
Wird er der jüngste FRG-Landrat aller Zeiten? Der 32-jährige Sebastian Gruber ist Kandidat der CSU.
Freyung. Lange Zeit sah es so aus, als würde Sebastian Gruber (CSU) bei den Landratswahlen im März ohne Gegenkandidat in den Wahlkampf gehen. Doch – für viele überraschend – schickten die Freien Wähler schließlich doch noch MdL Alexander Muthmann ins Rennen. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht Sebastian Gruber über eben diese Nominierung und über die stressige Zeit vor den Kommunalwahlen. Außerdem erklärt der 32-jährige Lehrer, wie es mit den Krankenhäusern im Landkreis weitergehen soll.
Herr Gruber, es geht in die heiße Phase. Nur noch knapp ein Monat, dann wählt der Landkreis Freyung-Grafenau seinen neuen Landrat. Schlafen Sie schon unruhig?
Nein, überhaupt nicht. Ich sehe dem Ganzen gelassen und ausgeglichen entgegen. Natürlich sind die Tage vor der Wahl sehr intensiv und anstrengend – aber man merkt auch, dass mit der Zeit eine gewisse Dynamik entsteht – außerdem gewöhnt man sich an den stressigen Tagesablauf. Schlafstörungen habe ich aber überhaupt nicht (lacht).
„Ich habe seit drei Monaten reduzierte Stunden als Lehrer“
Schule und Wahlkampf – wie lässt sich das zurzeit vereinbaren?
Der Terminkalender ist rappelvoll. Ich habe von Anfang Januar bis Ende März reduzierte Stunden als Lehrer, um mich mehr auf den Wahlkampf konzentrieren zu können – dreimal in der Woche bin ich an der Schule, zwei Tage habe ich frei. Dann kann ich mich komplett der Politik widmen.
Wie viel Privatleben bleibt da noch?
So gut wie gar keins. Es ist aber nicht so, dass mich das überrascht – das ist nicht außergewöhnlich.
Überraschend haben die Freien Wähler den Landtagsabgeordneten Alexander Muthmann ins Rennen um den Landratsposten geschickt. Ihre Meinung dazu?
So überraschend war das nicht. Ich bin immer davon ausgegangen, dass der CSU-Kandidat nicht der einzige sein wird, der auf den Stimmzetteln steht – das Amt des Landrats ist ja eine sehr verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe. Wie es sich für eine ordentliche Demokratie gehört, hat der Wähler jetzt ein größeres Angebot …
„Die JU ist keine Jugend-Organisation, die nur Plakate aufhängt“

„Ich sehe mich als CSU-Landratskandidat Sebastian Gruber, der in ein gut funktionierendes Team und in ein schlagkräftiges Netzwerk eingebettet ist.“
Der große Widersacher der Union auf Bundesebene, die SPD, hingegen hat keinen Landrats-Kandidaten ins Rennen geschickt.
Es ist schade, dass eine große Volkspartei keinen eigenen Landrats-Kandidaten stellt. SPD-Köpfe haben den Kommunalwahlen immer gut getan. Mit Franz Schumertl hatten wir auch sehr lange einen guten SPD-Landrat.
In diesem Zusammenhang kann man auch über die Nachwuchsarbeit der beiden Parteien sprechen – bei der CSU ist sie vorbildlich, bei der SPD ausbaufähig. Warum?
Die JU hat im Landkreis mittlerweile eine gewachsene Struktur, die sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt hat. Wichtig dabei: Immer wieder sind Politiker aus der JU in führende Rollen der Kommunalpolitik gewechselt – ein guter Anreiz für junge Menschen, sich in der Jungen Union zu engagieren. Sie merken, dass es nicht nur eine Jugend-Organisation ist, die Plakate aufhängt und Flyer austeilt, sondern man auch wirklich Einflussmöglichkeit hat.
Zurück zu Alexander Muthmann. Im Hog’n-Interview kritisierte der Landtagsabgeordnete vor allem, dass Sie Fragen der Zeitung in der „Wir-Form“ beantwortet haben. Warum haben Sie das gemacht?
Ich bin Landrats-Kandidat, ich stehe auf Platz eins der Kreistags-Liste, aber dennoch sind wir ein Team – gemeinsam mit den anderen Politikern auf der Liste und gemeinsam mit den vielen Bürgermeister-Kandidaten in den einzelnen Gemeinden. Ich sehe mich als CSU-Landratskandidat Sebastian Gruber, der in ein gut funktionierendes Team und in ein schlagkräftiges Netzwerk eingebettet ist. Deswegen habe ich auch bewusst in der Wir-Form geantwortet. Ich bin nicht derjenige, der als Einzelkämpfer und Meinungsführer vorne dran steht …
„Nach der Wahl geht es ohnehin nur um die Teamleistung“

