Freyung-Grafenau. Für viele Waidler zählt folgendes Szenario leider (immer noch) zum Alltag: Unterwegs im World Wide Web lädt eine Internetseite nur ganz langsam – im schlimmsten Falle gar nicht. Zwar hat sich schon so mancher resigniert damit abgefunden, dennoch sorgt die Internet-Geschwindigkeit in unserer Region immer wieder für Gesprächsstoff – vor allem auch deswegen, weil trotz der oft angesprochenen Stärkung des ländlichen Raumes in Sachen Breitbandausbau nicht viel (bis gar nix) geschieht. Ein neues Förderprogramm, gestartet im Dezember 2012, soll nun Abhilfe schaffen – innerhalb von fünf Jahren soll in ganz Bayern „schnelles Internet“ verfügbar sein, wird darin versprochen. Zwei Milliarden Euro stehen dafür bereit. Die Erlösung? Nein! Hinterschmidings Bürgermeister Heinrich Lenz, seit Jahren ein Breitband-Verfechter, kritisiert: „Dieses Programm ist völlig untauglich. Einige DSL-„Leuchtturm“-Projekte können damit sicher unterstützt werden – aber nicht die Breite, nicht die Bevölkerung auf dem Land.“
Ein Blick zurück: 2006 wurde die Breitbandinitiative Bayern gegründet. Damals wurden Fördermittel in Höhe von 19 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, der Förder-Höchstbetrag pro Gemeinde lag bei 50.000 Euro, die Förderquote betrug 50 Prozent. Eine verschwindend geringe Summe im Vergleich zum großen Aufwand, den Freitstaat mit schnellem Internet zu versorgen. „Schon das war eine völlige Fehleinschätzung“, urteilt Heinrich Lenz. „Ein Meter Glasfaserkabel kostet zwischen 80 und 100 Euro. Für eine flächendeckende DSL-Versorgung bräuchte man rund zehn Milliarden Euro.“ Angesichts dieser Zahlen rückt das Versprechen der Bundesregierung („50 MBit für alle bis 2018“) in weite Ferne.
Ohne staatliche Hilfen sind die Gemeinden nicht konkurrenzfähig
Auch die Nachjustierungen der Fördermittel über das Konjunkturpaket II 2009 – darin wurden 47 Millionen Euro, 100.000 pro Gemeinde mit einer Förderquote von 70 Prozent versprochen – ist Lenz zufolge nur ein weiterer Tropfen auf den heißen Stein. Und das bereits erwähnte Förderprogramm von 2012 stelle nicht wirklich eine Besserung der Situation dar. Deshalb schlägt Heinrich Lenz, Kreisvorsitzender des Bayerischen Gemeindetags und Bürgermeistersprecher im Landkreis FRG, Alarm. Er fürchtet, dass der ohnehin schon strukturschwache Bayerische Wald auch in Sachen Internet den Anschluss an die Metropol-Regionen verliert.
Als Bürgermeister von Hinterschmiding weiß der 63-Jährige wovon er spricht. Eine große Gemeindefläche mit vielen verstreuten Häusern, Flurnummern und Siedlungen, keine hohen Gewerbesteuereinnahmen, ein enger Haushaltsplan – wie viele andere Kommunen im Bayerischen Wald ist auch Hinterschmiding auf staatliche Hilfen angewiesen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Nur mit einer schnellen Internetverbindung wird man für Neuansiedlungen von Firmen interessant, was mehr Arbeitsplätze und Gewerbesteuereinnahmen zur Folge hat. Im Falle der Haidel-Gemeinde geht es in erster Linie um die Gewerbegebiete in Sonndorf und Heldengut, die beide unmittelbar neben der B12 liegen. „Entlang dieser Straße würde bereits ein Glasfaserkabel verlaufen“, so Lenz. „Doch das dürfen wir nicht anzapfen, weil sonst die Geschwindigkeit verringert werden würde.“
Da jedoch bereits ein weiteres Leerrohr verlegt worden ist, habe die Kommune laut Lenz noch „Glück im Unglück“, denn: Somit werde „nur“ eine Summe von 150.000 Euro für die Erschließung dieses Teilbereichs fällig. Trotz dieser erfreulichen Fügung würden bei einer Erschließung aller Ortschaften auf die Gemeinde jedoch immer noch Investitionskosten von rund 500.000 Euro zukommen – die Höchst-Fördersumme in Höhe von 500.000 Euro pro Gemeinde bereits abgezogen. „Einfach nicht finanzierbar“, sagt Heinrich Lenz mit einer gehörigen Portion Frust in der Stimme angesichts seiner ohnehin knappen Gemeinde-Kasse.
