarah. Vielleicht kommt es einmal soweit, dass jemand seine Tochter Tabea nennt, weil unsere Tabea so gut spielt…
Hans, Tabea: vielen Dank für das ausführliche und interessante Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Interview: Helmut Weigerstorfer und Stephan Hörhammer