Finsterau. Die Temperaturen fallen langsam aber sicher unter die Null-Grad-Marke, die ersten Schneeflocken bahnen sich ihren Weg durch die Stille des Bayerischen Waldes. Aber ganz so ruhig, wie’s scheint, ist es dann doch nicht. Denn der Klang der Fünfzylinder ist bereits wieder zu vernehmen. Winterzeit ist Quattrozeit! Unter den Fans der allradbetriebenen Autos wächst die Vorfreude auf das traditionelle Quattrotreffen in Finsterau, das am 14. und 15. Februar 2014 stattfinden wird. Heiko Kilger, der ehemaliger Vorsitzende des federführenden Fördervereins Motorsport Finsterau, und sein Nachfolger Klaus Reidl sprechen im Vorfeld über die Geschichte des Kult-Status genießenden Motorport-Events an der bayerisch-böhmischen Grenze, den „Mythos Quattro“ und das, was die gut 2.000 erwarteten Fans im nächsten Jahr geboten bekommen.
„Der charakteristische Quattro-Sound des Fünfzylinders ist Kult“
Heiko, Klaus: Sind Eure Boliden schon bereit für die Winter-Saison?
Heiko Kilger: Leider werden die Quattros in unserer Region immer seltener. Aber diejenigen, die noch ein solches Auto haben, sitzen bereits in den Startlöchern. (An Klaus Reidl gerichtet) Unser Vorstand hat das Problem, dass er mit seinen langen Füßen gar nicht in einen Quattro passt (lacht).
Klaus Reidl: (mit ernstem Blick, lacht aber dann) Momentan habe ich keinen Quattro, das stimmt.
Heiko: Doch, eigentlich schon. Du hast einen Passat, in dem das Quattro-System verbaut ist – im Gegensatz zu den heutigen Audis.
Wann beginnt denn die Quattro-Saison nun offiziell?
Heiko: Mit dem Start der Winter-Saisonkennzeichen, im Oktober. Es fahren momentan schon wieder einige 90er durch die Gegend.
Klaus: In vielen Garagen wird bereits wieder an den Fahrzeugen geschraubt und gebastelt.
Heiko: Besonders auf unserer Facebook-Seite sieht man, dass die Vorfreude auf den Winter kontinuierlich ansteigt. Die geposteten Fotos werden wieder deutlich besser angenommen.
„Der Mythos ist durch den Sound des Fünfzylinders entstanden“
Heiko: Der Mythos ist durch den Fünfzylinder und dessen charakteristischen Sound entstanden – dieser Sound ist unverkennbar. Eine gewisse Mitschuld haben auch wir: Durch das Quattrotreffen sind diese Autos in unserer Region zum Kult-Objekt geworden.
Klaus: Viele haben sich gedacht: Wenn ich mir ein Winterauto kaufe, muss es ein Quattro sein – weil dann kann ich auch zum Quattrotreffen fahren.
Heiko: Genau, so ist es. Ich habe mit 18 Jahren mein erstes Auto übrigens von Klaus gekauft – es war ein Fünfzylinder, Typ 85, Coupé (beide lachen).
Klaus: Zum Mythos Quattro haben sicher auch die Erfolge von Rallye-Legende Walter Röhrl beigetragen.
„Das erste Treffen hat an Heiligabend auf einer Wiese stattgefunden“
Diese Autos werden ja immer älter. Kann es sein, dass deshalb der Quattro-Fanatismus irgendwann ganz ausstirbt?
Heiko: Ja, das ist durchaus möglich. Die neueren Audi-Modelle haben einfach nicht mehr das Durchhalte-Vermögen wie ein Fünfzylinder. Mit den vielen elektrischen Systemen ist es fast schon unmöglich so zu driften wie mit den originalen Quattros. Auch ich habe mich schon mehrmals gefragt, ob unser Treffen irgendwann mal aussterben wird …
Klaus: Heiko, da gebe ich Dir recht. Die 90er-Quattros sind uralt, sie wurden von 1987 bis Ende 1991 gebaut – dann kam schon der B4. Diese Autos werden in der Tat immer seltener …
Heiko: … und kosten auch immer mehr Geld. Kürzlich habe ich im Internet einen Quattro mit 595.000 Kilometern Laufleistung entdeckt- leider ist das wohl einer der wenigen Besitzer, die den Tachostand nicht zurückgedreht haben …
Auch der regionale Fernseh-Sender TRP1 berichtete mehrmals über das Quattrotreffen
Das war 2000 beim ersten Quattro-Treffen noch anders …
Heiko: Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern. Das erste Treffen hat damals an Heiligabend auf einer Wiese bei Mauth stattgefunden.
Klaus: Genau, das war eine spontane Sache. 15 Quattro-Fahrer aus der Gemeinde Mauth sind dort zusammengekommen, um ein gemeinsames Foto zu machen.
Heiko: Nach und nach sind wir dann Mitglieder des Fördervereins Motorsport Finsterau geworden, der eigentlich für die Unterstützung der Superbike-Rennfahrer Fritz Einberger und Uwe Wilhelm gedacht war. Nach deren Karriere-Ende ging dem Verein seine ursprüngliche Intention verloren – bis er 2003 dann zum Träger des Quattrotreffens wurde.
… das heute über die Landkreisgrenzen hinaus bekannt ist.
Heiko: Es hat sich schnell rumgesprochen – und es sind immer mehr Leute gekommen. Das zweite Treffen hat dann bereits auf dem damaligen Fußballplatz in Mauth stattgefunden. Auf dem Sandplatz (lacht).