„Ohne Fachbüro und damit verbundene Kosten geht sowieso nichts!“
Lange hat er sich schon mit dem Thema Breitbandversorgung und Internet beschäftigt, oftmals hat er mögliche Investitionen durchgerechnet – und immer wieder kommt er auf dasselbe Ergebnis: „Das muss man alles nochmal überdenken“, sagt er und vertieft seine Gedanken: Lenz fordert zum einen eine deutliche Entbürokratisierung der Beantragungsformalitäten – „ohne Fachbüro und damit neu verbundenen Kosten geht hier bisher sowieso nichts.“ Zum anderen möchte der Kommunalpolitiker, dass eine Grundversorgung mit Glasfaserkabel zu einem Rechtsanspruch jeder Gemeinde wird – „die Ersterschließung soll zu 100 Prozent vom Staat übernommen werden.“
Hohe Ansprüche also verbunden mit einem großen finanziellen Aufwand seitens des Staates – doch für Heinrich Lenz gibt es dazu keine Alternativen. „Die bisherigen Programme sind nicht für die kleinen ländlichen Gemeinden gedacht“, fasst er zusammen. „Vielmehr müssen wir in den sauren Apfel beißen – und auf nicht konkurrenzfähige Funklösungen bauen.“ Hinsichtlich des stetig wachsenden Datenhungers ein klarer Standort-Nachteil für Hinterschmiding, für den gesamten Bayerischen Wald.
„Ein Rechtsanspruch auf eine Grundversorgung ist nicht möglich“
Den Verbesserungsvorschlägen von Heinrich Lenz pflichtet Neu-MdL Max Gibis (CSU) bei. Noch in seiner Amtszeit als Mauther Bürgermeister brachte der 40-Jährige den Breitbandausbau in seiner Heimat-Gemeinde auf den Weg, hat das aufwendige Prozedere schon selbst durchgearbeitet. „Es gibt ein paar Dinge, die verbesserungwürdig sind: Die Honorarkosten für eine fachliche Unterstützung sind nicht förderfähig. In einigen Gemeinden wird die Höchstfördersumme von 500.000 Euro nicht ausreichen, um eine flächendeckende Glasfaserversorung zu bekommen. Außerdem ist das Verfahren sehr bürokratisch und umfangreich“, fällt auch sein Urteil wenig positiv aus. „Deshalb hat sich die CSU-Fraktion bereits intern darüber unterhalten, um hier noch Verbesserungen für die Kommunen zu erreichen.“
Ein wie von Heinrich Lenz geforderter Rechtsanspruch auf eine Glasfaserkabel-Grundversorgung wird Gibis zufolge wohl nicht möglich sein. „Die Telekommunikationsversorgung liegt ja in privater Hand – deshalb müssen die Gemeinden, auch beim neuen Förderprogramm sowohl Technologie- als auch Anbieter-neutrale Ausschreibungen machen.“ Generell sieht der Landtagsabgeordnete die einzelnen Kommunen in der Pflicht: „Die Gemeinden müssen dieses Verfahren aktiv angehen. Die notwendigen Fördergelder hat der Freistaat Bayern bereitgestellt.“
MdL Muthmann: „Das Thema wurde halbherzig angegangen!“
Auch für MdL Alexander Muthmann (Freie Wähler) ist dieser Bereich kein Neuland, über viele Jahre hinweg hat er sich nach eigenen Aussagen bereits mit der Breitbandversorgung beschäftigt. Sein unzweideutiges Urteil: „Die Staatsregierung hat dieses Thema halbherzig angegangen!“ Deshalb nimmt der frühere Landrat von Freyung-Grafenau nun die Oberen in die Pflicht. „Der Freistaat müsste alle öffentlichen Gebäude mit einem Glasfaserkabel versorgen. Dann hätte man bereits ein enges Glasfasernetz in Bayern – und dies wäre eine gute Grundlage für die weitere Entwicklung. Aber von der Realisierung dieser Idee ist derzeit nichts zu hören.“
Klare Worte von Alexander Muthmann, die seiner Meinung nach in dieser Deutlichkeit mehr als angebracht sind. „Schließlich geht es um die Zukunft der ländlichen Regionen, zu denen auch der Bayerische Wald zählt.“ Damit diese nicht noch weiter abgehängt werden, müsse es in Sachen „schnelles Internet“ jetzt endlich vorangehen. Der aktuelle Stand beim Ausbau im Rahmen des neu aufgelegten Breitbandförderprogramms sei Muthmann zufolge erschreckend: „Von einer zukunftsfähigen Versorgung, die über die bloße Grundversorgung hinausgehen muss, ist noch lange keine Rede.“
