Perlesreut. Sie lebt den Traum, den viele Jugendliche in ihrem Alter träumen: Lilian Prent (17) aus Perlesreut ist Schauspielerin. In den Filmen „Jeder Tag zählt“ und „Mara und der Feuerbringer“ (Kinostart: April 2015) hatte sie jeweils die Hauptrolle. „In der Nacht vor den Dreharbeiten wär‘ ich vor Nervosität fast gestorben“, gibt die sympathische Gymnasiastin zu. Wie es die gebürtige Münchnerin schafft, Schule und Schauspielerei unter einen Hut zu bringen, wie sie zu ihren Rollen kommt und mit welche TV-Stars ihre Vorbilder sind, hat sie im Gespräch mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ erzählt. Ein Hauch von Hollywood weht durch den Woid!
Lilian, mal ganz ehrlich: Wie oft denkst Du an Hollywood?
(überlegt) Eigentlich gar nicht. In Hollywood werden zwar gute Filme gemacht, doch das Menschliche geht dort vollkommen unter, es gibt eine Hierarchie unter den Stars. Das haben mir schon einige deutsche Schauspieler erzählt, die da gearbeitet haben. An europäischen Film-Sets ist es viel entspannter, da redet jeder mit jedem.
„In Hollywood geht das Menschliche vollkommen unter“
Trotzdem wirst Du wohl von einer Karriere à la Angelina Jolie träumen.
Früher schon, inzwischen aber nicht mehr. So eine Karriere ist sicher sehr anstrengend und macht einen auf Dauer kaputt – darunter leidet dann das Privatleben. Und gerade das möchte ich nicht. Bist Du in Hollywood, bist Du jede Sekunde Deines Lebens unter Beobachtung. Ich sehe die Schauspielerei hingegen als ganz normalen Beruf.
Lilian bei der Arbeit – hier spricht sie über den Dreh zu „Mara und der Feuerbringer“
Ist das überhaupt möglich?
Es ist schwierig, aber durchaus machbar. Man muss klar zwischen Privatleben und Beruf unterscheiden – das haben mir schon mehrere erfahrene Schauspiel-Kollegen geraten. Man muss sich zudem im Klaren darüber sein, wie viel Öffentlichkeit man in sein Leben lässt.
Wer sind Deine Vorbilder?
Meine Lieblingsschauspielerin ist Karoline Herfurth, die unter anderem beim derzeitigen Kino-Hit „Fack ju Göthe“ mitspielt. Wahnsinnig viel gelernt habe ich auch von Jan Josef Liefers und Christoph Maria Herbst, mit denen in kürzlich gedreht habe. Die beiden waren echt cool drauf und haben mir viele Tipps gegeben. Erstaunlich ist, wie professionell sie gearbeitet haben: Sie können immer perfekt ihren Text und bieten dem Regisseur sehr viele Spiel-Variationen an. Sie sind sehr kreativ vor der Kamera – das hat mich beeindruckt.
„Mit zwölf hab‘ ich damit begonnen, im Schultheater mitzuspielen“
Auf Du und Du mit den etablierten TV-Stars, das macht Eindruck. Aber: Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass Du Schauspielerin wirst?
Mit zwölf Jahren habe ich damit begonnen, im Schultheater mitzuspielen. Ich war so begeistert davon, dass ich unbedingt Schauspielerin werden wollte. Und dann habe ich gewartet, bis ich entdeckt werde…
Leichter gesagt, als getan …
Ja, das stimmt (schmunzelt). Ich habe die Sache später selber in die Hand genommen und der Agentur „Talentscout“ eine Bewerbungs-E-Mail geschickt. Gemeinsam mit einer Freundin habe ich ein kleines Video gedreht, das die Verantwortlichen anscheinend interessiert hat. Anschließend wurde für mich eine eigene Set-Card erstellt. Was dann nur noch fehlte, waren die ersten Aufträge …
… die nicht lange auf sich warten ließen.
Brauchen Regisseure Schauspieler, beauftragen sie Casting-Agenturen mit der Suche. Diese wiederum schreiben verschiedene Schauspiel-Agenturen an, die geeignete Personen vorschlagen. Der Regisseur hat dann verschiedene Set-Cards vor sich und entscheidet nach einem Casting, wer welche Rolle bekommt.
