Hauzenberg. Die Fußstapfen, in die er gestiegen ist, sind nicht gerade klein. Doch er traut sich den Job als Junior-Chef mittlerweile ganz gut zu: Stefan Penninger zählt zu denjenigen, die sich gegen die Karriere als hochqualifizierte Fachkraft in einem großstädtischen Unternehmen und bewusst für die Übernahme des elterlichen Betriebs in der Heimatregion entschieden haben. In Regensburg Informationswissenschaft, BWL und Wirtschaftsinformatik studiert, hat der junge Familienvater, der von klein auf die Entwicklung der Traditionsschnapsbrennerei aus Jahrdorf miterlebt hat, vor etwa eineinhalb Jahren die betriebliche Mitverantwortung für mehr als 50 Mitarbeiter übernommen.
Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ schildert der 33-Jähirge seine Anfänge als Produkt-Manager bei Penninger, was für ihn eine „moderne Kaufmannsdenke“ ausmacht – und warum es recht schwierig ist, einen Destillateurslehrling für sein Unternehmen zu finden.
„Ich bin mit Schwimmflügeln an den Job herangeführt worden“
Stefan: Warum hast Du Dich nach deinem Studium in Regensburg für Deine Heimat entschieden – und somit gegen eine Karriere in einem namhaften IT-Unternehmen ?
Wir haben hier in Jahrdorf unsere Schnapsbrennerei – und für mich hat sich irgendwann abgezeichnet, dass ich den Betrieb einmal übernehmen werde. Ich habe zwei Schwestern und einen Bruder, die alle jünger sind und eher in die künstlerisch-musische Richtung tendieren. Und da ich besser mit Zahlen umgehen kann als mit Kunst und Malerei, bin ich am ehesten für die Nachfolge in Frage gekommen – natürlich unter der Voraussetzung, dass die Firma in Familienhand bleibt (lacht).
Ich stand vor der Entscheidung: Verfolge ich eine wissenschaftliche Karriere an der Uni oder entscheide ich mich für einen Job als Wirtschaftsinformatiker in einer Großstadt. Bleibe ich in Regensburg wohnen oder zieht es mich nach München, wo gut ausgebildete Fachkräfte gutes Geld verdienen können. Oder gehe ich wieder nach Hause, wo ich eine gewisse Verantwortung für mich und meine Familie sowie viele Mitarbeiter übernehmen kann …
… und hast Dich eben letztlich für die Verantwortung und die Familie entschieden.
Richtig. Ich wollte das so machen. Aber man hat natürlich immer gewisse – nennen wir’s mal – Ressentiments, speziell wenn man von der Uni kommt und noch wenig vom Leben gesehen hat. Es bietet sich einem eine Chance, die aber auch mit Risiken verbunden ist – nicht nur für einen selber, sondern auch für seine Mitarbeiter, für die man Verantwortung tragen muss. Da hatte ich ordentlichen Respekt davor.
Vermutlich eine völlig normale Reaktion …
Ich bin mit Schwimmflügeln an den Job herangeführt worden. Und nach eineinhalb Jahren kann ich sagen, dass der Respekt von einst recht schnell einer gewissen Aufbruchsstimmung gewichen ist. Ich weiß mich jetzt selbst einzuschätzen, kenne die Firma und die Kollegen und die Potenziale unseres Betriebes. Meine Motivation ist auf jeden Fall gestiegen. Ich könnte den Laden zwar noch nicht alleine schmeißen, wie man so schön sagt, aber: Ich weiß jetzt, was ich kann.
„Wer lange BWL studiert, ist deswegen noch lange nicht Kaufmann“
Inwiefern ist Dir Dein Studium für Deine momentane Aufgabe bei Penninger zugute gekommen? Gibt es Dinge, die Du einbringen konntest?
Wir haben schon in der ersten Vorlesung gelernt bekommen: Man kann BWL lange studieren, ist aber deswegen noch lange nicht Kaufmann. Es gilt viele praktische Erfahrungen zu sammeln und eine gewisse Kaufmannsdenke langsam zu entwickeln. Als Grundlage hat mir der Wirtschaftsteil meiner Ausbildung auf jeden Fall geholfen, aber man muss sich schon darauf einlassen und seine Arbeit gerne machen – und dann wird man auch von einer gewissen Dynamik mitgerissen, die einen den Job gut machen lässt.
