Schönbrunn am Lusen. „Mei, bist Du a Ruamzuzla“ – in vielen Dörfern des Bayerischen Waldes gilt dieser Satz als Beleidigung – und wird im schlimmsten Fall mit einer Watschn quittiert. In Schönbrunn am Lusen jedoch ist diese Aussage fast schon eine Auszeichnung – dort ist man stolz, Ruamzuzla (Hochdeutsch: Schleimer) genannt zu werden. In der Nacht auf den 27. November 2010 haben Fabian Haydn, Andreas Schuster, Bastian Poxleitner, Manuel Hirner, Thomas Pauli, Michael Haydn und Christian Kainz den gleichnamigen Stammtisch, der mittlerweile zum Kult geworden ist, gegründet.
Seitdem haben sich die acht Schönbrunner Buam – später ist noch Nesthäkchen Christoph Herzberger (20) hinzugekommen – einen Namen bis über die Dorfgrenzen hinaus gemacht. Das führt auch schon mal dazu, dass der ein oder andere Zuschauer vorbeischaut, um einen Stammtisch der Ruamzuzla live verfolgen zu können – denn die Ideen und Aktionen der Schönbrunner sind Kult. Ein Porträt über einen etwas anderen Stammtisch.
„…und scha hama an Nam‘ ghod“
„De Buam hand imma aktiv, de lossnd se owei ebbs eifoin“, bringt es Wirt Alfred Fisch auf den Punkt. Der 51-Jährige muss es wissen, schließlich treffen sich die acht Mitglieder einmal monatlich bei ihm in der Gaststube – er ist also direkt vor Ort, wenn neue Schandtaten ausgeheckt werden.
Mit der Gründung 2010 im Partykeller von Manuel Hirner ging es los. „Mia hand hoid owei a bissl zamg’sessn bei mir. Iagendwann hama gsogt, iatzt moch ma an Stammdisch.“ Gesagt, getan. Noch in derselben Nacht wurde eine mehrseitige Satzung mühevoll ausgearbeitet, die aber seitdem unauffindbar ist. „Wahrscheinle hamas ned gspeichert“, munkelt Manuel Hirner und lacht. Dennoch: Der Stammtisch war gegründet, die Mitglieder bestimmt. Was noch fehlte, war ein Name. Etwas Außergewöhnliches sollte es sein.
Dass es letztlich „Ruamzuzla“ wurde, ist aber einem Zufall geschuldet. Einer der Mitglieder, Thomas Pauli, hatte zu Gründungszeiten eine Freundin in Dortmund. Dieser ließ er tiefbayerische Worte vorlesen, die damals in der Lokalzeitung abgedruckt wurden. „Mei, und wia’s Ruamzuzla gsogd hod, hand oile obrocha voa Locha – und scha hama an Nam‘ ghod.“ Bezeichnend: Der Letzte, der davon erfuhr, war der 1. Vorsitzende Fabian Haydn. Angesprochen auf dieses Kuriosum, antwortet der 23-Jährige mit einem herzhaften Lachen. Man kennt ihn, den Präsi, den Herrscher am Stammtisch, der seinen Platz an der Stirnseite des Tisches hat – und man verzeiht es ihm.
Striktes Handyverbot und feste Sitzordnung
Schließlich muss er sich seitdem immer wieder dumme Kommentare zu dieser Geschichte von seinen Freunden gefallen lassen – das ist Strafe genug, sind sich die Stammtischler sicher. Mit seinem Stellvertreter Christian Kainz, Schatzmeister Michael Haydn, Kassenprüfer Andreas Schuster, Schriftführer Thomas Pauli und dem Ehrenamtsbeauftragten Manuel Hirner weiß er sowieso ein starkes Team hinter sich.