„Ich habe in der Vergangenheit in vielen Positionen beweisen können, dass ich für die Region arbeiten kann und will.“
Aber ist eine Landratswahl nicht eine Persönlichkeitswahl – ist der Kandidat nicht wichtiger als die Partei?
Da ist sowohl das eine als auch das andere wichtig. Natürlich ist die Kommunalwahl eine Persönlichkeitswahl. Der Wähler berücksichtigt aber – angesichts der kommenden schwierigen Aufgaben im Landkreis – durchaus, mit welchem Team welcher Kandidat arbeitet. Nach der Wahl geht es ohnehin nur um die Teamleistung, darum, wie man es gemeinsam schafft, den Landkreis voranzubringen. Von daher glaube ich, dass der Wähler bewusst entscheidet, wem er das Vertrauen schenkt.
Was entgegnen Sie denjenigen, die behaupten, Sie hätte keine politische Erfahrung?
Seit zwölf Jahren sitze ich im Stadtrat, bin zweiter Bürgermeister der Stadt Freyung, war CSU-Fraktionssprecher im Stadtrat, war Kreisrat, war Regionalmanager – ich habe in der Vergangenheit in vielen Positionen beweisen können, dass ich für die Region arbeiten kann und will. Die derzeitigen Diskussionen gehen in die Richtung, dass man schon mal Landrat gewesen sein muss, um es nun werden zu können. Meine Fragen an diese Leute: Welcher Unternehmer hatte schon vor seiner Existenzgründung Erfahrung darin, wie man eine Firma führt? Es ist wichtiger, einfach in vielen verschiedenen Bereichen gearbeitet zu haben, sich engagiert zu haben. Das entscheidende aber ist, dass man die Region wertschätzt und Menschenfreund ist.
Auf den Wahlplakaten, die man bereits überall sieht, setzen Sie auf Zukunft, auf eine langfristige Amtszeit – Sie stehen für Jugend und Dynamik.
Das kann man durchaus so sagen, ja. Ich bin ein Kandidat, der perspektivisch denkt – über eine Wahlperiode hinaus. Im Bereich der Wirtschaft, der Politik und auch des Sports ist es wichtig, die Verantwortungen für die Entscheidungen, die man trifft, übernehmen zu müssen – und ich habe gute Möglichkeiten, das unter Beweis stellen zu können. Generell geht der Trend dahin, dass immer mehr Junge Verantwortung übernehmen.
„Kommunalpolitik hat dahoam immer eine große Rolle gespielt“

„Er ist nicht der bessere Landrat“, sagt Sebastian Gruber über seinen Mitbewerber um das Amt des FRG-Landrats, Alexander Muthmann.
Mal ein bisschen anders gefragt: Warum ist Alexander Muthmann der bessere Landrat?
Er ist nicht der bessere Landrat (überzeugt).
… und warum sind Sie es?
Mehrere Punkte sprechen für mich: Zum einen engagiere ich mich gerne für die Menschen in der Region, in Einrichtungen und Vereinen. Zum anderen hat Kommunalpolitik bei uns dahoam immer schon eine große Rolle gespielt. Außerdem sehe ich meine Stärken in der Kommunikation mit Menschen. Und schon als Regionalmanager habe ich mich mit Themen auseinandergesetzt – Stichwort: Demographische Entwicklung -, die künftig immer mehr in den Fokus rücken. In dieser Zeit habe ich auch Erfahrung in der Verwaltung sammeln können, ich war Teil des Landratsamtes …
Wie schätzen Sie Ihre Chancen am 16. März ein?
… als sehr gut (überzeugt).
Auffallend: Sie sind im Rahmen Ihres Wahlkampfes bei Facebook sehr aktiv.
Ja, das ist ein Teil meiner Strategie – und inzwischen auch ein Muss. Ich bediene diesen Kanal sehr gern, aber auch wohl dosiert. Facebook ist eine gute und sinnvolle Möglichkeit mit Menschen zu kommunizieren – auch wenn man das Ganze nicht überbewerten darf. Übrigens war ich schon vor dem Wahlkampf ein eifriger Facebook-Nutzer.
„Inhaltlich sind wir gar nicht so weit voneinander entfernt“

