Waldkirchen. In Frischeck steht die Kunstschmiede vom Nigl Max. Und ja, der 61-Jährige ist Kunstschmied. Aber nicht nur das: Er ist Wirt und bietet seinen Gästen Übernachtungsmöglichkeiten, hat einen Biergarten, eine Reitanlage, Kutschenfahrten kann man auch unternehmen, auch Bauerngolf spielen – oder aber ein Rittermahl zu sich nehmen. In geselliger Runde. Gesellig sind wir schon, als wir zu fünft in der alten Schmiede, einem Gehöft aus dem 18. Jahrhundert, einkehren, der Max uns begrüßt und uns in den „Rittersaal“ geleitet. Die Eindrücke, die auf uns einprasseln, sind immens.
Max serviert uns den ersten Gang: Frischecker Flammkuchen
Da ist der Nigl Max, ein schnauzbärtiger, dunkelhaariger Mann mit blitzenden Augen, einem roten Halstuch, einem schwarzen T-Shirt und Hosenträgern – mit rußigen Händen, ein Schmied halt. Trocken redet er, freundlich ist er, eine Marke ist er auch. Und da ist der große Raum, in dem wir den Abend verbringen werden. Mittelpunkt des wohl ehemaligen Stalles ist eine lange Tafel, mit Stühlen umringt, mit tiefen Sesseln, auf denen Felle aller Art liegen. Drumherum ist so viel, dass es schwer wird, alles aufzuzählen. Fest steht: Es hat sich angesammelt. Über die Jahre, wie so manche Staubschicht verrät. In einer Ecke hängen Kostüme: Prinzessinnenkleider, einfache Leiberl, die einem die Möglichkeit zum Verkleiden bieten. Daneben steht eine selbstgeschmiedete Rüstung, wie der Nigl Max erklärt.
Die Augen wandern weiter zum Kaminfeuer, das gemütlich knackt. Darüber hängen schmiedeeiserne Pfannen, steht Zinn-Nippes. Ausgestopfte Tiere hängen und stehen herum, Greifvögel, ein Dachs, ein Fuchs, ein Hasenfell und ein Wolpertinger. An der Wand hängen Marienbilder. Eine Ecke ist mit einem Mäuerchen eingezäunt, dahinter steht ein Schlagzeug. Daneben dümpeln in einem finsteren Aquarium ein paar Fische herum. Auf einem Fensterbrett liegt ein Keuschheitsgürtel, auf einem Kasten steht ein Fernseher, an der Tür hängt ein Kalender mit nackten Mädchen. Unter einem Fenster steht eine riesige Ledercouch, daneben steht ein Spinnrad, ein Schaukelpferd. „Das sind lauter alte Sachen. Andere schmeißen’s weg, ich heb mir’s auf“, kommentiert der Nigl Max sein Sammelsurium, während sein braver Münsterländer Alida um die Beine streicht und sich von jedem ausgiebig kraulen lässt.
Jetzt muss der Max weg, er will die Ritterrunde ja bewirten. Was wir trinken wollen: Bier oder Wasser? Bier. Bekommen wir – aus der Flasche. Seine Lebensgefährtin Ilse hilft ihm heute Abend. Sie stellt eine Schüssel Obst auf den Tisch. Äpfel, Pfirsiche, eine Ananas. Wir warten. Schauen uns weiter um, um immer wieder ein neues Detail zu entdecken. Da kommt er herein, der Max und serviert uns den ersten Gang: Flammkuchen. Ein feiner, dünner Teig, belegt mit Schmand, knusprigen Speckwürfelchen und Schnittlauch. Jeder bekommt einen ganzen Flammkuchen in der Größe einer – Pizza. Was das denn für ein feiner Teig sei? „Das ist Pizzateig“, sagt Ilse. „Ganz normaler Pizzateig.“
Wenn einem „grus’lige G’sichter“ aus Teig entgegengrinsen
Eigentlich sind wir schon ein bisschen angesättigt. Weiter geht es mit dem zweiten Gang: Räucherfisch. Da liegen fünf Forellen und ein ganzer Aal auf einem bunten Plastiktablett, garniert mit Salatblättern und ganzen Paprika. Ilse stellt uns noch Meerrettich auf den Tisch, direkt aus dem Glas. Den meisten schmeckt es. Jetzt sind wir aber wirklich fast satt. Nein, es hat noch kein Ende, da kommt der Max herein. Mit einem großen Teller, von dem uns „grus’lige G’sichter“ aus Pizzateig entgegengrinsen. Umlagert von kleinen gedrehten Weckerln in allen Formen. Und komplettiert mit fünf Chickenwings.