Mit Verlaub: Das hat einen Hauch von Menschenhandel.
(lacht herzlich) Ja, das stimmt irgendwie. Aber es ist nunmal so: Ein Regisseur hat eine ganz genaue Vorstellung, wie seine Rollen besetzt werden sollen – und dazu braucht er die richtigen Schauspieler. Deshalb werden auch die klassischen Angaben wie Körpergröße, Gewicht, Hautfarbe und Haarfarbe benötigt.
„Ich würde alles machen, was meine Gesundheit nicht gefährdet“
„Jeder Tag zählt“ – so hieß Deine erste große Produktion, die im ZDF gelaufen ist. Du spielst dabei ein an Leukämie erkranktes Mädchen. Wie hast Du Dich in dieser Rolle gefühlt?
Es war schon sehr schwierig – aber Gott sei Dank hat mir da meine Regisseurin geholfen. Besonders krass: Ich habe vorher das Buch zum Film gelesen – und da habe ich erfahren, dass das Ganze auf einer wahren Begebenheit beruht (kurze Pause). Da schluckt man wirklich erst mal … Kurz vor den Dreharbeiten haben wir dann zwei Jungs besucht, die Leukämie haben – das war echt krass.
Heimgehen und abschalten ist da nicht wirklich möglich, hm?
Ja, das stimmt. Wenn man mal kaputt ist oder sich schlapp fühlt, fragt man sich gleich, ob man selbst schwerer krank ist. So ganz einfach war es für mich nicht, diesen Film zu drehen.
Du musstest Dir auch Deine Haare abrasieren. Wie weit würdest Du für eine Rolle gehen? Was wäre, wenn Du 30 Kilo zunehmen müsstest?
30 Kilo … hm (überlegt). Ich würde wohl so ziemlich alles machen, was meine Gesundheit nicht gefährdet. Für ‚Jeder Tag zählt‘ musste ich sehr viel abnehmen. Als mir dann übel wurde und es mir schlecht ging, habe ich schon überlegt, das Ganze abzubrechen.
„Vor meinem ersten Tag am Set konnte ich kaum schlafen“
Da war dann „Mara und der Feuerbringer“ schon etwas einfacher für Dich, oder? Obwohl es Dein erster Kinofilm war?
(lacht) Ja, das stimmt. Das war ja auch ein Fantasy-Film, basierend auf nordisch-germanische Sagen – das ist etwas leichtere Kost (schmunzelt).
Warst Du eigentlich nervös vor Deinem ersten Dreh?
Ich wäre fast gestorben (lacht). Vor meinem ersten Tag am Set konnte ich kaum schlafen und mir war übel. Letztlich war es aber dann halb so wild. Bevor es los ging, wurde mir alles genau erklärt, das hat mich unheimlich beruhigt.
Welche Art von Film liegt Dir besser?
Da möchte ich mich nicht festlegen. Ich habe bisher diese beiden Sachen ausprobiert – und beide waren auf ihre Weise interessant. Beim Leukämie-Film musste ich sehr emotional und ganz sensibel sein, es war eher ein stiller Film. Bei ‚Mara und der Feuerbringer‘ hingegen war viel Action mit dabei. Und das war ja auch eine Kino-Produktion mit einem größeren Team und vielen Special Effects – dafür war extra John Nugent aus Hollywood gekommen, der auch bei Herr der Ringe mitgewirkt hat. Das war sehr interessant.
Wie fühlst Du Dich, wenn Du Dich auf der Leinwand oder im Fernsehen sieht?
Am Anfang war das schon komisch (lacht). Da hab ich mir nicht zuschauen können und hab mich gefragt, was die anderen Leute wohl über mich denken. Mit der Zeit habe ich aber gelernt, das Ganze objektiv zu sehen – und mich auch kritisch zu hinterfragen, was ich besser machen kann.
„Wenn man die Möglichkeit hat, soll man sie auch nutzen“
Die Schauspiel-Karriere auf der einen Seite, die Schule auf der anderen Seite – wie ist das unter einen Hut zu bringen?