Gruber nachdenklich: „Die Finanzpolitik wird in den kommenden Jahren eine große Rolle spielen.“
Ein Blick in die Zukunft: Sie sind bereits seit zehn Jahren Landrat. Mit welchen Dingen sollen dann die Bürger Ihre Amtszeit verbinden?
Inhaltlich sind wir, also Alexander Muthmann und ich, vermutlich gar nicht so weit voneinander entfernt: Die Finanzpolitik wird in den kommenden Jahren eine große Rolle spielen. Außerdem wird Bildung ein gewichtiges Thema sein – beispielsweise die Technologiecampi und die Berufsschule. Großes Potenzial sehe ich in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Tschechien. Zwar gibt es die Europaregion Donau-Moldau, sie muss aber noch mit Leben gefüllt werden – touristisch, wirtschaftlich und im Bildungsbereich. Meine Aufgabe wird es dabei sein, die Menschen zu sensibilisieren, dass wir einen Nachbarn in unmittelbarer Nähe haben, den wir noch nicht so gut kennen.
Apropos Finanzen: Wie stehen Sie zum Thema Krankenhäuser?
2012 hat der Kreistag mehrheitlich ein Konzept beschlossen, das bis 2015 umgesetzt werden soll – das klare Ziel: Nächstes Jahr soll die schwarze Null stehen. Der Weg dahin ist steinig, aber von allen politischen Gruppierungen getragen und von der Geschäftsleitung sensibel umgesetzt. Drei Themen sind dabei besonders wichtig: Wir haben eine soziale Verantwortung gegenüber den 940 Mitarbeitern der Kliniken gGmbH. Außerdem haben die Krankenhäuser eine gesellschaftliche Verantwortung, gegenüber den Bürgern eine wohnortnahe Versorgung sicher zu stellen. Doch auch das Betriebswirtschaftliche darf man nicht aus den Augen verlieren: Man muss das Defizit in den Griff bekommen.
Braucht der Landkreis überhaupt drei Krankenhäuser?
Es ist Absicht, Wille und Beschluss der Landkreis-Politik, die drei Standorte zu erhalten. Man darf auch nicht vergessen, dass beispielsweise das Krankenhaus in Waldkirchen einen hohen Anteil an Patienten hat, die aus dem Landkreis Passau kommen. Wir sprechen von einem Haus an drei Standorten, die ihm Rahmen der Umstrukturierung nicht in der Diskussion stehen – auch weil die Spezialisierung immer weiter voranschreitet. Obwohl man dadurch bestimmt einigen Leuten weh getan hat, die eine liebgewonnene Stelle an einem gewohnten Standort verloren haben.
… man muss also als Politiker immer wieder Entscheidungen treffen, die nicht allen passen?
Ja – nicht nur in der Politik, sondern auch in der Schule (schmunzelt). Hat man eine Führungsrolle, kommt man nicht drumrum.
„Mit einem Plan B habe ich mich noch nicht beschäftigt“

Verwurzelt in der Heimat: Dieses Foto zeigt Sebastian Gruber als Taferlbuam der Feuerwehr Falkenbach-Köppenreut im Jahr 1987. Foto: privat
Apropos Schule: Gibt es einen Plan B, sollten Sie nicht Landrat werden?
Ich bin und war Lehrer – und mache diesen Job leidenschaftlich gerne. Doch ich muss zugeben: Mit einem Plan B habe ich mich noch nicht beschäftigt. Ziel ist erst mal der 16. März – und bis dahin möchte ich einen fairen Wahlkampf führen.
Bleiben Waldkirchen und Grafenau auf der Strecke, wenn Sie als Freyunger Landrat werden?
Es ist ja sicher, dass ein Freyunger Landrat wird. Man darf aber nicht vergessen, dass auch Alexander Muthmann als Spitzenkandidat auf einer Freyunger Stadtratsliste steht. In der Vergangenheit habe ich, was die Themen Regionalmanagment, Ehrenamt und Sport betrifft, bewiesen, dass ich den kompletten Landkreis im Blick habe. Natürlich bin ich kommunalpolitisch in Freyung verwurzelt, dennoch habe ich gute Kontakte in alle 25 Gemeinden. Außerdem wird es in Zukunft wichtiger denn je, dass sich die Bevölkerung mit dem gesamten Landkreis und nicht mit einzelnen Städten und Gemeinden identifiziert …
Wie würde eine Zusammenarbeit zwischen Landrat Sebastian Gruber und MdL Alexander Muthmann, der womöglich auch im Kreistag sitzt, ablaufen?
Ein Abgeordneter des bayerischen Landtages kann immer gute Einfälle haben und gewinnbringende Diskussionen anregen. Es ist positiv, wenn sich der Bayerische Wald möglichst breit aufstellt – und da ist jeder Landtagsabgeordnete, egal welcher Partei er angehört, wichtig. Zumal der Nachrücker für Alexander Muthmann mit Ludwig Waas ein Straubinger – also ein Vertreter aus einer direkten Konkurrenz-Region. Und ich denke, für den Landkreis ist es unerlässlich, dass ein möglicher Landrat Gruber mit dem MdL Muthmann gut zusammenarbeitet.
Interview: Helmut Weigerstorfer