Der Wirtschaftsinformatik-Teil hat mir ebenfalls sehr geholfen. Eine Schnapsbrennerei ist ja ein typischer Vertreter der Old Economy. Aber wir müssen den gesamten Betrieb deutschlandweit konkurrenzfähig halten und darauf achten, dass alle Abläufe auf einem modernen Stand sind. Vieles wird bei uns natürlich auch am Rechner gemacht – und hier ist wichtig, einen fachlichen Ein- und Überblick zu haben. Mit einer Kaufmanns- oder Informatikerlehre könnte man das mit Sicherheit genauso machen. Im Studium ist man aber noch einmal eine Ebene drüber, schaut sich Prozesse aus der Vogelperspektive an und fragt sich: Wie könnte ich dieses oder jenes verbessern? Ich habe viel über die Firma gelernt, habe andererseits auch viel Wissen in die Firma miteinbringen können, das vorher nur rudimentär vorhanden war.
Zum Beispiel?
Mein Anstoß war etwa, dass wir uns nach außen hin optisch moderner darstellen – ohne dabei unsere Wurzeln zu vergessen. Traditionelle Altholz-Materialien, kombiniert mit einem modernen Schriftbild. Wir haben unseren Online-Shop überarbeitet und auf den neuesten Stand gebracht, damit er mit anderen Web-Shops konkurrieren kann. Dieses ‚Schaufenster zur Welt‘ sollte in ansprechender Optik präsentiert werden. Und dem Kunden soll es so einfach wie möglich gemacht werden unsere Produkte zu beziehen.
Oder unsere Produktpalette: Wir haben sehr viele Klassiker, die wir bereits seit 30 Jahren oder länger im Sortiment haben. Andererseits möchte ich mich ja auch weiterentwickeln, weshalb wir etwa unseren Haselnuss-Schnaps oder die neue Likör-Serie ins Sortiment mitaufgenommen haben. Ansprechende Produkte, die zu uns und zur traditionellen Penninger-Linie passen.
„Mein Eintritt war für unsere Belegschaft ein wichtiges Zeichen“
Du hast vorhin über die Kaufmannsdenke gesprochen. Was macht Deiner Meinung nach eine moderne Kaufmannsdenke aus?
Die Frage ist ja: Welche Märkte kann ich ansprechen, die bisher noch gar nicht oder nicht ausreichend angesprochen wurden? Zwölf Kilometer Luftlinie entfernt liegt unser Nachbarland Österreich. Und die Österreicher und die Bayern können an und für sich ja recht gut miteinander. Deshalb schauen wir nun, ob wir unseren Schnaps auch nach Österreich verkaufen können. Und der Export ist bereits angelaufen …
Wie war es damals eigentlich um die Akzeptanz seitens der Belegschaft bestellt, als Du in den Betrieb gekommen bist?
Die war sehr gut. Die meisten haben mich ja ohnehin schon von Kindesbeinen an gekannt, weil ich ja hier auf dem Hof aufgewachsen bin. Viele unserer Mitarbeiter sind teilweise mehr als 30 Jahre in der Firma. Die haben eher nach dem Motto reagiert: ‚Jetzt ist der Stefan endlich da!‘ (lacht). Ein Unbekannter war ich also nicht. Als ich in die Firma gekommen bin, war das auch für unsere Belegschaft ein wichtiges Zeichen hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft – mein Vater ist ja nun auch nicht mehr der Jüngste. Stichwort: Kontinuität und Sicherheit im Familienbetrieb.
Ihr habt ja mittlerweile acht Filialen: in Spiegelau, Hauzenberg, Böbrach, Kirchham, Bad Griesbach, Reit im Winkel, Oberstdorf und Oberstaufen. Wollt ihr dieses Netz künftig noch weiter ausbauen?
