Freyung/Schönberg. „Das Auto ist der Deutschen liebstes Kind“ – eine nicht ganz neue Erkenntnis, der aber sicher immer noch viele Leute ohne zu zögern zustimmen würden. Und ziemlich sicher ist auch, dass in dem Moment, in denen diese Zeilen entstehen, annähernd genauso viele Kfz-Verehrer mit der Pflege ihrer Lieblinge auf vier Rädern beschäftigt sind. Mit Automobilen kennt sich auch die Firma Krammer bestens aus – und das seit nunmehr 30 Jahren. 1983 von Michael Krammer gegründet, sind im Unternehmen mittlerweile rund 65 Mitarbeiter an zwei Standorten (Freyung und Schönberg) beschäftigt. Im Interview mit dem Onlinemagazin „da Hog’n“ spricht Junior-Chefin Julia Krammer über die Ausbildungsberufe im Kfz-Bereich und die teils rasanten Entwicklungen in dieser Berufssparte.
Schulabgänger können sich jetzt für das Ausbildungsjahr 2014 bewerben
Frau Krammer, beschreiben Sie bitte kurz Ihren Betrieb.
Unser Autohaus ist 1983 von meinem Vater Michael in einer Garage in Gmünd bei Innernzell gegründet worden – wir konnten also heuer unser 30-jähriges Bestehen feiern. Wir vertreten die Marken Audi, VW, VW-Nutzfahrzeuge und Skoda. Zu unseren Leistungen zählen allgemeine Reparaturen, Unfallinstandsetzungen, Computer-Achsvermessungen, Euromobil-Mietwagen und ein Abschleppdienst. Außerdem haben wir in Freyung eine Waschanlage und eine Shell-Tankstelle. Um unseren Kunden in Zukunft einen noch besseren Service bieten zu können, erweitern wir derzeit in Freyung unser Autohaus – Investitionssumme: 2,5 Millionen Euro. In den vergangenen Jahren haben wir schon mehrere Fachkräfte selber ausgebildet: Weil wir weiterhin expandieren, brauchen wir auch künftig kompetentes Personal. Bereits jetzt können sich interessierte Schulabgänger auf unserer Homepage für das Ausbildungsjahr 2014 bewerben.
Welche Ausbildungsberufe bietet Ihre Firma genau an?
Wir bilden Kfz-Mechatroniker, Automobilkaufleute und Fahrzeuglackierer aus.
Wie viele Azubis haben Sie derzeit?
Am Standort in Schönberg sind es momentan sechs, in Freyung neun.
Mit welchen Schulabschlüssen bewerben sich die Schulabgänger bei Ihnen?
Die meisten mit einem Mittelschul- oder Realschulabschluss.
„Interesse an technischen Berufen nimmt bei den Mädchen langsam zu“
Sie haben sicherlich überwiegend männliche Bewerber, oder?
Im technischen Bereich bewerben sich überwiegend männliche Jugendliche, das ist richtig. Die Zahl der weiblichen Bewerberinnen und deren Interesse an den technischen Ausbildungsberufen nehmen jedoch langsam zu. In diesem Jahr konnte beispielsweise eine junge Dame bei uns ihre Ausbildung als Kfz-Mechatronikerin beginnen. Im kaufmännischen Bereich halten sich weibliche und männliche Bewerber die Waage.
Kommen die Bewerbungen ausschließlich aus der Region?
Ja, die meisten Bewerber kommen aus dem Landkreis Freyung-Grafenau.
Wie viele Bewerbungen erhalten Sie pro Jahr?
Erfreulicherweise erhalten wir trotz der demographischen Entwicklung noch immer sehr viele Bewerbungen für alle angebotenen Ausbildungsberufe.
Ein Selbstversuch: Eine Reporterin als Kfz-Mechatronikerin
„Sind überzeugt: In Zukunft gewinnt der Handwerksberuf an Bedeutung“
Was antworten Sie denjenigen Schülern, die behaupten, dass Handwerksberufe „zu anstrengend“ seien und sich damit ohnehin kein Geld verdienen lasse?