MdL Roos: „… ansonsten sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig“
Und auch der dritte für die Region Bayerwald zuständige Landtagsabgeordnete sieht in Sachen Internet dringenden Nachholbedarf. Laut SPD-MdL Bernhard Roos wurde der Fehler in Sachen Breitbandausbau bereits nämlich ganz am Anfang gemacht. „Es ist keine staatliche Aufgabe, sondern eine wirtschaftliche – und das ist gar nicht zielführend.“ Auch er betont die Bedeutung des „schnellen Internets“ für die Entwicklungsfähigkeit einzelner Regionen und fordert: „Es muss besser werden – ansonsten sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig.“
Ähnlich wie seine Landtags-Kollegen wünscht sich auch der 59-Jährige eine deutliche Entbürokratisierung des bisher recht umfangreichen Antragverfahrens sowie ein spezifisches Förderprogramm für den ländlichen Raum. „Viele Kommunen müssen sehr lange auf die Zuschussgelder warten, bis sie sie wirklich bekommen – das geht nicht. Darüber hinaus muss man auch die kleineren Gemeinden mit vielen Ortschaften besser beachten – sie können solche Investitionen einfach nicht stemmen.“
Eine einhellige Meinung der regionalen Politiker, die allesamt Heinrich Lenz‘ Forderungen unterstreichen. Doch was hat das dafür zuständige Staatsorgan zu sagen? Wird es bald neue Förderprogramme geben? Nach mehrmaligen Nachfragen des Onlinemagazins „da Hog’n“ lässt uns das Bayerische Finanzministerium folgende Stellungnahme zukommen:
„Das Finanzministerium hat mit der Digitalisierung Bayerns eine neue, herausfordernde Aufgabe bekommen. Das ist vielleicht die landesspezifischste Aufgabe überhaupt. ‚Wir brauchen kein Bayern der zwei Geschwindigkeiten, bei dem sich nur Metropolen verdichten und ländliche Räume um den Anschluss kämpfen. Bayern soll ein Land bleiben, das überall gleiche Entwicklungschancen hat. Gleichwertige Lebensverhältnisse erfordern eine ordentliche Erschließung Bayerns mit dem schnellen Internet. Das gibt v.a. den Menschen im ländlichen Raum eine Perspektive auch dort zu bleiben‘, so Dr. Markus Söder, Finanzminister. Das schnelle Internet ist genauso wichtig wie eine Straße. Daher haben wir schon jetzt 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt und wollen die Genehmigungsverfahren entschlacken, damit das Geld schneller an der richtigen Stelle ankommt. Wir überprüfen sehr genau, was man an den bisherigen Verfahren verbessern kann. Es geht auch um die Frage, wie man den Gemeinden bei der Antragstellung besser helfen kann. Das gilt es, jetzt zu ändern. Ziel ist schnelles Internet für alle bis 2018. Damit schließen wir die digitale Kluft zwischen Stadt und Land.“
Das hört sich vielversprechend an – auch wenn die Antwort etwas beschwichtigend klingt – und ein bisschen auf sich warten ließ. Ob es wohl an der (langsamen) Internet-Verbindung vom Woid nach München gelegen hat … ?
Helmut Weigerstorfer
Servus Stefan,
wäre super, wenn ihr bei derlei kritischen Themen auch die Meinung von -z.B.- Rosi Steinberger oder Eike Hallitzky einfordert.
Grüne kämpfen seit Jahren für Breitbandrealisation „in der Fläche“ und legen ständig den Finger in diese Wunde der meist vollmundig versprochenen Verbesserung bei der hernach letztendlich nischt passiert.
PS.: Kommt mal zu mir raus und schaut eure Seite an oder telefoniert mobil….
Servus Hermann, danke für den Hinweis. Nur: Der Text, den du gerade gelesen hast, ist bereits im Dezember vergangenen Jahres veröffentlicht worden und nun nochmals in unserer FB-Sonntags-Serie „Z’ruckg’schaut“ sinnfälligerweise zum Zuge gekommen. Damals hatte Heinrich Lenz Breitband aus akutellem Anlass zum Thema gemacht. Wir befragen ansonsten freilch immer auch alle überregionalen Politiker, wenn es um derlei Themen geht.
Bin nur Be s ucher im BW aber w as da abläuft betreff Internet ist zum kotzen ich habe,mobiles LTE Jedoch Kriege ich alle
S nur über Edge ran