– Kommentar –
Liebe Leser,
mir fehlen die Worte. Und immer dann, wenn mir die Worte fehlen, versuche ich, das nicht Greifbare aufzuschreiben. Meistens hilft es. Ich hoffe, das ist auch dieses Mal der Fall. Denn heute ist es ganz besonders wichtig, weil ich mich an Sie richte, weil ich möchte, dass Sie verstehen:
Es geht um den Fall Michael Adam. Wie Sie sicherlich schon mitbekommen haben, waren die sexuellen Aktivitäten des Regener Landrats vielen Medien eine mehr oder minder schlecht recherchierte Geschichte wert. Nun, dann wissen Sie auch, dass wir nichts von Schmutz-Kampagnen halten.
Es war nur eine Frage der Zeit bis man wieder einmal versucht, Adam mit seinem Privatleben zu schlagen. Genügend Angriffsfläche ist ja vorhanden: mit 28 Jahren der jüngste Landrat Deutschlands, SPD-ler, evangelisch im erzkatholischen Niederbayern – und dann auch noch schwul. Es grenzt nahezu an ein Wunder, dass es dieser Mann überhaupt bis zum Landrat geschafft hat. Aber das mag auch seinem Vorgänger geschuldet sein …
Eben diesen Amtsvorgänger namens Heinz Wölfl mitsamt dessen „tragischen Spielsucht-Schicksals“ kramt auch PNP-Chefredakteur Ernst Fuchs in seinem Kommentar in der Montagsausgabe zum Adam-Fall wieder aus der Schublade hervor:
„Zumindest sollten sie [die Politiker – Anm. der Red.] sich nicht auf Abenteuer einlassen, durch die sie dann irgendwie nackt vor der Bevölkerung stehen, weil sie sich so in aller Regel ihrer Wirkungsmacht berauben, auf die sie in ihrem Amt jedoch existenziell angewiesen sind. Ein Landrat, dem – politisch oder moralisch berechtigt oder nicht – zu viel Häme entgegenschlägt, kann einpacken. Im Fall Adam kommt hinzu, dass einer, der gern so scharf das Wort gegen andere führt, um so weniger mit Barmherzigkeit rechnen kann, und die meisten Landkreis-Bewohner nach dem tragischen Spielsucht-Schicksal des Amtsvorgängers einfach zur Ruhe kommen wollen.“
„Das Privatleben von Adam hat die Öffentlichkeit nicht zu interessieren“
Entschuldigen Sie bitte, Herr Fuchs, aber Ihr Kommentar liest sich als Rechtfertigung, warum auch die PNP das Privatleben des Landrats zum großen Aufmacher auserkoren hat. Vermutlich ist das Ihrer vermeintlich konservativen Leserschaft geschuldet. Aber haben Sie auch nur einen Moment darüber nachgedacht, dass auch ebendiese Leser einen Michael Adam gewählt haben?
Und zwar nicht, damit, wie Sie sagen, wieder „Ruhe“ im Woid einkehrt, sondern weil dieser Politiker, trotz all seiner polarisierenden und tatsächlich nicht immer glücklich formulierten Aussagen, vielen anderen in seiner Branche eines voraushat: Er spricht Missstände an, auch wenn er sich damit keine Freunde macht. Und er macht vieles von dem, was er macht, öffentlich.
Sein Privatleben aber, das hat die Öffentlichkeit nicht zu interessieren. Wie auch der Passauer Journalist Hubert Denk vom Bürgerblick am vergangenen Sonntag in einem Artikel treffend schrieb, sind „[d]ie Veröffentlichungen aus dem Intimleben des Landrats […] weder strafrechtlich noch dienstrechtlich relevant, noch von besonderem öffentlichen Interesse. Sie verstoßen gegen den Ehrenkodex der Presse. Selbst Redakteure der BILD-Zeitung fühlen sich in ´alte Zeiten´ zurückversetzt. Man habe bei dieser Geschichte Bauchschmerzen, war zu vernehmen“.
Für alle unter Ihnen, die mit dem Ehrenkodex der Presse nicht vertraut sind, hier noch mal die betreffende Textpassage zum Nachlesen:
Ziffer 8 – Schutz der Persönlichkeit: Die Presse achtet das Privatleben des Menschen und seine informationelle Selbstbestimmung. Ist aber sein Verhalten von öffentlichem Interesse, so kann es in der Presse erörtert werden. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen überwiegen; bloße Sensationsinteressen rechtfertigen keine identifizierende Berichterstattung. Soweit eine Anonymisierung geboten ist, muss sie wirksam sein.
„Nicht der Sex im Amtszimmer ist das Problem …“
Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Politiker ihr Amtszimmer schon für diverse amouröse Entgleisungen „missbraucht“ haben. Auch wenn das irgendwie immer jeder weiß – an die Öffentlichkeit wird das in den seltensten Fällen gezerrt.
Und genau das ist in diesem Fall das Problem: Die Frage nach dem Warum. Nicht der Sex im Amtszimmer, sondern die Tatsache, dass sich Medien (wobei ich mir nicht sicher bin, ob ich die „BamS“ oder die „Am Sonntag“ als solche bezeichnen möchte) möglicherweise um einer klickträchtigen Geschichte willen zu dieser „Skandal“-Veröffentlichung haben hinreißen lassen.