„Auch ohne Rallye-Legende Röhrl war das Treffen gut besucht“
War damals absehbar, dass sich das Event zum großen Besucher-Magneten für Motorsportfreunde entwickeln wird?
Heiko: Nicht wirklich. Während des zweiten Treffens haben wir den Sportplatz mit Traktoren von Schnee befreien lassen – die vielen Quattro-Fahrer wollten dort ein paar Runden drehen. Und so ist es dann nach und nach zu dem geworden, was es heute ist.
Klaus: Ein Meilenstein war 2005 der Umzug zum heutigen Standort in Finsterau, der weitaus geräumiger ist als der vorherige. Doch auch dort sind wir platztechnisch mittlerweile an der Schmerzgrenze angelangt – mehr geht nicht. Im vergangenen Jahr haben wir bereits Busse eingesetzt, die die Zuschauer von ihren Parkplätzen am Langlaufzentrum oder am Freilichtmuseum zum Finsterauer Sportplatz gebracht haben.
Ein weiterer Standortwechsel kommt für Euch also nicht mehr in Frage?
Heiko: Nein, denn dann wäre das Quattrotreffen nicht mehr das, was es ist.
„Auch ein Audi mit S-Line-Aufschrift ist keine Quattro“
Ist auch ein Sommer-Treffen in Planung?
Heiko: Nein, nicht in diesem Sinn. Zum einen sind viele Quattros im Sommer abgemeldet, zum anderen könnte man ohne Frost und Schnee nicht so driften wie im Winter. Sowas wäre schwer vermittelbar – genauso wie eine Ausweitung auf ein ‚Allrad-Treffen‘. Die Zuschauer raunen schon, wenn ein Fünfzylinder-Passat mit Quattro-Technik im Kessel seine Runden dreht …
Klaus: Wir sind ja schon soweit, dass wir unseren Helfern vor Ort eine Quattro-Schulung geben, damit sie alle Nicht-Quattros davon abhalten den Platz zu stürmen (lacht). Denn: Auch ein Audi mit S-Line-Aufschrift ist kein Quattro …
Beim letzten Treffen wäre Walter Röhrl als Stargast eingeladen gewesen, er musste aber krankheitsbedingt absagen. Ist der Schock schon verdaut?
Klaus: Im ersten Augenblick war es sicher schade, auch weil wir sein Kommen im Vorfeld sehr offensiv angekündigt hatten. Letztlich war’s aber nicht so schlimm – auch ohne Walter Röhrl war das Treffen gut besucht.
„Ob das Quattro-Pulling stattfinden wird, wissen wir noch nicht“
Gibt es denn auch 2014 wieder einen Stargast?
Klaus: Nein, in diese Richtung ist bisher nichts geplant. Unser Plan lautet: Wir möchten das Quattrotreffen in seiner ursprünglichen Form abhalten.
Steht das Programm für das kommende Jahr schon?
Heiko: Im Großen und Ganzen, ja. Wir werden auch heuer wieder ein größeres Zelt aufstellen – und auch die Warm-Up-Party am Freitagabend wird bleiben. Das Treffen findet am 14. und 15. Februar statt.
Sind irgendwelche Neuerungen geplant?
Klaus: Nicht direkt. Wie schon die Jahre zuvor wird es wieder den Geschicklichkeits-Parcours geben.
Heiko: Und ob das Quattro-Pulling stattfinden wird, wissen wir noch nicht genau. Irgendwie gefällt es uns nicht, weil dabei viel an den Autos kaputt geht – doch genau deswegen ist es bei den Fans beliebt (lacht). Alternativ könnte es diesmal vielleicht ein Sprint-Rennen geben …
Die Umweltschutz-Diskussion wird ja immer kontroverser geführt. Welche Argumente findet Ihr in diesem Zusammenhang für das Quattro-Treffen, bei dem unzählige Liter Treibstoff verbraucht werden?
Klaus: Dann dürfte es ja überhaupt keine Motorsport-Veranstaltungen mehr geben! Und außerdem: Wenn man beispielsweise sein Heizöl 500 Kilometer weiter weg für 2 Cent billiger bekommt und sich von dort beliefern lässt – ist das richtig?
„Bei uns können sich die Fahrer einmal so richtig austoben“
Ein weiteres Argument der Quattrotreffen-Gegner: „Ihr fördert Raser“…
Klaus: Das Gegenteil ist der Fall. Bei uns können sich die Fahrer einmal so richtig austoben. Der ADAC-Geschicklichkeitsparcours ist darüber hinaus ein Fahrsicherheitstraining. Dort lernen die überwiegend jungen Verkehrsteilnehmer, ihr Auto besser unter Kontrolle zu halten.
Heiko, Du warst von 2004 bis 2010 Vorsitzender der Motorsportfreunde Finsterau. Was kannst Du Deinem Nachfolger Klaus Reidl mit auf den Weg geben?
Heiko: Ich gehöre ja nach wie vor zum Organisations-Team – Klaus kann immer auf mich zählen. Damals war es einfach an der Zeit, einen neuen Mann an der Spitze zu haben. Für das Quattrotreffen wünsche ich mir, dass es weiterhin so reibungslos abläuft wie die Jahre zuvor – es hat bisher keine größeren Personenschäden oder Komplikationen gegeben, und das soll auch so bleiben.
Abschließende Frage: Wie wird sich das Quattrotreffen in den kommenden Jahren weiterentwickeln?
Klaus: Es gibt immer wieder kleinere Dinge, die man verbessern kann. Allgemein muss man jedoch ganz klar sagen: Größer können wir nicht mehr werden – nur noch besser!
Interview: Helmut Weigerstorfer
Schod das heuer aweng am schnee feid..