Der Gedanke hinter den Filialen war ja, dass wir uns in touristisch-interessanten Gebieten mit unseren Schnaps-Museen niederlassen. Und auch wenn sich der ein oder andere Ort nicht so entwickelt hat, wie wir uns das vor zehn, fünfzehn Jahren vorgestellt haben, wollen wir weiterhin an diesen Standorten festhalten und unsere Filialen weiter ausbauen.
Unser Konzept für die Zukunft heißt: Schnaps-Boutique! So wie das erst jüngst etwa in Bad Griesbach umgesetzt worden ist. Das Prinzip: Genauso, wie wenn man in eine Bekleidungsboutique geht, um Kleidung zu probieren und zu kaufen, kann man in unsere Schnaps-Boutique gehen um Schnaps zu probieren. Dieses Konzept ist unserer Meinung nach sehr erfolgversprechend.
„Das Bayern-Image ist uns bei der Erschließung neuer Märkte hilfreich“
Stichwort „Neue Märkte“: Wie schafft man es, dass man etwa einem Berliner oder Hamburger einen Penninger-Schnaps aus dem Bayerischen Wald schmackhaft macht?
Unsere bayerische Herkunft ist uns da oft sehr hilfreich – aber es hat keiner auf Dich gewartet. Es gilt deshalb umso mehr, die Leute von Deinem Produkt zu überzeugen. Das geht auch nicht von heute auf morgen – und wir sind auch bei weitem noch nicht so weit, wie wir uns das erhoffen.
Aber aufgrund unserer Schnaps-Museen gibt es viele Leute aus Nah und Fern, die bei uns in der Region schon mal Urlaub gemacht haben und die Firma Penninger in Hauzenberg auch mal persönlich besucht haben. Und diese Leute bestellen nach ihrem Urlaub gerne bei uns. Und über die Werbung natürlich, etwa mit großflächigen Plakaten vor Supermärkten in Hamburg oder Berlin. Feststeht: Je weiter man weggeht vom heimatlichen Standort, desto schwieriger wird’s.
Thema Ausbildung: Welche Berufe kann man bei der Firma Penninger erlernen?
Es jammern ja viele über den Fachkräftemangel – und es wird auch bei uns in der Firma wie allgemein im Woid nicht leichter. Wir suchen jetzt etwa nach einem Destillateurslehrling – aber wir bekommen leider keinen, der von der Qualifikation her passen würde. Im nächsten Jahr bilden wir wieder Bürokaufleute aus, da sind jetzt schon die Bewerbungen da. Aber bei dem Handwerksberuf hakt’s einfach …
Lehrlingsjob mit viel Sicherheit und Exklusivität zu vebgeben
Was muss ein Destillateurslehrling mitbringen?
Gar nichts Außergewöhnliches: ob Hauptschul- oder Realschulabschluss oder Abitur – das ist egal. Und in Mathe und Chemie sollte er – oder gerne auch eine Sie – nicht gerade eine Vier haben. Doch bisher war noch kein Bewerber dabei, der das erfüllt hatte. Schade. Ebenso wichtig wäre, dass es sich um jemanden handelt, auf den wir längerfristig bauen können. Mir stellt sich die Frage: Ist Destillateur so ein abwegiger Beruf? Oder wollen die Jungen heute nur noch alle ins Büro?
Vielleicht liegt es ja trotz unseres Verjüngungskurses daran, dass wir bei den 16-, 17-Jährigen als zu traditionelles, zu altmodisches Unternehmen gelten, das den Schnaps produziert, den ihr Opa gerne trinkt. Vielleicht ist gerade das nicht so sexy für einen jungen Menschen – obwohl es sich ja um einen mehr als exklusiven Job handelt.
Dem entgegen stünde aber die Sicherheit, die auch bei jungen Menschen hoch im Kurz steht …
Unser ältester Mitarbeiter hat jetzt seinen 60. Geburtstag gefeiert. Der ist seit 47 Jahren in der Firma. Also wenn Du bei uns in die Lehre gehst und Dich g’schickt anstellst, hast Du bei uns eine Anstellung fürs Leben. Und als kleines Zuckerl für die Destillateurslehre obendauf: Die Ausbildung findet blockmäßig statt – und zwar in Berlin.
Interview: Stephan Hörhammer