„Bei uns deaf ma sowieso ned ois so ernst nemma“, erklärt Thomas Pauli. Die Gaudi, das Zusammensein steht bei den Ruamzuzlan klar im Vordergrund – und das wird auch bei einem Besuch an deren Stammtisch und den daraus resultierenden Gesprächen deutlich. Ernsthafte Gespräche – Fehlanzeige, Bleddaherreden – Standard! Einzige strenge Vorgaben sind ein striktes Handyverbot am Stammtisch und eine feste Sitzordnung. Ebenso Usus sind die gemeinsamen Ausflüge – und da gibt’s einiges zu erzählen. Um dies auch der Nachwelt und allen Außenstehenden zeigen zu können, „füttern“ Andreas Schuster, Thomas Pauli und Michael Haydn regelmäßig die eigene Stammtisch-Homepage mit Geschichten der Ruamzuzla.
Thomas Pauli musste den Vatertagsausflug in Unterhose beenden
Neben viele Besuchen in ihrer Stammkneipe in Passau, einigen Stunden auf dem Oktoberfest und einer Stippvisite im Jägermeister-Werk in Wolfenbüttel bleiben vor allem die Passauer Maidult und ein Vatertags-Ausflug besonders in Erinnerung. Zum einen lernte Ruamzuzla-Chef Fabian Haydn auf dem Klo des Dultstadls den Passauer Bürgermeister Jürgen Dupper kennen, stellte sich als Schönbrunner Abgesandter vor und machte mit dem Stadtoberhaupt ein Foto – zwischen Waschbecken und Urinal. Noch heute brechen die Buam in schallendes Gelächter aus, wenn sie sich an diese Aktion erinnern.
Gerne denken die jungen Männer auch an ihren letzten Vatertagsausflug zurück. Ausgerüstet mit Leiterwagen, Trompeten und Teufelsgeige ging es über Schönbrunn, Hohenau und Mauth zu Fuß nach Annathal. Ab und zu gab es auf dieser Reise rund um den Lusen ein „Standal“ – Manuel Hirner und Bastian Poxleitner griffen dann zu ihren Blasinstrumenten. Alles Gut und Recht – den größten Fauxpas lieferte sich dann Thomas Pauli kurz vor dem Ziel in Howareid. Nachdem Manuel Hirner eine Abkürzung empfohlen hatte, standen die Stammtischler vor einem breiten Bach. Lange Rede, kurzer Sinn: Thomas Pauli fiel hinein – und musste den Vatertagsausflug in der Unterhose beenden.
Ziel: „Mia mechd ma an 24-Stund’n-Stammdisch mocha“
Nicht nur außerhalb ihres Vereinslokal haben die Ruamzuzla für den ein oder anderen Lacher gesorgt, auch in der Gaststube selbst geht es immer lustig zu. Vor allem dann, wenn das stammtischeigene Spiel gespielt wird. „Zwei, drei Rund’n schaff ma immer – aber dann wiad nua na gstrittn“, erklärt Manuel Hirner. Dass dann auch der Alkoholpegel mitunter schon etwas angestiegen ist, sei mal dahingestellt – beim Ruamzuzla-Glücksrad geht’s rund.
Genauso hektisch wird es auch, wenn es darum geht, was demnächst so ansteht. „Mia mechd ma an 24-Stund’n-Stammdisch mocha und s traditionelle Kanzlfest in Scheenbrunn wida auflem lossn“, erklärt Thomas Pauli erste Zukunft-Pläne. Ob die Ruamzuzla demnächst mehr Mitglieder bekommen, steht hingegen noch in den Sternen. Im Prinzip kann jeder mitmachen. Grundvoraussetzung: „Jeda va uns muss zustimmen – und dann gibt a Aufnahmeprüfung“, mehr möchte Manuel Hirner nicht verraten und zwinkert Christoph Herzberger zu, der als bisher einziger diese Aufgaben meistern musste, nein durfte. Der mögliche Neuzugang darf sich sicher sein: Es wird eine etwas andere Prüfung werden … genauso wie die Ruamzuzla der etwas andere Stammtisch sind.
Helmut Weigerstorfer
Ja de Ruamzuzla, scha viel von dene khead :-)
A guads neis Jungs!