Ich habe viele Fehlstunden (überlegt). Beim ersten Film zum Beispiel war ich eineinhalb Monate nicht in der Schule – es war schon hart, das alles dann nachzuholen. Glücklicherweise hat mich aber Herr Redel (Anm. d. Red.: damaliger Schulleiter des Gymnasiums Freyung) immer unterstützt. Wenn man die Möglichkeit hat, sowas zu machen, soll man sie auch nutzen – deshalb nehme ich die Schwierigkeiten auch in Kauf. Wenn ich es in dieser Branche schaffen möchte, ist es wichtig, schon jetzt einen Fuß in der Tür zu haben. Ich kann meinen Weg, den ich irgendwann gehen möchte, schon jetzt vorbereiten.
Die Schule unterstützt Dich also voll – genauso wie Deine Eltern?
Anfangs waren sie ein bisschen skeptisch, was ich auch verstehen kann – schließlich ist es kein Beruf wie jeder andere. Irgendwann haben sie aber erkannt, dass ich das wirklich möchte – und seitdem helfen sie mir, wo es nur geht.
Nervt Dich der Stress manchmal? Schließlich hast Du nicht das typische Leben einer 17-Jährigen.
Nein (zufrieden). Ok, zugegeben: Manchmal ist es schon blöd, wenn Freunde erzählen, was sie alles gemacht haben, während ich Drehs hatte. Mir fällt es auch schwer, wenn ich nach einer längeren Zeit in der Schule wieder am Set bin – und umgekehrt. Es sind einfach zwei völlig unterschiedliche Welten.
„Wenn ich mir einen Text vier bis fünf Mal durchlese, kann ich ihn“
Hast Du Probleme mit dem Auswendiglernen Deiner Drehbücher?
Glücklicherweise nicht. Wenn ich mir einen Text vier, fünf Mal durchlese, dann kann ich ihn. Vor allem Dialoge sind gar nicht schwierig, weil vieles auf Interaktion beruht – da kommen manche Szenen ganz natürlich. Im Theater ist man fest an seinen Text gebunden, im Film ist das nicht ganz so – da kann man auch mal improvisieren.
In Deiner Set-Card wird angeben, dass Du Berlin, München und Toronto als Einsatzorte anbieten kannst. Wie kommt es dazu?
In München bin ich geboren worden – dort leben noch viele Verwandte von mir. Genauso wie in Berlin. In der Umgebung von Toronto wohnt meine Ur-Oma und deren Familie.
Zurück zum Filmgeschäft: Welche Projekte stehen demnächst an?
Leider keine (etwas traurig). Freilich habe ich immer wieder ein paar Castings – und dabei hoffe ich, wieder eine Rolle zu bekommen.
Welche Drehs wünscht Du Dir besonders?
Am meisten würden mich Verfilmungen von Theaterstücken interessieren – wie zum Beispiel „Lulu“ von Frank Wedekind, auch von „Peer Gynt“ gibt es tolle Sachen. Sowas zu spielen wäre eine große Ehre für mich.
… genauso wie der Tatort?
Tatort-Kommissarin zu sein wäre die absolute Krönung. Obwohl ich nicht Krimi-Fan bin, wäre das eine super Sache, ganz klar.
Kannst Du schon von solchen Rollen träumen?
Nein, überhaupt nicht. Es gibt zahlreiche junge Schauspieler, die schon einige Sachen gedreht haben und plötzlich nicht mehr gefragt waren. Vielen ist eine Rolle auch maßgeschneidert und man verbindet sie mit dem dann so, dass sie nichts anderes mehr bekommen. Bisher habe ich zwei junge Mädchen gespielt, weil ich selber eins bin. Deshalb kann ich nicht sagen, was in zwei, drei Jahren sein wird.
Welchen Tipp hast Du für diejenigen, die ebenfalls Schauspieler werden möchten?
Üben, üben, üben (schmunzelt). Zum einen soll man selbst so viel spielen wie möglich. Zum anderen soll man auch viele Theaterstücke und Filme sehen, um zu lernen, wie sich die Akteure verhalten.
Interview: Helmut Weigerstorfer