Dazwischen mal schnell aufs Klo … Wir Mädels gehen zusammen, so wie es sich gehört. Inzwischen ist es fast finster, wir tappen an Pferdeboxen vorbei durch Stroh und Pfützen, müssen Ilse fragen. „Da rechts hinein und da ist auch der Lichtschalter.“ Drinnen schnaubt uns ein Pferd entgegen, gleich daneben die Toilette. Spinnweben glitzern im Licht, lustige Bildchen kleben im Toilettenraum, Seife ist aus. Wir müssen grinsen und tasten uns zu den Männern zurück.
Das Essen ist fertig! Max trägt eine Ente daher – eine Korb-Ente, ausgekleidet mit Alufolie, gefüllt mit geschätzten zweihundert Chickenwings. Dazu gibt es Semmelknödel und Packerlsoße. Wir können nicht mehr viel essen und sitzen schließlich proppenvoll am Tisch, der Nigl Max und die Ilse haben sich dazugesellt und essen mit Appetit mit. Wollen wir einen Schnaps? Wir wollen und bekommen einen scharfen Wodka, „von den Polen, die momentan im Gästehaus wohnen.“
Regelmäßig kommen Biker-Gruppen vorbei – und Kindergärtnerinnen
Wenn er mal ins Reden kommt, der Nigl Max, dann redet er. Freilich sei so ein Ritteressen in größerer Runde eine ganz andere Sach. Immerhin haben hier 30 Leute Platz, wenn’s sein muss. Junggesellenabschiede werden hier gefeiert, regelmäßig kommen Biker-Gruppen vorbei – und Kindergärtnerinnen. Kindergärtnerinnen? „Jaja, Kindergärtnerinnen“, bestätigt der Max und schaut sich um in seinem Saal, den man auch für Privatfeiern mieten kann.
Praktisch hat er’s: Wer feiert, muss nicht mehr heimfahren, es gibt ja Gästezimmer, eingerichtet im mittelalterlichen Stil mit selbstgeschmiedetem Inventar. Eine Spezialität des Schmieds sei die „Fabro-Pizza“, das Rezept habe er von einem Italiener bekommen. Und sein „FFK“, den wir auch schön verköstigen durften. FFK? „Frischecker Flammkuchen“, sagt der Max mit einem Schmunzler. Der uns Servierte kam aus dem Backrohr im Haus, aber normalerweise backt Max draußen in seinem steinernen Backofen. Nur heute nicht, weil’s geregnet hat. Und übrigens, der Hofname ist „Grea Beile“, Grüner Paul. Woher das kommt, weiß er nicht, der Nigl Max.
Die Stunden sind verstrichen, wir sind satt, voller Eindrücke. Wir haben keine Knochen an die Wände geschmissen, sind weder gröhlend noch rülpsend um den Tisch gesprungen, noch zwängten wir unsere Leiber in Rüstungen oder Edelkleider. Aus dem Kassettenradio drangen ebensowenig liebliche Minegesänge oder dudeliges Flötenspiel an unsere Ohren. Uns allen ist klar: Ein echtes Ritteressen war das nicht. Aber ein ganz spezieller, ehrlicher Abend beim Nigl Max in der alten Kunstschmiede in Frischeck.
Eva Müller
Transparenz-Erkärung: Beim Fuadgeh-Check wollen wir genau hinschauen – und die unterschiedlichsten Lokale, Wirtshäuser und Restaurants in der Region unter die Lupe nehmen: Service, Preis, Ambiente, Angebot, Publikum, Specials und viele weitere Kategorien stehen dabei auf dem Prüfstand. Der Ablauf ist schnell erklärt: Sie bestellen sich (am besten per Email an info@hogn.de) fünf bis sechs unserer Fuadgeh-Checker für einen Abend ins Haus. Diese testen zu unseren Konditionen Ihre Speise- und Getränkekarte auf Herz und Nieren – und geben am Ende ihr aussagekräftiges Urteil über Ihren Betrieb für unsere Hog’n-Leser zum Besten. Keine Angst: Die Checker sind meistens ganz lieb! Wenn alles passat, wird’s dann auch offen und ehrlich honoriert – wenn’s Verbesserungsvorschläge gibt, werden diese ebenso offen und ehrlich angesprochen.