Es ist wahrlich eine Schande, dass sich Freie Journalisten wie Hubert Denk vom Bürgerblick aus Passau oder Stefan Aigner von Regensburg Digital, die sich seit Jahren für einen unabhängigen und kritischen Journalismus einsetzen, sich regelmäßig mit Unterlassungsklagen und Gerichtsverfahren herumschlagen müssen, weil sie eben nicht den bequemen Weg des Mainstream-Journalismus gehen.
Nur, man muss sich wirklich einmal die Frage stellen, wo dieses Klage-Verhalten mitunter herrührt: Indem nämlich auch Lokal-Pressematadoren wie die PNP immer mehr auf Wohlfühl- bzw. Skandal-Journalismus und Boulevard setzen, erzeugen sie doch geradezu den Eindruck, dass es der neue Berufsethos eines Journalisten sei, möglichst schnell jeder umsatzträchtigen Sensationsmeldung hinterher zu geifern.
Liebe Leser, es ist die ureigene Aufgabe eines Journalisten, die Wahrheit ans Licht zu bringen, auch wenn das noch so pathetisch klingen mag. Man muss den Journalisten dafür nicht lieben. Aber schätzen sollte man ihn dafür. Es macht die Welt ein kleines bisschen besser, wenn Missstände zutage gefördert werden.
Das heißt auch, einen Landrat Adam in Schutz zu nehmen, wenn die Medien in diesem Lande nichts Besseres zu tun haben, als auf einen Schlammschlacht-Zug gegen einen schwulen SPD-Politiker aufzuspringen …
Kommentar: Dike Attenbrunner
Hallo,
es mag schon richtig sein, dass er Angriffsfläche bietet und das so nicht gerechtfertigt ist. Er hat aber auch durch seine letzten Schlagzeilen, bspw. „er hat mit der Zweitstimme CSU gewählt“, selber dafür gesorgt. Das ist doch jedem seine Sache, umsonst ist es nicht eine geheime Wahl. Er wollte damit seine Parteimitglieder in ein schlechtes Licht rücken und damit hat er sich selber für zukünftige Schmutzkampagnen angeboten… Wenn das dann gleich ein Sexskandal ist, wen wunderts wenn die Bild da gleich hier schreit! Moralisch ist es ja sicherlich verwerflich und eklig finde ich es auch, wenn ich an das Sofa schon denke. Bääh! Fände ich aber ob Männlein, Weiblein oder nur Männlein, gleichermaßen Pfui. Für das hat man zu Hause ein Bett oder notfalls gibt es ja auch Hotelzimmer und dann wäre das ganze schon gar nicht mehr so schlimm.
[…] Da Hog´n: “Fall Adam: Was manche Medien daraus machen, ist der Skandal” […]
Meiner Meinung nach begibt sich der Hogn mit der Berichterstattung auf das gleiche (niedrige) Niveau wie die anderen Zeitungen und Online-Medien. Nur weil man einen Rahmen um das Thema (Landrat sexelt im Büro) konstruiert, indem die boulevardeske Berichterstattung kritisiert wird, bleibt es doch nur der Versuch, Klicks und Aufmerksamkeit zu erhaschen.
Wenn ein Landrat im Büro Sex hat, zeugt das nicht von der in diesem Amt notwendigen Reife und ist darum ein Thema für Journalisten. Über die Art und Weise kann man diskutieren, klar.
Dass sich der Hogn jetzt als freie Presse zu positionieren versucht, ist verständlich, aber eben auch populistisch!
Gruß nach Freyung
Hans
Was der Hans da schreibt finde ich überhaupt nicht treffend und den Tatsachen entsprechend.
Der Journalismus sollte in erster Linie auch Vorbild für alle Leser und Menschen sein. Sollte es unser Selbstverständnis werden, immer nur noch alle Leute durch den Dreck zu ziehen? Was in den Medien praktiziert wird, zieht sich runter bis in die kleinsten soziale Ebenen. Man muss wieder besser aufeinander schauen ! Das sollte die Devise sein. Hogn, ich finde, dass ihr das sehr gut vermittelt. Macht einfach weiter so !!!
Klar, das Thema ist ein Aufmacher und wird breit diskutiert. Abgesehen von diesem Thema geht es um die Sache an sich. Und das ist die Richtung in die sich die Berichterstattung bewegt. Ich finde es gut, dass sich der Hogn dagegenstellt.
Und das auch der Hogn Klicks braucht um zu überleben, das ist wohl klar und auch absolut verständlich. Und ich bin mir auch sicher, dass ihr die mit eurer offenen Berichterstattung erhalten werdet !!!
Danke für diesen Kommentar zur „BLÖD-am-Sonntag“ bzw. „Blöder-Sonntag-in-Passau“.
Ich werd mal eine kleine Beschwerde über diese verrotteten Heuchel-Moralisten
an den Deutschen Presserat schicken, ich denk und hoff aber,
dass da schon ein paar hundert Leute schneller waren als ich.
Falls es jemanden interessiert:
http://www.presserat.info/inhalt/beschwerde/beschwerdeformular.html
Sicher kommen derartige Handlungen in vielen Politikerbüros vor, aber Adam ist eben doch nicht Clinton:-) falls er seinVerhalten so rechtfertigen möchte! Muss es denn zwangsläufig immer die Amtsstube sein? Unter zu schützender Privatsphäre stellt frau sich anderes for!