Wir sind davon überzeugt, dass in Zukunft Handwerksberufe an Bedeutung gewinnen. Die Kfz-Branche ist immer in Bewegung – jedes Jahr gibt es neue Fahrzeugmodelle und Technologien. Nur durch die ständige Fortbildung unserer Mitarbeiter und mittels modernster Spezialwerkzeuge können die Reparaturen an den Fahrzeugen durchgeführt werden. Die Automobilbranche bietet diverse Weiterbildungsmöglichkeiten wie beispielsweise den zertifizierten Serviceberater, den Service-Techniker, den Diagnosetechniker und den Meister. Außerdem sind Weiterbildungen mit Führungsfunktion wie Werkstattleiter oder Serviceleiter möglich. Ich bin mir sicher: Unsere Berufe haben Zukunft!
Wenn Sie zurückblicken: Was hat sich in Sachen Ausbildung alles getan?
Es sind viele neue Berufsbilder entstanden. Wegen der rasanten technischen Neuerungen wie ABS, ESP oder dem Parkassistenten hat sich im Laufe der Zeit ein neuer Ausbildungsberuf entwickelt – inzwischen sind die Berufsfelder des Kfz-Mechanikers und des Kfz-Elektrikers miteinander verschmolzen, sodass man jetzt vom Kfz-Mechatroniker spricht. Elektronische Systeme gewinnen in der Automobilbranche immer mehr an Bedeutung: Auch in der Werkstatt arbeiten die Mitarbeiter mit Computern und elektronischen Testgeräten.
Insgesamt haben sich die Voraussetzungen an die Auszubildenden verändert. Wichtig sind Spaß an Technik, Mechanik sowie Elektronik, Verständnis für komplexe technisch-elektronische Zusammenhänge, handwerkliches Geschick, Computerkenntnisse und Teamfähigkeit. Im kaufmännischen Bereich gibt es darüber hinaus seit ein paar Jahren den Beruf ‚Automobilkaufmann/-frau“.
„Es ist schwierig, Jugendliche zu finden, die alle Eigenschaften erfüllen“
Was denken Sie: Werden die Schüler heutzutage gut genug auf die Berufswelt vorbereitet?
Die Schüler erhalten viel Unterstützung von Seiten der Schulen – um den Buben und Mädchen einen Einblick ins Berufsleben zu ermöglichen, werden häufig Berufsorientierungstage veranstaltet, bei denen Firmen diverse Ausbildungsberufe vorstellen. Jedoch ist es nach wie vor unerlässlich, Praktika zu absolvieren – erst dabei begreift der Jugendliche, ob der jeweilige Beruf seinen Interessen und Fähigkeiten entspricht.
Den meisten unserer jetzigen Azubis wurde wegen eines erfolgreichen Praktikums ein Ausbildungsplatz angeboten. Betriebspraktika sind also eine große Chance. Die Eltern tragen für die Vorbereitung auf die Berufswelt ebenfalls einen großen Teil bei, indem sie die schulische sowie persönliche Einstellung der Jugendlichen prägen.
Wie ist es um die Kompetenz der heutigen Azubis und Bewerber bestellt?
Die rasante technische Entwicklung in der Automobilbranche bringt auch veränderte Anforderungen an die Berufseinsteiger mit sich. Wir suchen junge Leute, die Beigeisterung für die Hightech-Branche Automobil mitbringen und ständig neu dazulernen wollen. Aber es ist schwierig, Jugendliche zu finden, die all diese Eigenschaften erfüllen. Da die Anforderungen in der Berufsschule ebenfalls hoch sind, sollte die Bereitschaft zum Lernen ebenfalls vorhanden sein. Wir überzeugen uns beim Probearbeiten von der Qualität eines möglichen Lehrlings – genau deshalb bieten wir Praktikumsplätze an. Am Wichtigsten ist, dass die Azubis Interesse und Freude an ihrem Beruf haben.
Frau Krammer, vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Helmut Weigerstorfer