Bischofsreut/Indianapolis. „Oh liawa God, wo bine denn do hikäma?“, lautete sein erster Gedanke, als er damals, vor mehr als zwei Jahren, aus dem Flugzeug gestiegen ist. So recht wusste er nicht auf was er sich da eingelassen hatte. Erste Zweifel kamen auf. Doch trotz der vielen Formalien, die vor seinem neuen Lebensabschnitt erledigt werden mussten, ging dann doch alles relativ schnell mit der Gewöhnung an das neue Umfeld, die neue Sprache, die neuen Menschen. Fernab von der Heimat, der Familie, den Freunden.

Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten: Seit Juli 2011 lebt der gebürtige Bischofsreuter Karl Madl in Indianapolis in den Vereinigten Staaten. Fotos: Karl Madl
Statt in Bischofsreut war Karl Madl plötzlich in Indianapolis dahoam. Statt den hohen Bäumen des Bayerwalds sah er plötzlich nur noch Wolkenkratzer um sich herum. Ein Schritt ins Ungewisse – doch genau das wollte der heute 25-Jährige auch. „I hob imma gwissd, i mog amoi fuat. Mia war owa egal, wo i hidua.“ Und so ging der Waidler nach seiner erfolgreich abgeschlossenen Meisterprüfung als Kunststoffformgeber in die Vereinigten Staaten von Amerika, in den Bundesstaat Indiana. Out of da Woid!
„I hätt iwaroid landn kind – Türkei, Indien, China oda sonst wo“
Dass er ausgerechnet im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten landete, ist dabei einem Zufall geschuldet: Karl Madl schaltete bei Plasticker.de – eine Plattform für alle, die auf dem Kunststoffsektor arbeiten – ein Stellengesuch.

Karl Madl zu Besuch in der Hog’n-Redaktion.
„I hätt iwaroid landn kinnd – Türkei, Indien, China oder sonst iagendwo.“ Letztlich meldete sich mit Jeco Plastic Products bei Karl eine US-Firma, die mit deutschen Maschinen arbeitet. „Des wa scha luste: Mi hod a ewig lange Numma agruafa. I hab dann gsogt, i ruaf speda zruck, weil eh am Afang goa nix verstandn ha.“ Trotz anfänglicher (Sprach-)Probleme war das ein Glückstreffer für den Bischofsreuter. Denn nach einem Monat Probezeit „in Amerika“ stand für den damals 22-Jährigen fest, dass er künftig im US-Staat Indiana leben und dort arbeiten wird. Im Juli 2011 startete er schließlich als Mitarbeiter bei Jeco Plastic Products.
Visum und Arbeitserlaubnis???!!!??!! „A unvorstellbars Drama“
Im Nachhinein betrachtet jedoch: Leichter gesagt als getan! Vorher hatte Karl Madl nämlich sowohl mit einigen Hürden der deutschen als auch der amerikanischen Bürokratie zu kämpfen. „A unvorstellbars Drama“, beschreibt er dieses Prozedere aus heutiger Sicht – und winkt ab.
Die große Schwierigkeit: Sein neuer Arbeitgeber ist eine reine US-Firma, die – wie so viele andere – keinen Sitz in Deutschland hat. Deshalb musste das Plastik-Unternehmen vor den Behörden deutlich machen, dass es Karl Madl unbedingt braucht – und es keinen adäquaten Arbeiter mit Karls Know-how in den USA gebe. „Des wa scha echt varruggt.“ Doch schließlich klappte es doch mit der Arbeitserlaubnis und dem Visum. Anfangs war seine Aufenthaltsdauer in den USA auf eineinhalb Jahre beschränkt, später wurde sie auf fünf Jahre ausgebaut. Freude auf der einen Seite, Abschiedsschmerz auf der anderen – „meine Eltern hand aber immer hinter mir und meina Entscheidung gschtandn“, sagt der Jung-Waidler.
Angekommen in seiner neuen Heimat, versuchte er sich dann auch gleich so schnell wie möglich zu akklimatisieren – obwohl das freilich mit einigen Schwierigkeiten und Irritationen verbunden war. Die USA sind eben das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – und der „großzügigen“ Gesetze. Karl Madl erzählt: „Do drent is‘ eigentle üblich, dass ma immer a Waffn dabei hod.“ Genauso „normal“ sei es, schon einmal im Gefängnis gesessen zu sein. „Wenn ned, wiad ma direkt komisch agschaut.“ Generell beschreibt er die Amerikaner als sehr lockere Typen, manchmal etwas zu locker. So ist seine typisch deutsche Pünktlichkeit und Genauigkeit in seiner neuen Heimat eher die Ausnahme.
Hitler-Gruß von den Amis und Bier in Plastikbechern – „Pfui Deife!“
Zweieinhalb Jahre ist der Kunststoffformgeber mittlerweile in den USA, trotzdem ist sein waidlerischer Einschlag nach wie vor deutlich zu hören. Darauf legt er auch großen Wert, wie er immer wieder betont. Und seine Herkunft begleitet ihn natürlich auch in Übersee – wenn das auch manchmal äußerst fragwürdige Reaktionen bei den Amis hervorruft. „Soboid i zum Beispiel vazeih, dass i Deitscha bin, mochand’s an Hitler-Gruaß“, erzählt Karl Madl und schüttelt schmunzelnd den Kopf. Beschwichtigend erklärt er: „Des is ned bes gmoad, des ghead do oafach dazua. De wissnd ja, dass i fia des Ganze nix dafia ka.“ Zum anderen ist der Waidler auf den zahlreichen „Oktoberfest-Imitationsfestivitäten“ mit seiner Lederhose ein gern gesehener Gast. „Do gibt’s dann a Gwasch, se nennand’s Bier in Plastikbechan – pfui Deife!“
Karl Madl ist sich sicher: „Iagendwann kehr i zruck“

Oft bekommt Karl Madl Besuch aus seiner Heimat. Hier posiert er mit den Bischofsreutern Stefan Schönberger (v.l.), Marco Knab sowie zwei US-Cops.
Trotzdem fühlt er sich in seiner neuen Heimat wohl. Auch seine Probleme mit dem US-amerikanischen Englisch haben sich gelegt. Die Sprache ist mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Das geht sogar soweit, dass der Exil-Bayer zugibt: „Hab i d’Wahl zwischn Englisch und Hochdeitsch, dann red i liawa Englisch.“ Obwohl der 25-Jährige gern in Indianapolis zu Hause ist und dort mit Erin (24) auch eine Freundin gefunden hat – seine niedaboarische Heimat lässt ihn nicht los. Ein- bis zweimal jährliche besucht er Freunde und Familie in Bischofsreut. Für ihn steht fest: „Iagendwann kehr i wieda z’ruck.“
The Bavarian-American Way of live – Bilder aus Karl Madls Alltag in den USA:
Helmut Weigerstorfer